Wohin geht Tirol in der Zukunft? Diese Frage ist nicht neu. Schon der Kabarettist und Schauspieler Helmut Qualtinger stellte sich Anfang der 1970er-Jahre genau dieselbe Frage und sah die Antwort irgendwo in den Tiroler Bergen verhaftet. Auch Felix Mitterer zeichnete ab dem Beginn der 1990er-Jahre mit der Piefke-Saga ein teilweise dystopisches Bild, das heute in manchen Zügen nicht mehr zu fern erscheint. Mehr als 30 Jahre später stellten sich im Innsbrucker Treibhaus Vertreter aus Politik, Kultur, aus dem Regionalmanagement und der katholischen Kirche - allesamt unter 40 Jahren - erneut die Frage nach dem Zukunftsweg und sorgten damit in weiten Zügen für einen äußerst launigen Abend.
Als Vertreter der Kultur sah David Prieth, der mit seiner Arbeit seit Jahren die Subkulturszene prägt, eine einseitige Entwicklung des kulturellen Lebens in Tirol. Vielseitigkeit sei nur schwer am Leben zu erhalten. „Ich will niemandem etwas wegnehmen, es geht aber auch darum, Kultur zukunftsfähig zu machen. Die Subkultur von heute ist die Kultur von morgen“, richtete Prieth mehrfach den Appell an die Politik, engagierte Menschen nicht daran zu hindern, etwas zur kulturellen Vielfalt Tirols beizutragen. Regionalmanagerin Katharina Huber wiederum sah Tirol in manchen Bereichen auf einem guten Zukunftsweg, Tirol müsse aber den Weg der Nachhaltigkeit einschlagen und fokussieren und gleichzeitig das ehrenamtliche Engagement fördern. „Wir wissen, wie viele ehrenamtliche Mitbürger unzählige Stunden an unbezahlter Arbeit leisten. Denen müssen wir unter die Arme greifen“, so Huber.
Der erst 35-jährige Abt des Stift Wilten, Leopold Baumberger, verwies auf die lange Geschichte des Stifts in Innsbruck: „1.600 Jahre Stiftskirche, geben eine gewisse Gelassenheit hinsichtlich der Zukunft - frei nach dem Motto, es ist bisher gut gelaufen und daher wird es auch in Zukunft gut laufen“, so Baumberger, der sich damit den ersten von vielen Lachern des Abends sicherte. Er wehre sich aber auch gegen Untergangspropheten. So mache „ein einzelner morscher Baum, der im Wald umfällt, oft mehr Lärm als ein ganzer Wald, der wächst“, richtete der Abt den Blick auf eine schöne Zukunft, die seiner Meinung nach bevorstehe, wenn alle daran arbeiten würden.
Deutlich weniger weit in die Zukunft blickte mit Pia Tomedi die einzige rein politische Vertreterin des Abends. Die KPÖ-Spitzenkandidatin versuchte die Öffentlichkeit dafür zu nutzen, ihr Parteiprogramm den Gästen zu präsentieren. Politische Aussagen, dass die halbe Stadt nicht mehr zur Wahl ginge und Politikgehälter zu hoch seien, fanden sich ebenso auf dem Zettel, von dem Tomedi zu lesen begann, wie das wahrscheinlich für alle Parteien zentralste Wahlkampfthema der zu hohen Mieten im Land. Im Gegensatz zu Dominik Traxl, war Tomedi der frühzeitigen Einladung zum Diskussionsabend gefolgt. Der ÖVP-Abgeordnete hatte kurzerhand wohl wichtigere Termine als vor Publikum und möglicherweise Andersgesinnten über die Zukunft Tirols zu sprechen.
Deutlich unterhaltsamer verlief der anschließende Teil der rund zweistündigen Veranstaltung. So wurden die Diskussionsteilnehmer:innen von den Veranstaltungsmoderator:innen Markus Schermer und Lore Hayek von der Uni Innsbruck gebeten, jeweils ein Zukunftsplädoyer aus Sicht eines anderen Gesprächsteilnehmenden zu halten. „Wenn ich sehe, wie Kulturplattformen wie die P.m.K. immer nach einem Platz suchen müssen, dann finde ich das ein Stück weit beschämend. Kultur hat auch einen lebenserhaltenden Wert, erklärte Abt Leopold und erntete frenetischen Jubel zahlreicher Zuschauer:innen. Er wünsche sich neben Zentren für Medizin und für die Seele in Form von Kirchen auch Zentren der Kultur, wo sich Menschen ausleben und entfalten können.
„Äbtin“ Tomedi verwies auf - ihrer Meinung nach - gleiche Grundwerte von KPÖ und Kirche. „Als Äbtin würde ich mich dafür starkmachen, dass niemand Angst davor haben müsste, sein Dach über dem Kopf zu verlieren und dass es für alle einen leistbaren Wohnraum gibt“, so Tomedi, die auch darauf verwies, dass sich die Politik einiges von der Kirche abschauen könne, da die Kirche über Jahrhunderte denke und nicht nur bis zur nächsten Wahl. Dem stimmte auch Katharina Huber zu, die wenig später die fiktive Rolle der KPÖ-Chefin übernahm. Als solche würde sie sich auch für eine Mietpreisobergrenze, die Beibehaltung des Pensionsantrittsalters und für einen Mindestlohn starkmachen. Im Gegensatz zur tatsächlichen KPÖ-Chefin sprach Huber auch über die Finanzierung, die mittels Kerosin-, Maschinen- und Erbschaftssteuer sichergestellt werden sollte.
Als Regionalmanager würde sich Prieth wiederum die Frage stellen, wie man es schaffe, dass alle Menschen ein gutes Leben haben. Viele junge Menschen würden von Tirol wegziehen und erst zum Erben oder Kinderkriegen zurück in die Heimat kommen. Daher spricht er sich für mehr soziale Infrastruktur und mehr Vielfalt aus. Es könne nicht sein, dass Menschen, die Veranstaltungsmanager sind, nach Wien, Linz oder Graz ziehen, weil es in Tirol nichts anderes zu veranstalten gäbe als Messen.
Die Diskussionsrunde fand im Rahmen der „Montagsvorlesung“ im Innsbrucker Treibhaus statt. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe verlassen die Universitätsprofessor:innen Lore Hayek und Markus Schermer, den „Elfenbeinturm“ der Universität und bringen zusammen mit unterschiedlichen Gästen die Eigenarten Tirols sowohl Einheimischen als auch „Fremdheimischen“ näher.
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