Nach dem pandemiebedingten Aussetzen von Sprachreisen und Austauschwochen wurde 2022/23 für das BG / BRG zu einem wahren Erasmus+ Jahr. Schüler:innen aus Madrid, Krakau und Tielt sowie Erasmus+ Koordinator:innen aus Spanien, Polen, Belgien und Finnland besuchten ihre Lienzer Partner:innen und diese wiederum sie an ihren Schulen.
Den vorläufigen Schlusspunkt bildete nun eine Projektwoche in Tielt, einer Stadt mit ca. 20.000 Einwohnern im belgischen Westflandern, die aufgrund ihrer geographischen Nähe zu Brüssel, Gent, Brügge und Oostende sehr viel zu bieten hat. Für die Lienzer Gymnasiasten bedeutete dies ein dichtes und sehr abwechslungsreiches Programm, das nicht nur den Besuch vieler Sehenswürdigkeiten in diesen Städten, wie z. B. des Parlamentariums in Brüssel oder des Atlantikwalls in Oostende, sondern auch viele Workshops beinhaltete.
Alle Bilder: BG/BRG Lienz
Sie alle drehten sich um das Thema "Behind the Walls", denn Ziel dieses dreijährigen Projektes ist es, junge Menschen etwas genauer hinter die Mauern unseres kulturellen Erbes blicken zu lassen, um sie zu einem kritischen Hinschauen zu animieren. Um dieses Thema auch künstlerisch zu erarbeiten, wurden in diesem Schuljahr am BG/BRG Lienz zwei spannende Mauern errichtet, die beide nun im Eingangsbereich der Schule zu sehen sind. Die erste baute das Lienz-Madrid Team. Sie stellt sowohl die glänzende, vom Tourismus vermarktete Seite unserer Welt als auch ihre Schattenseite mit Verschmutzung, Ausbeutung und Zerstörung dar.
Die zweite Mauer wurde von dem Erasmus+ Team aus Lienz, Krakau und Tielt errichtet. In dieser Arbeit ging es um ein Verständnis von Kunst als kulturelles Erbe. Dafür beschäftigten sich die Schüler:innen zuerst mit Arbeiten von acht europäischen Installationskünstlern und schufen dann in Anlehnung an deren Werke ihre eigenen. Diese sind nun nicht nur in der Schule zu sehen, sondern in digitaler Form auch in dieser zweiten von ihnen gebauten Wand, wo man sie durch kleine, beleuchtete Gucklöcher bewundern kann.
Im Eingangsbereich des Gymnasiums steht seit diesem Projekt zum Beispiel eine auf den ersten Blick sehr humorvolle Figur. Der Gedanke hinter ihr ist allerdings überraschend tiefgründig. Sie wurde inspiriert von den Plastiken von Joseph Beuys, der selbst mit sehr viel Filz und Fett arbeitete, da er darin "das Soziale" sah, nachdem er - laut seinen Erzählungen - selbst damit nach einem Flugzeugabsturz gepflegt worden war. Diese Skulptur steht also für das große Miteinander, das an jeder Schule das Wichtigste sein sollte. Beuys lebte diesen Gedanken übrigens selbst als Kunstprofessor, indem er keine Student:innen abwies, sondern auch jene in seine Kurse einlud, die die Aufnahmeprüfung an der Hochschule nicht bestanden hatten. Eine weitere Inspiration für menschliche Interaktionen holten sich die Schüler:innen in den Arbeiten des tschechischen Filmemachers Jan Svankmayer, der u.a. mit seinem "Passionate discourse" bekannt wurde.
Weiters arbeitete das kreative Erasmus+ Team mit Ideen von Peter Fischli und David Weiss, die es liebten, Gegenstände zweckentfremdet miteinander zu verbinden, Luise Nevelson, die aus alten Möbelstücken Assemblagen in sehr monochronen Farben gestaltete, Jean Tinguely und seinen oft aus Schrott hergestellten Maschinen oder Gregor Schneider, der 2002 auf der Biennale mit seinem nachgebauten Elternhaus einen sehr intimen Blick in die Welt der Menschen warf.
Ganz besonders herausragend an der Aktion war ein meterlanger Tisch, der nach den Bildern von Daniel Spoerri und Giuseppe Archimboldo, die mit ihrer "Eat-Art" schon 1968 bekannt wurden, gedeckt und tatsächlich für ein gemeinsames Essen mit den Partnerschüler:innen aus Polen und Belgien genutzt wurde. Die Lust auf mehr Projekte dieser Art wurde damit definitiv bei allen Beteiligten, aber auch bei den anderen Schüler:innen des BG / BRG Lienz gestärkt.
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