Ein 42-jähriger gebürtiger Osttiroler, der in Kärnten lebt, ist am Freitag am Landesgericht Klagenfurt von einem Schöffensenat wegen versuchten Totschlags zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte im Februar im Bezirk Hermagor seinen Nebenbuhler mit einem Taschenmesser attackiert und ihm zwölf Stichverletzungen, neun davon potenziell tödlich, zugefügt. Das gab der Angeklagte auch zu, allerdings bestritt er die Tötungsabsicht, von der die Anklage ausging.
"Ich wollte ihn nicht umbringen. Ich wollte nur, dass er verschwindet", gab der Angeklagte zu Protokoll. Seine Frau habe den Neuen online kennengelernt und wollte diesen immer wieder treffen, angeblich mit anderen Leuten aus einer gemeinsamen TikTok-Gruppe. Er habe schon geahnt, dass da etwas laufe, habe aber gehofft, dass es nicht so sei, sagte der Angeklagte. Als er herausgefunden habe, dass die beiden Gefühle für einander hatten, weil der Nebenbuhler mehrfach bei der Familie übernachtete - mit der Ehefrau auf der Couch, während der Angeklagte und die kleine Tochter die Nacht über im Ehebett waren -, kam es zu Zwischenfällen, auch die Polizei war schon im Haus.
Während sich die Ehefrau des Angeklagten im Gericht kurzfristig entschied, doch nicht auszusagen, war das Opfer sehr wohl dazu bereit. Seinen Angaben zufolge hätten sich alle Beteiligten gut verstanden. Die Frau habe ihrem Mann auch versichert, er werde immer der Papa der gemeinsamen Tochter sein. Ganz plötzlich, ohne vorangegangene Auseinandersetzung, hätte dieser beim Rauchen auf der Terrasse zuerst der Ehefrau eine Schnittverletzung zugefügt und dann ihn mit dem Messer attackiert. Die beisitzende Richterin Ute Lambauer kaufte das dem Zeugen nicht ab. "Das passt ja vorne und hinten nicht zusammen, was Sie uns hier erzählen!" Der Angeklagte soll einverstanden gewesen sein, dass der Nebenbuhler im Haus übernachtete - gemeinsam mit der Ehefrau auf der Couch, während der Angeklagte mit der kleinen Tochter im Ehebett blieb? Der Zeuge konnte die georteten Widersprüche nicht schlüssig aufklären.
Vor der Tat habe seine Frau ihn mehrfach körperlich angegriffen, sagte der Angeklagte. Auf der Terrasse, bei einer "letzten Zigarette", bevor der Nebenbuhler fahren sollte, habe sie ihn mit Hausschuh, Hand und Faust geschlagen und aufgefordert, zurückzuschlagen, dann werde sie die Polizei holen. "Ich hab gesagt, sie würde nicht erleben, dass ich zurückschlage." In die Enge getrieben, habe er dem Nebenbuhler einen Schlag versetzt, sagte der Angeklagte, dann hätten beide gegrinst. Seine Ehefrau habe ihm gesagt, er würde alles verlieren, ihn beschimpft und bespuckt, seine Tochter werde den neuen Mann "Papa" nennen, ihn nie wieder. "Auf das hin sind mir alle Sicherungen durchgebrannt", sagte der Angeklagte. Es kam zur Schlägerei mit dem Mann, dann habe er auch sein Taschenmesser gezogen und auf ihn eingestochen. "Das war der größte Fehler, das bereue ich zutiefst."
Staatsanwältin Nicola Trinker sah auch in ihrem Schlussplädoyer zumindest einen bedingten Tötungsvorsatz als gegeben an. "Er wollte den Mann nicht nur verscheuchen, er hat gezielt, heftig auf ihn eingestochen." Als das Opfer während der Attacke versuchte zu flüchten, sei der Angeklagte ihm nach und habe wieder zugestochen. Der Mann überlebte nur dank mehrerer Bluttransfusionen und einer stundenlangen Operation. Der Angeklagte habe Angst gehabt seine Familie zu verlieren, er habe den Mann "in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung" töten wollen, so die Staatsanwältin. Verteidiger Sebastian Brunner sagte, die Ehefrau und ihr Liebhaber hätten den Angeklagten so lange drangsaliert bis dieser ausrastete. Sie wollten ihn loswerden, um ihre Beziehung ausleben zu können. Weil die Messerattacke "ziellos" gewesen sei, handle es sich um eine schwere Körperverletzung.
Der Schöffensenat folgte der Einschätzung der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Kärntner wegen versuchten Totschlags. Die Vorsitzende, Richterin Michaela Sanin, erklärte, dass das Gericht von einem Tötungsversuch im Affekt ausgehe. Der Angeklagte sei verzweifelt gewesen, weil sich seine Frau einem anderen Mann zuwandte und weil er Angst hatte, seine Tochter zu verlieren. In dem Moment der Tat müsse es der Angeklagte für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass der Mann durch die wuchtigen Messerstiche stirbt. "Sie wollten, dass er verschwindet, er läuft davon, aber Sie stechen wieder auf ihn ein." Der Verteidiger erbat drei Tage Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.