Ringen um Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft gestartet
Gewerkschaften fordern eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 15 Prozent, mindestens aber 400 Euro.
Im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich sind die Kollektivvertragsverhandlungen am Dienstag mit Übergabe der Forderungen der Gewerkschaften GPA und vida gestartet. Verlangt wird darin eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 15 Prozent, mindestens aber 400 Euro. Der Arbeitgeberverband Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) bezeichnete dies als "sicher nicht realisierbar".
"Die Gesellschaft konnte sich in den vergangenen Jahren immer auf die Beschäftigten im Sozialbereich verlassen. Jetzt ist es Zeit, dass diese Leistungen honoriert werden", sagte GPA-Verhandlerin Eva Scherz in einer Aussendung. "Jetzt, da gerade der Finanzausgleich verhandelt wird und die Steuereinnahmen sprudeln, gibt es keine Ausreden: Das Geld ist da. Die Arbeitgeber müssen nur mutig sein und es einfordern."
Neben der Gehaltsforderung seien viele Vorschläge vorgelegt worden, die die Arbeitsbedingungen verbessern und die Branche attraktivieren, sagte vida-Verhandlerin Michaela Guglberger. "Wir fordern eine Verkürzung der Arbeitszeit, mehr Urlaub, mehr Geld fürs Einspringen und ein höheres Kilometergeld." Das Problem des Personalmangels entstehe nicht, weil zu wenig Menschen einen Beruf in der Branche ergreifen, sondern weil zu viele aufhören. Man müsse die Arbeitsbedingungen verbessern, ansonsten könne man dem Personalnotstand nicht gegensteuern.
SWÖ-Geschäftsführer Walter Marschitz bezeichnete den Auftakt zu den Verhandlungen zwar als "durchaus konstruktiv". Gleichzeitig betonte er in einer Aussendung, "dass aufgrund der Teuerung der Verhandlungsspielraum über die Inflationsabgeltung hinaus äußerst eng ist".
Hauptziel der Arbeitgeber sei, dass man zu einem Abschluss kommt, der die Versorgung im Sozial- und Gesundheitsbereich in Österreich nicht gefährdet. "Die derzeitige Inflation von 8,8 Prozent abzugelten ist eine Sache zu der wir uns als Arbeitgeber grundsätzlich bekennen aber die geforderte Erhöhung um 15 Prozentpunkte ist etwas, was sicher nicht realisierbar ist", erklärte Marschitz.
Schließlich trage man als Arbeitgeberverband auch Mitverantwortung für eine ordnungsgemäße Versorgung aller Menschen in Österreich. "Wir bieten jedem Menschen in Österreich, der Not hat, eine ausgezeichnete Dienstleistung an. Dies wollen wir auf keinen Fall gefährden", warnt Marschitz vor einem Abschluss, der viele Betriebe finanziell überfordern würde.
"Wir werden in den nächsten zwei Wochen die Forderungen der Gewerkschaften entsprechend bewerten und danach in die konkreten Verhandlungen einsteigen", resümiert Marschitz. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 17. Oktober 2023 angesetzt. Weitere Termine sind für den 15. und 27. November 2023 vorgesehen. Vom Kollektivvertrag sind rund 130.000 Beschäftigte erfasst, darunter mehr als 70 Prozent Frauen, die Mehrheit in Teilzeit. Der SWÖ-Mindestlohn beträgt derzeit 1.893,20 Euro, Marschitz stellte im Vorfeld eine Erhöhung auf über 2.000 Euro in Aussicht.
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