„Du bist ein echter Kämpfer“ – diesen Satz hört Abdul-Halim Alhazurov oft. Doch für ihn hat er eine ganz besondere Bedeutung. Vor wenigen Wochen hat sich Halim zum österreichischen Staatsmeister im Jugendboxen gekürt. Er hat ein Lächeln im Gesicht, als er vom großen Kampf erzählt. Seinen größten Sieg hat er aber nicht auf der Matte zwischen den Seilen errungen.
Vor sechs Jahren ist Halim mit seinem Onkel Vaha und seinem Opa nach Lienz gekommen. Die Familie stammt aus Tschetschenien in Russland. Halims Eltern wurden bei einem Bombenattentat im Krieg getötet, als er zwei Jahre alt war. In Osttirol hat der junge Sportler zunächst im Flüchtlingsheim gelebt und das getan, was er am liebsten tut: Halim hat geboxt. Er hat sich durchgeboxt bis nach ganz oben. Zuerst holte er den Meistertitel in Tirol, 2019 wurde er erstmals Österreichischer Meister in seiner Alters- und Gewichtsklasse.
Wenig später – im Juli 2021 – wurde die Familie auf einen Schlag auseinandergerissen. Weil sie keine gültige Aufenthaltsbewilligung besaßen, wurden Halim und sein Opa von Beamten abgeführt und in Schubhaft gesteckt. In Wien harrte er einen Tag lang aus – mit dem Wissen, am nächsten Morgen ein Flugzeug Richtung Russland besteigen zu müssen. Sein Onkel Vaha war es, der dem heute 15-Jährigen das Kämpfen beigebracht hat und er war es auch, der in dieser schweren Stunde für seinen Neffen kämpfte.
Schon vor der geplanten Abschiebung hatte Vaha, der einen gültigen Asylbescheid hat, die Obsorge beantragt. „Es war sehr hart. Ich hatte große Angst und wollte nicht weg“, erinnert sich Halim. Vaha hat gemeinsam mit Bekannten und Freunden der Familie alle Hebel in Bewegung gesetzt, schrieb sogar an den Bundespräsidenten. Mit Erfolg: Letztendlich intervenierte die BH Lienz.
Da Halim unter 14 und damit noch unmündig war, war die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe der BH für ihn zuständig. Diese hat eine „Kindeswohl-Gefährdungsmeldung“ an das zuständige Magistrat in Wien übermittelt. Halim wurde kurz darauf aus der Schubhaft entlassen und mit Tränen in seiner Heimat Lienz empfangen. Auch Alexander van der Bellen schrieb an die Familie.
„Hier bin ich glücklich“, sagt der junge Boxer. Mittlerweile hat er auch eine Aufenthaltsbewilligung und kann sich voll seiner Leidenschaft widmen. Auch im Ring muss er kaum noch Schläge einstecken, denn seit 2019 führte kein Weg mehr an ihm vorbei. Alle drei Staatsmeisterschaften, die seither ausgetragen wurden, hat Halim in seiner Klasse gewonnen – 2019, 2022 und 2023.
Nach einem 2:1-Rundensieg im Halbfinale ließ der 15-Jährige beim Showdown Mitte Mai in Villach gegen Dragan Erekovac nichts mehr anbrennen und machte das Triple perfekt. Er krönte sich in der U17-Wertung in der Kategorie bis 63 Kilogramm zum Staatsmeister. Gekämpft wird im Jugendbereich drei Runden lang.
Halim hat bereits das nächste Ziel in Kopf: „In ein paar Jahren kann ich die Staatsbürgerschaft beantragen. Dann ist es mir möglich, an der Europameisterschaft teilzunehmen. Und eines Tages will ich bei Olympia boxen. Ich glaube fest daran.“
„Es ist meine Leidenschaft. Im Ring fühle ich mich frei.“
Halim Alhazurov
Für das große Ziel schwitzt er zwei Mal pro Woche in der Lienzer Südschule. Sein Onkel gibt dort Boxunterricht. Neben Halim schwingen bis zu 20 junge und auch ältere Kämpfer die Fäuste im Turnsaal. Zusätzlich schiebt Halim im Fitnessstudio Boxeinheiten. „Es ist meine Leidenschaft, ich brenne einfach für diesen Sport. Im Boxring fühle ich mich frei“, erzählt er mit funkelnden Augen, während er die Bandagen nach dem Training lockert.
Auch beruflich ist Halim auf Kurs. Nach der Mittelschule wird er eine Lehre als Schlosser bei einem Metallbetrieb in Lienz beginnen: „Ich habe bereits eine Zusage.“ In Osttirol hat er sich schon vor Jahren bestens integriert.
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Bravo Halim!! Weiterhin viel Erfolg!
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