Unter dem Deckmantel flexibler Energiegewinnung rechtfertigt der TIWAG-Konzern die geplante Milliardeninvestition für den Ausbau des Kraftwerks im Kaunertal, kritisiert der WWF im Rahmen der „Natur-statt-Profit“-Konferenz das seit Jahrzehnten geplante Monsterprojekt. „Es besteht kein Bedarf an einem Pumpspeicher im Platzertal“, ist sich Jürgen Neubarth, der für den WWF eine Studie zum Pumpspeicherkraftwerk erstellt hat, sicher. Mit Batteriespeichern wie es sie in anderen Ländern bereits gäbe, wäre dieselbe Speicherkapazität auf deutlich geringerer Fläche möglich. Geht es nach dem Willen der Tiroler Landesregierung, soll das mit Mooren durchzogene Hochtal für das Megaprojekt des Speicherkraftwerks geflutet werden. Man könne nicht mit Ideen von gestern die Fragen von morgen lösen, sind sich die Fachleute bei der Konferenz, die am 13. Oktober in Innsbruck stattfand, hingegen einig. Eine Energiewende müsse heute auch naturverträglich sein, betont Viktoria Auer, Sprecherin von Global 2000.
Die Teilnehmenden machten auf die Bedeutung von intakten Mooren und Fließgewässern aufmerksam und zeigten dabei auch Alternativen auf. Tirol nutze aktuell nur 15 Prozent der möglichen Leistung, die durch Photovoltaik erzielbar wäre und ist damit eines der Schlusslichter im österreichweiten Vergleich, so Vera Immitzer, Geschäftsführerin von Photovoltaik Austria. Die Ziele zum Ausbau der Photovoltaik in Tirol entsprächen nur zur Hälfte derer, die der Bund vorgegeben hat. Sie fordert außerdem eine PV-freundlichere Bauordnung, da die Tiroler Bauordnung die bundesweit strengste sei.
Kritik kommt nicht nur von Interessenvertretern. Karl Schellmann, Klimaexperte des WWF, fordert nicht nur eine völlig neue Energiepolitik mit naturverträglichen Alternativen zum Kaunertal-Speicherkraftwerk, sondern auch eine andere Art der Diskussion. „Die Konkurrenzdebatte zwischen erneuerbaren Energieträgern ist die falsche Diskussion. Es braucht ein Gesamtkonzept und eine Verringerung des Energieverbrauchs. Die erneuerbaren Energieformen stehen in Konkurrenz zu fossilen Energieträgern und nicht untereinander“, macht Schellmann auch darauf aufmerksam, dass noch immer mehr als die Hälfte des Tiroler Energieverbrauchs mit fossilen Energieträgern gedeckt wird.
Auch in den vom Ausbau betroffenen Regionen ist der Unmut gegenüber den politischen Entscheidungsträgern groß. Anita Hofmann, Obfrau der Initiative „Lebenswertes Kaunertal“, setzt sich seit 2009 gegen das Großprojekt zu Wehr. „Damals haben über 50 Prozent der Wahlberechtigten gegen einen Ausbau des Kraftwerks in jeglicher Form unterschrieben“, so Hofmann, die darauf hinweist, dass der Speicherausbau eine Megabaustelle, die über ein Jahrzehnt dauern würde, zur Folge hätte. „Es wäre eine der größten Baustellen Europas, mit allen negativen Folgen“, ergänzt Hofmann.
Ähnlich kritisch zeigt sich Reinhard Scheiber vom Verein „Unser Wasser Ötztal“, der sich aus allen Interessensvertretungen zusammensetzt: „Wir vertreten Wirtschafter, Touristiker, Landwirte aber auch Bergführer. Wir sind vom Wasser und vom Tourismus abhängig. Alle Organisationen haben sich gegen den Ausbau des Kraftwerks ausgesprochen“. Dass das Ötztal ein großer Energieverbraucher ist, weiß auch Scheiber und nimmt das Tal dabei nicht aus der Verantwortung. „Wir haben andere Kraftwerke eingereicht, um unseren Beitrag zur Energieversorgung zu leisten. Das wurde aber abgelehnt, da die TIWAG das große Kraftwerk errichten will. Wir sind nicht gegen Wasserkraft, aber es muss im Einklang mit der Natur und den hier lebenden Menschen passieren“, erklärt Scheiber.
