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Bachmann-Preis 2023 geht an Valeria Gordeev

Jury: "Dieser Text öffnet die Tür zu einem literarischen Raum der Hingabe und der Sorgfalt".

Die deutsche Autorin Valeria Gordeev hat am Sonntag in Klagenfurt den mit 25.000 Euro dotierten 47. Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Ihr Text "ER PUTZT" überzeugte die Jury, die der Wienerin Anna Felnhofer mit einem Punkt Abstand den Deutschlandfunk-Preis zuerkannte. Die Preise wurden heuer erstmals nach einem neuen Abstimmungsmodus vergeben. Mit ihrem neuen Titel "Bachmannpreisträgerin" fremdelt die 1986 geborene Gordeev noch, sagte sie kurz nach der Kür zur APA.

Gordeev erzählt in ihrem Text detailverliebt von einem Mann, der akribisch die Küche putzt, während seine Schwester eine Folge von "Emergency Room" anschaut, der ebenfalls ausführliche Beschreibungen des medizinischen Geschehens gewidmet sind. In der Jury-Diskussion entstand rasch einhelliges Lob.

Die deutsche Autorin Valeria Gordeev. Foto: APA/Eggenberger

"Dieser Text öffnet die Tür zu einem literarischen Raum der Hingabe und der Sorgfalt", meinte Jury-Vorsitzende Insa Wilke, die Gordeev eingeladen hatte, in ihrer Laudatio. Der Text sei "ein Plädoyer für Empfindlichkeit, wenn es um die genaue Formulierung und politischen Absichten geht", so Wilke. Die Autorin vermittle Freude an dem, was sie tut und zeige auch Humor. "Der Text vermittelt, was Oberflächenspannung bedeutet." Dabei hatte sich Gordeev während der Preisverleihung schon entspannt, da sie nicht an einen Sieg glaubte, wie sie der APA erzählte: "Ich habe die Kamera verfolgt, die eigentlich deutlich Richtung Yevgeniy Breyger gewiesen hat. Das hat mir die vermeintliche Sicherheit gegeben, dass ich mich entspannen kann und da nicht raus muss."

Felnhofer, die ihren Text "Fische fangen" im ORF-Theater gelesen hatte und sich über 12.500 Euro freuen kann, unterstrich im APA-Interview im Anschluss an die Preisverleihung, dass sie nicht unbedingt mit einem Preis gerechnet hatte, da "heuer so viele schöne, gute, starke und unterschiedliche Texte dabei waren und auch die Jury sehr wohlwollend diskutiert hat". Doppelt freuen konnte sich der polnisch-deutsche Autor Martin Piekar, der für seinen Beitrag "Mit Wänden sprechen/Pole sind schwierige Volk" nicht nur den Kelag-Preis (10.000 Euro) erhielt, sondern auch den mit 7.000 Euro dotierten Publikumspreis für sich entschied. Er hatte bei der Preisverleihung Tränen in den Augen und meinte: "Ich spüre jetzt gerade eine euphorische Taubheit, aber irgendwann sinke ich dann auf die Knie." Der Autor war nach der ersten Abstimmung der Jury mit elf Punkten gleichauf mit der 1996 geborenen Schweizerin Laura Leupi gelegen, setzte sich dann aber in der Stichwahl durch. Leupi bekam für ihren Text "Das Alphabet der sexualisierten Gewalt" den mit 7.500 Euro dotierten 3sat-Preis.

Nach der Absage von Helena Adler und Robert Prosser hatten sich seit Donnerstag zwölf Autorinnen und Autoren der Jury gestellt, die in einem neuen Abstimmungsmodus mit Punktevergabe entschied. Jedes Jurymitglied vergab fünf Punkte bis einen Punkt, ausgenommen waren ihre eigenen Kandidatinnen und Kandidaten. Das Abstimmungsergebnis wurde addiert, Gordeev gewann mit 19 Punkten vor Felnhofer.

Gordeev wurde 2023 auch erstmals mit einer neu kreierten Skulptur ausgezeichnet. Geschaffen wurde die 2,3 Kilogramm schwere Plastik vom Bildhauer Helmut Machhammer, sie trägt den Spitznamen "Inge". Es ist nicht die einzige Auszeichnung für die Autorin, die Mathematik und Illustration in Berlin sowie Literarisches Schreiben in Leipzig studiert hat. 2022 hatte sie den Preis der Floriana Biennale für Literatur erhalten, ein Jahr zuvor war sie für den Alfred-Döblin-Preis nominiert. Derzeit schreibt die Autorin, deren Eltern Ende der 1970er Jahre aus der Sowjetunion ausgewander sind, an ihrem Debütroman, der sich unter anderem mit dem Russland der Gegenwart auseinandersetzt. Im Vorjahr hatte Ana Marwan den Bachmann-Preis gewonnen.

Ein Posting

r.ingruber
vor einem Jahr

Ein außergewöhnlicher Text, der sprachliche Sorgfalt und Präzision mit einer Putzneurose vergleicht. Aber soll man deswegen jetzt froh sein, dass die meisten zeitgenössischen Vertreter der schreibenden Zunft keine Neueotiker sind?

 
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