Die Kärntner Landesregierung hat am Montag den Haushaltsvoranschlag 2024 beschlossen, der einen Rekordschuldenstand von 4,4 Milliarden Euro vorsieht. Die Nettoneuverschuldung von 492,3 Millionen Euro ergibt sich aus Einzahlungen von 3,17 und Auszahlungen von 3,67 Milliarden Euro. Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) argumentierte das hohe Defizit bei der anschließenden Pressekonferenz mit unaufschiebbaren Investitionen, etwa für Wohnraumsanierung.
Schaunig sagte, der Finanzausgleich und neue Zukunftsfonds seien noch nicht im Budget enthalten und würden Verbesserungen bringen, außerdem habe man in der Vergangenheit stets sparsam gewirtschaftet und werde das auch im kommenden Jahr tun. "Ich glaube, das wird nicht der Endschuldenstand im Rechnungsabschluss sein." Laut Budget übersteigt der Schuldenstand 2024 den bisherigen Höchstwert von 2016, als das Land für die Heta-Lösung 1,2 Milliarden Euro an den Bund zahlte, nachdem es wegen der Causa in finanzielle Turbulenzen gekommen war.
Der größte Ausgabenbrocken im Budgetvoranschlag ist der Bereich Gesundheit und Soziales mit 910,9 Millionen Euro (Gesundheit plus 6,9 Prozent, Soziales plus 26,2 Prozent), gefolgt von der Bildung mit 879,8 (plus 10,5 Prozent) und der Pflege mit 465 Millionen Euro (plus 12,4 Prozent). Für Schuldentilgung sind 87,6 Millionen Euro eingeplant, für Zinsen 65,5 Millionen Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Kärntnerinnen und Kärntner steigt 2024 auf 7.734 Euro. Beim sanktionsrelevanten strukturellen Saldo beträgt das Minus 387,4 Millionen Euro, die Vorgabe des Stabilitätspakts liegt aktuell bei knapp 32 Millionen Euro Defizit. Schaunig verwies auf eine Neuordnung des Stabilitätspakts, an der gearbeitet werde.
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte, der Landesvoranschlag solle "Hoffnung und Absicherung" vermitteln angesichts der derzeit "schwierigen Zeiten". Natürlich befriedige der Höchststand niemanden, er sei aber relativ zu sehen. Frühere Regierungen hätten weit mehr Schulden gemacht. Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP) sagte, man müsse aufpassen, dass das Budget nicht aus dem Ruder laufe, eine derartige Neuverschuldung könne man sich auf Dauer nicht leisten. Das Budget sei kein Grund zum Jubeln sondern Anlass, um über Strukturreformen zu sprechen.
Die Teuerung macht auch nicht vor dem Gesundheitsbereich Halt: In der Regierungssitzung wurde der Nettogebarungsabgang 2024 - also die Obergrenze für die vom Land Kärnten und von den Kärntner Gemeinden zu leistenden Beiträge zum Aufwand der Landeskrankenanstalten und der Kabeg - mit 366 Millionen Euro festgesetzt. Das ist ein Plus von 37,3 Millionen Euro gegenüber 2023.
Im Anschluss an die Regierungssitzung verlagerte sich das Geschehen in den Landtag, wo Schaunig ihre Budgetrede hielt. Was sie sich seit den letzten Jahren wirklich wünsche, wäre, "eine Budgetrede nicht mit dem Satz 'Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten' beginnen zu müssen", leitete sie ihre Rede ein. Als die SPÖ mit ÖVP und Grünen 2013 Regierungsverantwortung übernommen hätte, sei der Fokus auf dem Abbau des Schuldenberges gelegen - bereits 2015 verrückte dieser Fokus mit dem Insolvenzszenario für die Hypo-Alpe-Adria Bank, es folgten die Corona-Pandemie und zuletzt der russische Angriff auf die Ukraine, der Europa in die nächste Krise gestürzt hätte.
Schaunig übte bei diesem Thema auch Kritik an der Bundesregierung: "Ein rechtzeitiges Gegensteuern durch eine Intervention gegen die Inflation auf Bundesebene hätte die danach folgende rasante Teuerung zumindest abdämpfen können." Der Landesvoranschlag 2024 habe nun zum Ziel, "die negativen Folgen der aktuellen wirtschaftlichen Situation durch angepasste Investitionspolitik, Arbeitsmarktinitiativen sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Preissteigerungen bestmöglich abzufedern".
Investitionen müssten erfolgen, um die Zukunftsfähigkeit zu erhalten. Zum Beispiel: "Jede Umstellung im Bereich der Digitalisierung erfordert in der Umstellungsphase mehr Mittel bevor es zu Effizienzeffekten kommt." Schaunig warnte in Sachen Schuldenpolitik vor dem "einfachen Vergleich" zwischen privaten Haushalten und öffentlichen Haushalten: "Die Gleichsetzung von Betriebs- mit Volkswirtschaft ist falsch, manchmal sogar gefährlich, weil daraus falsche politische Entscheidungen resultieren können." Wenn eine Familie immer mehr Schulden mache, dann bekomme sie irgendwann ein Problem, sei etwa irgendwann überschuldet. Anders sei das bei Staaten: "Investitionen in Ausbildung, Forschung oder Infrastruktur sind Investitionen in die Zukunft."
Was den Finanzausgleich angeht, erklärte die Finanzreferentin, sie "verhehle nicht, dass sich meine Begeisterung über das Ergebnis des vertikalen Finanzausgleiches in Grenzen hält". Positiv sei jedoch, dass die Länder aufeinander zugegangen seien. Nun gelte es, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden zu erreichen, dass die Zuwendungen an die Gemeinden "ohne Rückzahlungsverpflichtung ausbezahlt werden".
Für den späten Nachmittag war eine Krisensitzung zwischen Städte- und Gemeindebund bzw. der Landesregierung geplant. Die Kommunen sehen sich angesichts steigender Ausgaben und hoher Zahlungen an das Land mit einem Finanzkollaps konfrontiert.
Kritik am Budget kam von der Opposition. FPÖ-Klubobmann Erwin Angerer betonte, vor allem für die Gemeinden ergebe sich eine "nicht zu bewältigende Aufgabe, obwohl die Staatseinnahmen so hoch sind wie nie". Man müsse sich ansehen, wofür das Geld genau eingesetzt wird. Die "Koste es, was es wolle"-Politik zur Zeit der Corona-Pandemie sei ein verfehlter Ansatz gewesen und Investitionen in erneuerbare Energieträger "fließen 1:1 nach China". Er bemängelte auch Versäumnisse beim Finanzausgleich.
Das "Team Kärnten" kritisierte den Voranschlag in einer Aussendung als "Existenzbedrohung für das Land", eine "gigantische Schuldenwelle" überrolle das Land. Parteichef Gerhard Köfer warf den Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP "konsequente Reformverweigerung" vor. "Der Landeshauptmann wird mit diesem Budget im Österreich-Vergleich zum absoluten Schulden-Kaiser."
Die Grünen sehen zu wenige Investitionen in die Nachhaltigkeit. "Die Investitionen für die Bereiche Umwelt und Naturschutz werden unseren umfassenden Aufgaben für eine gute Zukunft schlichtweg nicht gerecht", meinte Landessprecherin Olga Voglauer.
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