Rückendeckung erhalten die Speicherkraftwerkgegner auch aus der Kulturszene. Kabarettist Markus Koschuh findet im Rahmen der „Natur-statt-Profit“-Konferenz klare Worte: „Das Kraftwerk Kaunertal ist wichtig – so wie es ist und so soll es bleiben. Es braucht keinen Ausbau, das sagen alle Expertinnen und Experten. Es braucht eine TIWAG-Wende und einen kreativeren Ansatz, bei dem in Tirol Strom produziert wird, der in Tirol genutzt wird und nicht zum Geschäftemachen im Ausland.“
17 Postings
Hier geht es um nichts anderes als Gewinnmaximierung für die TIWAG - mehr Strom, mehr Gewinn! Ob sie unsere Flüsse oder einmaligen Feuchtgebiets-Landschaften damit zerstören, ist den Verantwortlichen egal! Tirol ist mit Strom bereits ausreichend versorgt und damit es so bleibt, wäre das Gebot der Stunde Energie SUFFIZIENZ, also eine verstärkte Entwicklung in die Qualität (Energiesparprozesse und Energieeffizienz), anstatt immer nur in die Quantität (also den Ausbau), die mit massiven negativen Auswirkungen auf die Natur und die Schönheit unserer Landschaft verbunden ist! DieTechnologien sind vorhanden, fehlen nur noch wirkungsvolle gesetzliche Rahmenbedingungen und entsprechende Förderungen für die konsequente Umsetzung. Was ich hier aber positiv vermerken kann ist, dass, trotzdem die Politik den Erfordernissen der Zeit hinterherhinkt, immer mehr von uns (privat oder Firmen), in Eigeninitiative, diese Technologien bereits nutzen und davon profitieren! Weniger ist in diesem Fall tatsächlich mehr!!!
Schön, dass auch einmal die Tatsachen auf den Tisch gelegt werden! Pumpspeicher WAREN einmal die Top-Technik für die Stromspeicherung. Physikalisch sind die Verluste der Technik recht gering. Ein großer Teil des eingesetzten Stroms kann wieder gewonnen werden. Die weiteren Vorteile lagen immer schon auf der Seite der Energie-Konzerne: Pumpspeicher sind Großtechnik! Nur die "Großen" können sich Planung und Bau leisten. Netzmonopole helfen! Pumpspeicher funktionieren nur in Verbindung mit konzerneigenen Höchstspannungsleitungen. Pumpspeicher sind Geldmaschinen! Durch den Ankauf von billiger Grundlast in Zeiten geringer Nachfrage (Nachtstunden, Wochenende) und Verkauf zu Spitzenzeiten mit einem mehrfach höheren Preis konnten und können hohe Gewinne erzielt werden.
Dass der billige Pumpstrom oft aus Kohle- und Atomkraft stammte, war nicht so tragisch. Lange wurde er trotzdem "mit grünem Mascherl" als Wasserkraft aus den heimischen Bergen angeboten. Das ging auch nur, weil die zumindest teilweise öffentlichen Energieversorger (Landes-EVUs und Verbund) mit ihren großzügigen Werbebudgets die Wasserkraft in Gehirnwäsche-Manier in den Köpfen der Bevölkerung verankert hatte.
Ihre Nachteile hatten Pumpspeicher allerdings auch schon immer, die liegen aber eher bei der Allgemeinheit: hoher Platzbedarf, massive Eingriffe im regionalen und überregionalen Wasserhaushalt, unwiederbringliche Naturzerstörung, Notwendigkeit von Hochspannungstrassen (die dann immer als Notwendigkeit für die Versorgungssicherheit dargestellt werden), Belastungen und Engpässe bei den Stromnetzen.
