Ein türkiser Bergsee, umgeben von gigantischen Felstürmen, eine Staatsgrenze, vor etwas mehr als hundert Jahren noch umkämpft, jetzt touristischer Hotspot im Hochgebirge, besucht von Tausenden, die aus mehreren Richtungen hier heraufkommen, zu Fuß oder mit dem Bike und sich einig sind: Das muss man gesehen haben. Der Wolayersee und die an seinem Ufer liegende Hütte sind zumindest im Hochsommer kein ruhiges Plätzchen, sondern ein belebter Ort, an dem mehrere Wanderrouten sich kreuzen.
Eine dieser Routen ist der Julius Kugy Alpine Trail, ein Rund-Weitwanderweg durch Südkärnten, Slowenien und Friaul, der von den alpinen Vereinen Planinska zveza Slovenije (PZS), Club Alpino Italiano - Friuli-Venezia-Giulia (CAI-FVG) und dem Österreichischen Alpenverein angelegt wurde, „zur Erschließung der vielfältigen Schönheit der drei Länder und zur Vertiefung der Völkerverständigung“, wie die Initiatoren betonen.
Benannt ist der Trail nach dem Alpinisten und Humanisten Julius Kugy (1858 - 1944), einem typischen Sohn der Monarchie. Geboren als Spross einer Triestiner Kaufmannsfamilie in Görz und zum Juristen promoviert in Wien, war Kugy ein Bergpionier mit botanischem Interesse, der jahrzehntelang vor allem in den Julischen Alpen unterwegs war, die er auch schriftstellerisch verewigte.
Der Alpinist mit altösterreichischer Lebensgeschichte eignet sich offenbar besonders gut als Identifikationsfigur für gemeinsame Aktivitäten in der Alpen-Adria-Region, Kugy kennt man in Österreich, Slowenien und Italien, zahlreiche Denkmäler und Straßennamen erinnern in den drei Ländern an ihn und ein weiterer – besonders spektakulärer – Erinnerungspunkt ist am Ufer des Wolayersees im Entstehen: die vermutlich größte Steinskulptur des Landes, realisiert von einem Osttiroler, Georg Planer.
Der aus dem Defereggental stammende und in Kärnten lebende Bildhauer arbeitet vorwiegend mit Stein, schält monumentale Skulpturen aus Marmor, Granit oder Serpentin heraus, organisch und sensibel, immer im Einklang mit dem Wesen des natürlichen Materials. Am Wolayersee bearbeitet Planer einen gigantischen Findling mit der Polierscheibe.
Auftraggeber ist der Österreichische Alpenverein. „Das Gebiet ist geologisch eine Sensation,“ erzählt der Bildhauer, der lange nach dem richtigen Objekt suchte, bevor er den monolitischen Kalksteinblock am See fand. Dort wo der Stein bereits geschliffen ist, will man ihn unwillkürlich berühren, mit den Fingern darüber streichen, die Marmorierung spüren. „Genau das ist meine Intention“, erklärt der Künstler: „Der Karnische Kamm war im ersten Weltkrieg wild umkämpft, überall war Stacheldraht, dessen Spuren man noch heute findet. Ich wollte gerade deshalb nichts Abweisendes, sondern etwas Anziehendes schaffen.“
Der gigantische Schmeichelstein – „Von hundert Wanderern greifen ihn neunzig an“, sagt Georg Planer – wird auch noch eine Inschrift erhalten, ein Bibelzitat, das in Deutsch, Italienisch, Slowenisch und Latein in Stein gemeißelt wird: „Selig, die Frieden stiften.“ Am 6. Oktober will der Künstler sein Werk vollenden, wenn es das Wetter zulässt.
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