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Erdogan will in die EU und vermittelt in Nahost

1.500 österreichische Unternehmen in der Türkei aktiv. Regierungsdelegation in Ankara.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Dienstagnachmittag den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Hauptstadt Ankara getroffen. Erdogan betonte nach einem Meeting im Präsidentenpalast vor Journalisten, dass die EU nur mit einer Teilnahme der Türkei vollständig sei. Nehammer sagte, dass die Europäische Union nicht die "geeignete Zukunftsvariante" für Ankara sei. Dennoch habe Österreich "größtes Interesse" an einer Kooperation mit der Türkei.

Konkret nannte der Kanzler Migration, Wirtschaft und Terrorbekämpfung. Erdogan pflichtete bei und meinte, dass der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern gelöst werden müsse. Deshalb habe er bereits Kontakt zu Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und Israels Präsident Yitzhak Herzog aufgenommen. Seiner Meinung nach sollte es einen palästinensischen Staat mit der Hauptstadt Ostjerusalem und einen "fairen Frieden" geben. Denn die Gefahr sei groß, dass sich der Konflikt ausweite. Ziel sei es, dass die Region zur Ruhe komme. "Wir rufen alle Seiten auf, hierbei Verantwortung zu übernehmen", erklärte Erdogan weiter, der betonte, dass er gegen ein Ende der Hilfsgelder für Gaza sei.

Bezüglich des Ukraine-Kriegs wollte Erdogan noch Dienstagabend mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren. Denn der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine könne nur durch Diplomatie beendet werden. Zudem setze er sich dafür ein, dass der Getreidedeal weiterlaufe.

Nehammer stimmte Erdogan zu und betonte, dass bei der Migration der EU-Türkei-Deal weitergeführt werden solle. Zudem seien der Kampf gegen die Schlepperei und der Grenzschutz wichtig. Er erklärte, dass es selbstverständlich gewesen sei, dass Österreich nach dem schweren Erdbeben in der Türkei Soldaten zur Unterstützung geschickt habe. "Man ist eben für einander da, auch wenn es schwierig wird."

Bundeskanzler Karl Nehammer beim Handshake mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Foto: APA/Fohringer

Bereits am Vormittag verurteilte Nehammer Terror "aufs Schärfste" und kündigte die Vorbereitung von Evakuierungen von Österreichern aus Israel an. Bei einem Wirtschaftsforum lobte er die langen Beziehungen der beiden Länder, vor allem auch wirtschaftlich. So habe das heimische Exportvolumen im Vorjahr 4,6 Milliarden Euro ausgemacht, was eine Steigerung von rund 20 Prozent bedeute. Außerdem hätten "letztes Jahr" rund 420.000 Österreicher Urlaub im Land am Bosporus gemacht.

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bezeichnete die Türkei "als das Land der Fachkräfte". Vor Journalisten meinte Kocher, dass der Fachkräfteaustausch in beide Richtungen erleichtert werden solle. Laut Wirtschaftsminister sind in der Türkei 1.500 österreichische Unternehmen aktiv, darunter 250 mit eigenen Niederlassungen oder Produktionsstätten. Zudem sei die Türkei der zwanzigst wichtigste Exportpartner Österreichs (2022) und liege bei den Importländern auf Rang 17 (2022).

Im Rahmen des Treffens meinte der türkische Industrieminister Mehmet Fatih Kacır, dass gute Beziehungen die Voraussetzung für wirtschaftliche Kooperation seien. Begleitet wurden Nehammer und Kocher von einer hochrangigen österreichischen Wirtschaftsdelegation.

Für Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der den Kanzler ebenfalls begleitet und am Nachmittag seinen Amtskollegen Ali Yerlikaya traf, ist die Türkei "ein wichtiger Gesprächspartner im Kampf gegen die illegale Migration". Denn laut Karner haben rund 80 Prozent der in Österreich ankommenden Migranten einen "direkten oder indirekten Bezug" zur Türkei. Außerdem würden immer mehr Türken Asyl in Österreich beantragen, bis Ende August wären dies knapp 3.000 Menschen gewesen, erklärte der Innenminister bei einem Pressebriefing.

Vor der Türkei-Reise war Karner noch in Wien mit dem griechischen Minister für Einwanderung und Asyl, Dimitris Kairidis, zusammengetroffen. Am Rand der "Vienna Migration Conference 2023" besprachen die Minister laut griechischen Regierungsangaben den erhöhten Migrationsdruck, dem beide Länder ausgesetzt seien. Kairidis und Karner hätten den gemeinsamen Willen, die europäischen Grenzen zu schützen besprochen, sowie die Bedeutung von Rückführungen für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Asylsystems. Beide bekräftigten demnach ihr Vertrauen an europäische Lösungen für die gemeinsamen Herausforderungen der Migration. Die jeweiligen Beziehungen der beiden Länder zur Türkei seien ebenfalls ein Thema gewesen.

Der Besuch Nehammers war der erste eines österreichischen Kanzlers bei einem türkischen Präsidenten seit dem Jahr 2001. Damals empfing Präsident Ahmet Necdet Sezer ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel.

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Ein Posting

Nori
vor einem Jahr

Nichts gegen die Türkei an sich,war dort auch schon im Urlaub....aber Erdogan geht gar nicht.!

 
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