Die Diskussion um die Energiewende wird von Seiten der etablierten E-Wirtschaft mit "Uralt- Argumenten" geführt. Auch Platzhirsche haben Angst davor, irgendwann verdrängt zu werden. Nicht zufällig sind das Argumente, die nicht zuletzt Dank periodischer ganzseitiger Werbeeinschaltungen dem größten Teil der Bevölkerung nicht neu und daher plausibler erscheinen als technische Neuigkeiten, von denen kaum jemand schon etwas gehört hat. Der beste Beweis dafür sind verschiedene Postings hier auf dolomitenstadt.at
>> - hier ginge nämlich ein idyllisches Hochtal samt Moorgebiet für immer verloren. <<
Siehe Dorfertal, wollen wir so etwas nur um anderer Interessen zu befriedigen. (Geldgier).
Was sollen das für Experten sein? WWF und Global 2000 vertreten nur ihre Meinung und werden dafür bezahlt. Experten sind das nicht.
So einfach kann mensch es sich machen: Wer anderer Meinung ist, kann einfach kein Experte sein ...
Das ist jämmerlich, sonst gar nichts!
Schon mal recherchiert, wer den WWF und die anderen Vereine finanziert? Die produzieren nur populistisches Geschrei, damit weiterhin das Geld fließt. Experten in Kommunikation vielleicht, aber niemals sachbezogen.Nur weil sie selbst sich als Experten bezeichnen, sind sie es noch lange nicht.
Doch, natürlich sind es Experten. Aber es sind halt auch Interessenvertreter, und dementsprechend argumentieren sie auch einseitig. So wie Gewerkschafter wohl kaum Arbeitgeberinteressen vertreten werden.
Man beklagt sich lauthals darüber, dass noch immer mehr als die Hälfte des Tiroler Energieverbrauchs mit fossilen Energieträgern gedeckt wird, aber Wasserkraft will man natürlich auch nicht, und sobald man PV oder Windkraft ausbauen will, stehen wieder die gleichen "Umweltschützer" mit ihren Tafelen da. Und die "Batteriespeicher" mit der "selben Speicherkapazität auf deutlich geringerer Fläche" muss man erst noch erfinden. Die gibt es nämlich nicht.
Kleine Ergänzung zu den von Jürgen Neubarth angepriesenen Batteriespeichern, "wie es sie in anderen Ländern bereits gäbe" und mit denen "dieselbe Speicherkapazität auf deutlich geringerer Fläche möglich" wäre: In der Gemeinde Jardelund, nahe Flensburg, wurde im Mai 2018 das bis dato größte Batterie-Speicherkraftwerk Europas in Betrieb genommen. Die auf Lithium-Ionen-Akkumulatoren basierende Anlage verfügt über eine Leistung von 48 MW und eine Kapazität von mehr als 50 MWh. Der mit Abstand größte Batteriespeicher der Welt ist die Moss Landing Energy Storage Facility in Monterey County, Kalifornien mit einer Spitzenleistung von 300 MW.
Beim Ausbau des Kraftwerks Kaunertal geht es hingegen um fast 1400 MW. So einen Batteriespeicher gibt es weltweit nicht und wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben.
Ich will mir gar nicht vorstellen welchen ökologischen Fußabdruck so ein Batterie-"Kraftwerk" hat. Solche Batterien verlieren mit der Zeit auch ihre Leistungsfähigkeit und dann ist das ein riesiger Müllberg, dessen Verwertung (im Idealfall wird viel recyclet) Millionen kostet.
Moss Landing wurde mittlerweile auf 750MW Leistung ausgebaut, du kannst dir auch mal die Fläche anschauen, die dieser Speicher benötigt im Vergleich zum Kaunertalspeicher inkl. aller Zubauten. Herr Neubarth hat sich diese Annahme sicher nicht aus den Fingern gezogen. Und es muss nicht ein zentraler Riesenspeicher sein, es können auch dezentrale Speicher verteilt über Tirol sein.
