„Die Schmerzen sind nie mehr abgeklungen“ – Josef Pacher erzählt von jenem Tag, der sein Leben für immer verändert hat. Heute hat er ein Lächeln im Gesicht, wenn er mit den Fingern über die Narben auf seinem Arm streicht. Josef hat bei der Müllentsorgung in Lavant gearbeitet, als er 2016 mit der Hand in ein Förderband geriet. Sein Arm wurde abgetrennt und in einer 14-Stunden-Operation unter widrigsten Umständen wieder angenäht.
Bewegen kann Josef seine linke Hand nur noch minimal, auch das Gehen musste er nach den Hauttransplantationen neu lernen. Und doch hätte der 34-Jährige ohne diesen Schicksalsschlag wohl nie den Weg eingeschlagen, den er heute erfolgreich bestreitet. In diesen Tagen tritt Josef bei den Europameisterschaften im Sportschießen in Rotterdam an. Vor seiner Abreise treffen wir den charismatischen Lavanter beim Training am Schießstand in der Lienzer Pfister.
Erst auf den zweiten Blick erkennt man das Equipment, das nötig ist, damit Josef seinen Sport ausüben kann. Ein eigenes Tischgestell und eine Federgabel reichen aus, damit der Sportschütze die Zielscheibe ins Visier nehmen kann. Heute sitzt jeder Handgriff. Mit einem Griffstück, das einem Schraubenschlüssel ähnelt, schließt Josef mit einer Hand die Knöpfe seiner Jacke. Das Gewehr schultert er mit dem rechten Arm. Hilfe benötigt er keine, auch nicht bei Wettkämpfen.
Natürlich war es anfangs ein harter Brocken, den ich da verdauen musste. Doch nichts ist unmöglich, das sage ich mir jeden Tag.
Josef Pacher
Die Leidenschaft für Kleinkaliber und Luftgewehr kommt nicht von ungefähr: Josef ist ein erfahrener Schütze. Seit 14 Jahren wird er in der Jägerschaft geschätzt. Nach seinem Unfall lotste ihn Paula Lobenwein, die Obfrau des Osttiroler Behindertensportvereins, an den Schießstand. „Ich war sofort begeistert“, erinnert sich der Sportschütze.
Einige Jahre später wurde er wegen seiner Leistungen in den Nationalkader berufen. „Meinen ersten Wettkampf habe ich in Frankreich geschossen, das war mittelmäßig“, lacht Josef. Sein bisher größter Erfolg war ein 14. Platz unter 70 Teilnehmern bei der Luftgewehr-Weltmeisterschaft in Dubai.
Seit drei Jahren führt bei den Tiroler Landesmeisterschaften bei Luftgewehr und Kleinkaliber kein Weg mehr am 34-Jährigen vorbei. In diesem Jahr hat er sich erstmals zum Staatsmeister gekürt. Pro Woche trainiert er rund 20 Stunden am Schießstand. Trotz permanenter Schmerzen hält der 34-Jährige die Konzentration: „Der Sport hilft mir, ich lebe den Moment – dann eben nur mit einer Hand.“
Seine Leistungen erscheinen umso bemerkenswerter, wenn man weiß, dass der Lavanter vor seinem Unfall Linkshänder war: „Ich musste alles umlernen. Natürlich war es anfangs ein harter Brocken, den ich da verdauen musste. Doch nichts ist unmöglich, das sage ich mir jeden Tag.“ Sein Auto ließ er umbauen, im Alltag hat er im Grunde keine Probleme mehr.
Reibungslos soll auch der Ausflug nach Holland verlaufen. Josef ist seinem großen Ziel zum Greifen nahe: „Ich träume von den Paralympics.“ Bei der WM in Rotterdam und bei den Weltmeisterschaften in Peru im September kann der Osttiroler mit dem Erreichen eines Quotenplatzes das Ticket für die große Bühne lösen. „Dafür werde ich alles geben“, sagt Josef. An seinem unbändigen Willen zweifelt in seinem Bekanntenkreis niemand mehr.
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Da kann man nur alles Gute in Rotterdam wünschen
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