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Signa Holding von René Benko ist insolvent

Steigende Zinsen und Baukosten sowie sinkende Immo-Bewertungen lösten die Pleite aus.

Das Dach des Signa-Imperiums, die Signa Holding GmbH, des Tiroler Milliardärs René Benko hat am Mittwoch am Handelsgericht Wien die Insolvenz beantragt, wie der Gläubigerschutzverband KSV1870 bestätigte. Angestrebt werde ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, so die Immobiliengruppe. Ziel sei eine "geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und eine Restrukturierung". Steigende Zinsen und Baukosten sowie sinkende Immo-Bewertungen lösten die Pleite aus.

"Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", gab Signa am Vormittag bekannt. Gemeinsam mit dem vom Gericht zu bestellenden Insolvenzverwalter sollen die Verbindlichkeiten den Angaben zufolge neu geordnet und der Wert der Beteiligungen erhalten werden. Von der Insolvenz betroffen sind gut informierten Kreisen zufolge 42 Beschäftigte in Österreich. Unterhalb der Holding mit Sitz in Innsbruck und Wien gebe es 53 unterschiedlich große Beteiligungen - Medien- und Handelsbeteiligungen sowie Immobiliengesellschaften.

Der Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung deutet darauf hin, dass die Signa Holding meint, über genug werthaltige Assets und Beteiligungen zu verfügen, um eine 30-prozentige Zahlungsquote für die Gläubiger schaffen zu können. Bis Mittwochnachmittag war das Insolvenzverfahren vom Handelsgericht allerdings noch nicht eröffnet worden. Damit ist auch noch unklar, wer als Masseverwalter eingesetzt wird.

Das Handelsgericht teilte am späten Nachmittag mit, dass noch heute das Insolvenzverfahren als "Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung" eröffnet werde. Die Person des zu bestellenden Insolvenzverwalters, dessen Stellvertretung sowie die Termine der kommenden Tagsatzungen würden mit Edikt veröffentlicht und seien ab morgen, Donnerstag, unter www.ediktsdatei.justiz.gv.at abrufbar.

Der Zinsanstieg trifft Benko doppelt, weil er die Immobilien großteils mit Krediten finanziert hat. Laut einer von "Reuters" zitierten Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein in den zwei größten - bis dato nicht insolventen - Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Mrd. Euro. Davon seien 7,7 Mrd. Euro Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.

Eine Tochter der insolventen Signa Holding, die Signa Prime, versuche einem Insider zufolge, sich in Gesprächen mit Investoren "dringend benötigte liquide Mittel zu sichern". Es sei aber offen, ob dies gelingen werde, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person am Mittwoch laut "Reuters". Bei einem Fehlschlag drohe auch bei Prime ein Insolvenzantrag. Bei Prime sind Immobilienpakete der Signa Holding gebündelt.

Mehr als hundert Banken haben René Benko Geld geliehen. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz herbe Verluste. Foto: Expa/Groder

Die laut "Reuters" insgesamt mehr als 100 Banken, die Benko Geld geliehen haben, hatten sich Insidern zufolge zwar auf ein Stillhalteabkommen verständigt, wonach sie Zinsen und Tilgung bis auf Weiteres nicht fällig stellen würden. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz teilweise herbe Verluste - je nachdem, ob und womit ihre Kredite besichert sind.

Zur Signa gehören milliardenschwere Gebäudebestände - unter anderem das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das "Goldene Quartier" inklusive dem Hotel Park Hyatt (Ex-Länderbank-Zentrale), das Bank Austria Kunstforum Wien und die vom Jugendstil-Architekten Otto Wagner konzipierte Österreichische Postsparkasse sowie im Ausland etwa das Gebäude der Deutschen Börse in Eschborn, das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York, am Nobelkaufhaus Selfridges in London und dem Warenhaus Globus in der Schweiz oder der Elbtower in Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten eingestellt werden mussten, weil Signa nach Angaben der Baufirma nicht rechtzeitig zahlte.

Zu einem Baustopp kam es kürzlich auch an der Alten Akademie in Münchner Bestlage - der dortige Oberbürgermeister legte daraufhin umgehend sämtliche Signa-Projekte und -Planungen in der Stadt auf Eis. Stillstehende Baustellen gibt es weiters bei einer Reihe von großen Bauprojekten in Berlin und Düsseldorf.

Wie es mit der Großbaustelle Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße weitergeht, ist unklar. Das Edelkaufhaus sollte 2025 eröffnet werden, das Stahlbetongerippe steht. "Seitens Habau Group sind die Bauarbeiten zu 99 Prozent abgeschlossen - weitere Schritte werden aktuell evaluiert", teilte das mit dem Rohbau beauftragte Unternehmen am Mittwoch auf APA-Anfrage mit.

Die Signa Holding begründete den Schritt zum Konkursgericht heute damit, dass die Retail-Sparte der Gruppe und da vor allem der stationäre Einzelhandel stark unter Druck geraten sei. Die Gruppe hatte unter anderem die deutsche Galeria Karstadt Kaufhof übernommen. Die Investitionen der Signa in diesen Bereich hätten nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Im Immobilienbereich hätten sich zuletzt "externe Faktoren" negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt. Trotz erheblicher Bemühungen habe man die nötige Liquidität nicht sicherstellen können, die man für eine außergerichtliche Restrukturierung gebraucht hätte, erklärte das Unternehmen.