@observador: Sie glauben aber nicht im Ernst, dass der geplante Ausbau des Kraftwerks Kaunertal keinen ökologischen Fußabdruck hätte? 10 Jahre Großbaustelle, zigtausende LKW-Fahrten und Baggerstunden, Maschinen und Anlagen, kilometerlange Stollen, tausende Tonnen Zement für deren Auskleidung, ein überstautes Tal samt Moorgebiet, wesentlich weniger Wasser in der Ötztaler Ache, und das sind nur die ersten Zeilen einer langen Liste. Es ist davon auszugehen, dass ein Wasserkraftwerk bei "ehrlicher" Rechnung eine deutlich längere energetische Amortisationszeit hat als z. B. PV-Anlagen. (Es braucht also länger, um die in den Bau inverstierte Energie zu liefern.)
Sie brauchen sich übrigens schon in naher Zukunft keine Gebäude voller Lithium-Ionen Akkus mehr vorstellen, wenn es um elektrochemische Stromspeicher geht. Bei Großspeichern geht der Trend zu Redox-Flow Anwendungen, die völlig anders arbeiten als die allen bekannten Akkus für Handys oder Kleinmaschinen. Das hat aber vor wenigen Jahren noch niemand in der Schule gelernt ... Zudem gibt eine ganze Reihe von Forschungsgruppen, die mit Hochdruck daran arbeiten, Stromspeicher ohne problematische Rohstoffe zu entwickeln, die billiger, langlebiger und sicherer sind.
Ausbau der Wasserkraft ohne wenn und aber sollte es nicht geben. Wir sehen es jetzt gerade. Die Pumpspeicher dienen laut TIWAG nicht der Versorgung der Tiroler Bevölkerung und die erzielten Erträge daraus dienen nicht dazu den Strompreis auf vernünftigen Niveau zu halten sondern sind reiner Gewinn. Wozu sollten wir Tiroler massive Eingriffe in die Landschaft befürworten, wenn am Schluß für die Leute die da Leben nichts bleibt. Die TIWAG spielt auch bei den PV ihre Macht aus, bis man da den Einspeisevertrag bekommt.
Das Argument dass "die Pumpspeicher nicht (nur) der Versorgung der Tiroler Bevölkerung dienen" ist in einem gesamteuropäischen Energiesystem mehr als seltsam.
@Village Pizza: Gesamteuropäisches Energiesystem? Wie funktioniert das? Meinen Sie Merrit Order oder den gemeinsamen europäischen Gasmarkt, den es nicht gibt oder. Strompreiszone mit Deutschland wurde getrennt und damit Strom massiv teurer, Grund waren Grenzkoppelstellen und Terminmarktbörsen. Mich würde ihr gemeinsamer Energiemarkt interessieren und wo das beschlossen und festgelegt ist.
Vorsicht, Missverständnis: Der geplante Ausbau des Pumpspeichers Kaunertal würde überhaupt keine Energie produzieren, sondern nur zwischenspeichern. Und als Alternative schlagen die Experten und Naturschutzorganisationen eben den Ausbau der Photovoltaik vor - diese boomt ja gerade -, sowie den Ausbau und die Optimierung bestehender Pumpspeicher. Und gegen Wasserkraftwerke haben die Naturschützer grundsätzlich nichts, aber nicht um jeden Preis - hier ginge nämlich ein idyllisches Hochtal samt Moorgebiet für immer verloren. Da sind doch der Ausbau bestehender Anlagen und Energieeffizienzmaßnahmen doch die schnellere, billigere und nachhaltigere Lösung.
Vorsicht, Missverständnis: Ein Wasserkraftwerk, eine PV-Anlage, eine Windkraftanlage, ein „Batteriekraftwerk“ etc. kann keine Energie produzieren, sondern immer nur umwandeln. Siehe etwa Max Planck: Das Princip der Erhaltung der Energie.
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