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Carl Neumayr forschte bereits in den USA. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Wien. Fotos: Privat

Carl Neumayr forschte bereits in den USA. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Wien. Fotos: Privat

„Es sind kleine Alltagsdinge, die mir Freude bereiten“

Carl Neumayr über Forschung, Praxis und die leichte Entscheidung, nach einem USA-Aufenthalt heimzukehren.

Carl Neumayr ist gebürtiger Dölsacher. Er lebt und arbeitet mittlerweile in Wien. Auch Carls vier ältere Geschwister trifft man zum größten Teil außerhalb Osttirols: Zwei Geschwister leben ebenfalls in Wien, ein Bruder ist nach Neuseeland ausgewandert. Ein Bruder lebt daheim in Dölsach. Die Reise nach Osttirol tritt Carl nicht mehr so oft an, wie er es während seines Studiums getan hat, trotzdem hat sich sein Bezug zur Heimat nicht verändert: „Ich hatte und habe immer einen guten Draht nach Osttirol. Es ist ein bisschen so, als hätte man an einem schönen Ort ein Ferienhaus, das man öfter besucht und sich darauf freut.“

Als wir Carl vor acht Jahren interviewt haben, befand er sich im Rahmen seines Doktorates in Soziologie als Doctoral Research Fellow am Center for Austrian Studies an der University of Minnesota. Seine Forschung dort war nicht ausschließlich soziologisch, sondern auch technisch ausgelegt. „Meine Aufgabe war es, mit Statistik und Datenanalysen wissenschaftliche Soziologie zu machen und herauszufinden, ob Akademiker:innen während ihrer Jugend ein sozio-ökonomisches Umfeld mit besonderen, statistisch relevanten Merkmalen hatten." Das Leben abseits der Universität in Minnesota hat Carl gut gefallen und manch ein Kontakt dorthin besteht immer noch. „Grundsätzlich habe ich aber dort gemerkt, wie angenehm es ist, in Österreich zu leben.“ Kurz- oder mittelfristig noch einmal ins Ausland zu gehen, könnte sich der gebürtige Dölsacher schon vorstellen, aber „auf keinen Fall länger – man kann es nicht besser erwischen, als in Österreich zu leben“.

Dem Forschungsschwerpunkt blieb der Osttiroler auch nach der Rückkehr nach Österreich treu, forschte vorerst weiterhin, publizierte wissenschaftliche Papers und hielt Vorträge zu seinen Ergebnissen. Das Doktoratsstudium hat er nach seiner Rückkehr pausiert, denn „relativ bald, nachdem ich wieder in Graz war, bin ich aus dem Universitätsleben ausgestiegen.“ Dazu veranlasst sah er sich unter anderem durch das komplexe österreichische Universitätssystem, das aufgrund von kurzen Arbeitsverträgen bereits des Öfteren in der Kritik stand. Es folgte ein Wechsel in die Privatwirtschaft. „Wie es bei so vielen Menschen der Fall ist, war es keine Absicht, das Doktorat nicht zu beenden. Mir ist da einfach ein Job dazwischengekommen.“ Das Doktorat habe er nicht für immer abgeschrieben, lediglich seine Prioritäten anders gesetzt. Sollte sich in Zukunft die Zeit finden, ist ein Abschluss durchaus vorstellbar.

Carl Neumayr forschte bereits in den USA. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Wien.
Carl Neumayr reist gerne, seine langfristige Heimat und Basis ist Wien. Fotos: Privat

Von einer Anstellung als Data Scientist beim Kuratorium für Verkehrssicherheit in Wien wechselte Carl vor Kurzem zu seiner aktuellen Position bei der ASFINAG, ebenfalls in Wien, wo er als Service Manager tätig ist. „Das bedeutet, dass ich in der Abteilung für Analytics und Data Science für bestimmte Auswertungen, Berichte und Tools verantwortlich bin.“ Auch für die Sicherstellung von Abläufen und gezielte Änderungen ist der Osttiroler als eine Art Koordinator und Schnittstelle zuständig. Man könne die Arbeit mit der eines Projektmanagers vergleichen – nur, dass es in seinem Fall nicht um Projekte, sondern um ein bestimmtes Ablaufsystem gehe, erklärt Carl. Ein Beispiel für seinen Arbeitsbereich ist die neue Tages-Vignette der ASFINAG – „natürlich müssen hierfür alle möglichen Daten und Berichte geändert und angepasst werden.“ 

Der Universität Graz ist Carl treu geblieben – wenn auch in anderer Funktion als früher. „Ich unterrichte dort eine Lehrveranstaltung zu Datenanalyse, weil es mir Spaß macht und ich auch die Kontakte nicht missen möchte.“ Die Lehrveranstaltung findet geblockt am Freitag statt, lässt sich also gut mit dem Job verbinden.

Seine Freizeit verbringt Carl neben sportlichen Aktivitäten wie Tennis, Training im Fitnessstudio oder Skifahren in Osttirol, gerne mit Musik. Dabei hat es ihm vor allem Rockmusik angetan: „Ich spiele in einer ‚Alt-Herren-Band‘ Gitarre und singe“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Musik hat er auch früher in Osttirol bereits gemacht, damals hat er allerdings als Schlagzeuger den Takt angegeben.

„Sollte ich eines Tages wieder heimkehren, dann eher später, wenn ich mich zur Ruhe setzen möchte.“

Carl Neumayr

Auch, wenn sich die Jobaussichten seit dem letzten Dolomitenstadt-Interview vor acht Jahren ein wenig verändert haben, kann sich Carl derzeit nicht vorstellen, wieder nach Osttirol zu siedeln. Grund dafür seien vor allem der mittlerweile etablierte Lebensstil und die sozialen Verbindungen in der Wahlheimat Wien. „Sollte ich eines Tages wieder heimkehren, dann eher später, wenn ich mich zur Ruhe setzen möchte.“ Auf Zukunftspläne angesprochen, überlegt der Wahl-Wiener kurz. „Ich bin zum einen relativ zufrieden, zum anderen sind es kleine Alltagsdinge, die mir Freude machen. Ich kann nicht sagen, dass ich einen konkreten, großen Plan hätte, den ich unbedingt umsetzen möchte. Es kann ja auch immer vieles passieren, das man nicht planen kann.“ In acht Jahren geschehen viele Entscheidungen und Wendepunkte, die das Leben beeinflussen.

Für Carl war die Entscheidung weg vom Universitären und hin zu einem anderen Berufsfeld besonders prägend. Damit verbunden war auch der Umzug von Graz nach Wien. Könnte er seinem damaligen Ich aus heutiger Sicht einen Ratschlag geben, wäre es… keiner! „Das ist so eine Frage… die macht einen alt“, lacht er. „Welchen Ratschlag ich mir auch immer gegeben hätte, ich hätte vermutlich nicht darauf gehört. Ich denke, dass der Ratschlag immer wäre, sich manche Dinge nicht so zu Herzen zu nehmen. Schlussendlich hört man aber eh auf das Bauchgefühl und das ist gut so.“


Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?

Elena Einhauer hat Marketing & Kommunikation studiert und lebt in Innsbruck. Als freie Journalistin berichtet sie für dolomitenstadt.at über aktuelle Events und stellt spannende Persönlichkeiten vor, mit einem Blick für das Besondere, den auch ihre Fotoreportagen widerspiegeln.

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