Kurzfristig braucht die gesamte Signa-Gruppe Medienberichten zufolge rund 500 Mio. Euro, um die laufenden Kosten für Löhne und Gehälter oder die noch laufenden Baustellen zu decken, sagte ein Insider. Bis Mitte kommenden Jahres seien weitere 1,5 Mrd. Euro nötig. Ende November, also noch diese Woche, wird bei Signa Prime eine 200 Mio. Euro schwere Anleihe fällig.

Bei Banken hat die gesamte Signa-Gruppe Milliardenschulden offen - alleine in Österreich sind es angeblich rund 2,2 Milliarden, der größte Teil davon bei der Unicredit-Tochter Bank Austria und im Raiffeisen-Sektor. Laut der Tageszeitung "Der Standard" soll das Signa-Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) bei rund 750 Mio. Euro liegen. Bei der kürzlich abgehaltenen außerordentlichen Hauptversammlung hatte die RBI ihr größtes Engagement im Immobilienbereich mit 755 Mio. Euro beziffert. Daneben dürften dem Zeitungsbericht zufolge auch die Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich Wien mit 280 Mio. Euro und die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich mit 150 Mio. Euro bei der Signa engagiert sein.

Für die Bank Austria gibt die Zeitung ein Signa-Exposure von insgesamt 600 Mio. Euro an, für die Erste Group dürften es 40 bis 50 Mio. Euro sein. Auch die Hypo Vorarlberg, die mehrheitlich im Eigentum des Landes Vorarlberg steht, dürfte mit 200 Mio. Euro ein größeres Volumen bei Signa ausständig haben. In Finanzkreisen wurden die kolportierten Zahlen gegenüber der APA als plausibel eingestuft.

Im Finanzsektor wurde bezüglich der Signa zuletzt beruhigt. Der Vize-Gouverneur der Nationalbank (OeNB), Gottfried Haber, sagte kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz, dass auch mögliche Insolvenzen innerhalb der Signa-Gruppe "keinen signifikanten Einfluss auf die Finanzmarktstabilität oder auf einzelne Institute" hätten. Auch OeNB-Gouverneur Robert Holzmann sagte unlängst, er halte das Exposure der österreichischen Banken bei der kriselnden Signa-Gruppe für "verdaubar".

Mittlerweile erwägen Investoren und Gesellschafter der Signa einem Bericht des deutschen Magazins "Der Spiegel" zufolge Strafanzeigen gegen Benko. Es drohe auch jenen Gesellschaftern Ungemach, die zuletzt Immobilien von Benko erworben haben. Es sei "nicht verständlich, was passiert ist", sagte demnach ein Investor. Man sehe "Zeichen für eine Insolvenzverschleppung", denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet. Von Benko gab es gegenüber dem Nachrichtenmagazin keinen Kommentar. Schlittern in Folge der Holding-Insolvenz auch die Immobilientöchter Signa Prime und Signa Development in die Insolvenz und mit ihr Unterfirmen, mit denen Verkaufsdeals geschlossen wurden, könnten Insolvenzverwalter solche Verkäufe möglicherweise rückabwickeln. "Dann sind die Käufer ihr Geld los, aber die Immobilien müssen sie wieder hergeben", heißt es demnach aus Benkos Umfeld. Sie müssten sich dann wie andere Gläubiger auch ihr Geld aus der Insolvenzmasse wiederholen.

"Der Spiegel" verweist in diesem Zusammenhang auf den milliardenschweren deutschen Spediteur Klaus-Michael Kühne, der der Signa Development das Berliner Hochhausprojekt BEAM abgekauft hat. Die RAG-Stiftung, die sich um die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus kümmern soll und wie Kühne ein Gesellschafter der Signa Prime ist, habe gerade noch von einer Prime-Tochter ein Viertel der Prunk-Shoppingmeile "Goldenes Quartier" in der Wiener Innenstadt übernommen.

Die Risse im Benko-Imperium wurden zuletzt deutlich sichtbar: Der in New York börsennotierte Online-Sportartikelhändler Signa Sports United war im Oktober zahlungsunfähig geworden, nachdem Signa ihm eine Kapitalspritze über 150 Mio. Euro verweigert hatte. Der deutsche Sporthändler Sport-Scheck wurde an den britischen Konkurrenten Frasers verkauft, Anteile an der Luxus-Kaufhauskette Selfridges gingen an den thailändischen Miteigentümer Central Group. Vergangenen Freitag beantragte die deutsche Tochter Signa Real Estate Management Germany Insolvenz beim Amtsgericht Charlottenburg in Berlin. Insider gehen davon aus, dass weitere Insolvenzen von Signa-Gesellschaften folgen.

Aus Sicht des KSV hat die Signa-Gruppe in den vergangenen Monaten "durch die sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen massiv an Vertrauen eingebüßt". Auf den Insolvenzverwalter warte angesichts der Vielzahl an direkten und indirekten Beteiligungen in mehreren Ländern "eine Herkulesaufgabe".

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3 Postings

Thomas Haidenberger
vor 12 Monaten

Dass relativ rasch angestiegene Baukosten im Immobilienbereich eine gewichtige Rolle spielen, ist wenig verwunderlich. Dass aber schon "sinkende Bewertungen", die ja kaum etwas mit realen Werten zu tun haben, eine Pleite auslösen können ist bezeichnend für die strukturellen Fehler der neoliberalen Kapitalismus.

 
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PlusPol
vor 12 Monaten

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vor 12 Monaten

Bleibt nur zu hoffen dass am Ende nicht wieder die Steuerzahler den Schaden übernehmen müssen. Stichwort: Bankenrettung?

 
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