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„Man merkt schnell, dass es mehr als nur Gehen ist“

René Bonecker ging 100 Kilometer in knapp 24 Stunden und schrieb darüber eine VWA.

9. Oktober 2021, 00:00 Uhr. René Bonecker startet in Matrei zu einem Mammutmarsch, ein Projekt, geboren aus der simplen Idee, 100.000 Schritte zu gehen. Am Ende wurde daraus eine vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) mit dem Titel „Die Physik des Gehens“ – der Abschluss seiner erfolgreichen Schulkarriere am BG/BRG Lienz.

„Beim Blick auf meine Schrittzähler-App fragte ich mich eines Tages, ob es denn eigentlich ein Limit gibt. Plötzlich kam mir die Idee, für meine vorwissenschaftliche Arbeit ein Experiment zu machen, bei dem ich 100.000 Schritte gehe. Nach Absprache mit meinem Betreuungslehrer und längerer Recherche im Internet bin ich anschließend auf den Mammutmarsch gestoßen, bei dem man 100 Kilometer innerhalb von 24 Stunden bewältigen muss“, so René.

Etwa einen Monat vor dem Ultramarathon begann René mit der Planung der Strecke, überlegte sich Strategien, um mögliche Tiefpunkte zu überstehen. Kurz vor Antritt seines Marsches legte er sich die passende Ausrüstung zurecht. „Für beide Streckenhälften habe ich jeweils einen Rucksack mitgenommen, wobei jener für die letzten 50 Kilometer leichter war, für ein angenehmeres Gefühl beim Gehen“, verrät der 18-Jährige.

René Bonecker ging 100 Kilometer in 24 Stunden und schrieb darüber eine VWA mit dem Titel: „Die Physik des Gehens“. Foto: Lea Mayr

Der große Tag war schließlich gekommen und René legte mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 6.5 km/h einen Blitzstart hin, um Zeit zu gewinnen. Der erste Teilabschnitt ging von Matrei bis nach Lienz. Mit dabei war sein ehemaliger Schulkollege Marco, welcher ihn tatkräftig unterstützte und mit Gesprächen ablenkte. In Lienz angekommen wartete auch schon die erste kurze Pause auf René, bis es anschließend mit Klassenkamerad Clemens weiter nach Oberdrauburg ging. Dort wartete Renés Mama mit dem Verpflegungsauto vor dem dritten Streckenabschnitt nach Greifenburg.

„Ab Kilometer 60 merkte ich, wie es mental langsam abwärts ging. Noch dazu gab es teils nur einen schmalen Weg, wo immer weniger Gespräche mit den Begleitern möglich waren und ich körperlich immer schwächer wurde“, erzählte der Langstreckengeher. Hüftbeschwerden sowie angeschwollene Fußballen erschwerten die letzten Marschkilometer. Da halfen auch die Nordic Walking Stöcke nur mehr wenig. Die Geschwindigkeit nahm langsam ab und das Ziel war noch lange nicht in Sicht.

Da ich in der Nacht losstartete, war es ein besonders komisches Gefühl, als die Nacht wieder hereinbrach. Da wusste ich: Jetzt wird es schwer!

René Bonecker, Mammutmarschierer

In Greifenburg angekommen begann nach einer weiteren Verpflegungspause die letzte, die herausforderndste Teilstrecke. Hier blieb dem Hobbysportler vor allem der anstehende Sonnenuntergang in Erinnerung. „Da ich in der Nacht losstartete, war es ein besonders komisches Gefühl, als die Nacht wieder hereinbrach. Da wusste ich: Jetzt wird es schwer“, so René. Vor allem psychisch seien die letzten Kilometer eine riesige Herausforderung gewesen, die er dank reichlich Zuspruch von seinen Begleiter:innen bewältigt habe.

Nach 23 Stunden, 12 Minuten und 8 Sekunden war es schließlich soweit: René hatte seinen Mammutmarsch vollendet: „Zuerst habe ich gar nicht gemerkt, dass ich den Marsch geschafft habe. Stattdessen bin ich ins Auto meiner Mama gestiegen und habe sofort geschlafen.“ Erst am nächsten Tag habe er realisiert, dass er diesen Ultramarathon tatsächlich bewältigt hat.

Trotz körperlicher und mentaler Herausforderungen kann sich René einen weiteren Mammutmarsch durchaus vorstellen. Bei der Frage, ob er diesen Ultramarathon weiterempfehlen würde, schmunzelt er: „Wenn man sich selbst etwas beweisen möchte, dann ja. Man wird aber schnell merken, dass es viel mehr als nur Gehen ist. Und das wird beim Mammutmarsch oft unterschätzt.“

Sein Tipp für angehende Mammutmarschierer: Sowohl körperliche, als auch mentale Vorbereitungszeit einkalkulieren! „Man kann nicht alles planen, wie das Wetter oder Verletzungen. Bei mir hat es zwar ohne körperliche Vorbereitung geklappt, dennoch ist ein Probemarsch nie schlecht, um den Körper auf den langen Weg einzustellen. Auch eine Nachtwanderung ist empfehlenswert, um zu sehen, ob man es überhaupt so lange ohne Schlaf aushalten kann.“

Aber auch für mentale Herausforderungen sollte man mit diversen Strategien gewappnet sein: „Die Hürde eines Mammutmarsches ist nicht, wie viele meinen, die körperliche Belastung, sondern der Umgang mit mentalen Tiefpunkten. Wenn man an einen Punkt gerät, an dem man am liebsten aufhören möchte, ist es entscheidend, wie man mit einer solchen Situation umgeht.“ Vor allem das Musikhören half dem 18-Jährigen während seines Marsches und ließ ihn in ein Flow-Erlebnis eintauchen. Dabei vergaß er langsam, dass er gerade geht, wodurch ihm auch ein Großteil der Strecke leichter gefallen ist.

Bereits im Alter von sechs Jahren begann René, sich diversen sportlichen Aktivitäten zu widmen und neue Herausforderungen zu suchen. Auch heute spielt er noch gerne Fußball und macht Kraftsport. „Es lassen sich nur wenige Sportarten finden, die mir nicht zusagen, geschweige denn, die ich nicht gerne selbst zumindest einmal ausüben möchte“, betont der Hobbysportler.

Mit dem Mammutmarsch sind Renés Pläne für weitere, sportliche Herausforderungen noch lange nicht abgehakt: Geplant sind einige Fahrradtouren in ganz Europa, außerdem will er unbedingt den Jakobsweg in Barcelona in Angriff nehmen.

Nach der Matura am BG/BRG Lienz absolvierte Lea Mayr im Juli 2023 ein Praktikum in der Dolomitenstadt-Redaktion.

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Ein Posting

iwases@
vor einem Jahr

Liebe Lea: Vielleicht kann ich nicht (mehr) sinnerfassend lesen, aber ich habe nirgendwo entdeckt, wo der Endpunkt dieser Ultra-Wanderung war. Bitte um Aufklärung 🙏 - wer weiß, ob ich's nicht auch einmal probieren möchte 😉

 
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