Die neue Intendantin des Tiroler Landestheaters, Irene Girkinger, die ab der Spielzeit 2023/24 die Nachfolge von Johannes Reitmeier antritt, will das Tiroler Landestheater in künstlerischer Hinsicht erneuern. Als Bausteine für diese angestrebte Erneuerung will sie etwa verstärkt Theaterstücke "abseits des Kanons" auf den Landestheater-Spielplan hieven, mehr zeitgenössische Musik einbinden und im Tanztheater "Vielfalt" bieten, sagte sie im APA-Interview.
Unter ihrer Führung sollen zudem im Tiroler Landestheater, das Girkinger als "Kulturtanker" bezeichnete, auch "zeitgenössische Texte" eine größere Rolle spielen. "Ich will die Kammerspiele jedenfalls zu einem Ort der Zeitgenossenschaft machen", strich Girkinger heraus. Diese sei zwar bereits unter der Reitmeier-Intendanz, die in der Spielzeit 2012/13 begonnen hat, präsent gewesen, habe aber eher versteckt auf der kleinen Landestheater-Experimentierbühne "K2" sein Auskommen finden müssen. Außerdem wolle sie ganz grundsätzlich "kollektive Prozesse" anstoßen und den jeweiligen Spartenleitern viele Freiheiten geben.
Auch müssen es künftig nicht unbedingt fix-fertige Werke sein. "Ich möchte noch mehr auf Stückentwicklung vor Ort setzen, für die ich die richtigen kreativen Köpfe einladen will", so Girkinger. Bei diesen erarbeiteten Stücken soll es schließlich eine sehr große Formenvielfalt geben: "Es kann von unterhaltsamen Theaterwerken bis hin zu nüchtern-diskursartigen Auseinandersetzungen gehen". Zudem stellte sie "Multidisziplinarität" in Aussicht, also eine "spartenübergreifende Arbeitsweise" sowie das Einbinden von "Video und Performativität".
In dieser Sache sei nämlich die "Zeit der Sachlichkeit" vorbei und auch die Grenzen zwischen "E und U" seien endgültig obsolet. Deshalb möchte Girkinger neben zeitgenössischer, neuer Musik auch elektronischer Musik und Pop Platz geben. Das sei enorm wichtig, weil in den Köpfen junger Menschen noch zu stark die Annahme verankert sei, dass "Theater nicht lässig ist".
Denn auch die "Publikumsverjüngung" steht ganz oben auf der To-Do-Liste der Neo-Intendantin: "Ich möchte die nächste Generation begeistern." Man habe derzeit nämlich - nicht nur am Tiroler Landestheater - ein "Nachwuchsproblem". "Dieses ist vor allem im Bereich der klassischen Musik durchaus extrem", konstatierte Girkinger. Um das alles zu beheben reichen Vermittlungskonzepte bei weitem nicht aus, meinte sie. "Man muss auch coole Formen und Formate präsentieren".
Dazu schwebten ihr beispielsweise "Talkshow-Formate", Theater-Interventionen und ganz generell eine "Öffnung des Hauses hin zur Stadt" vor. Auch mit "neuen Vereinen" wolle sie zusammenarbeiten und überhaupt das Thema "Vernetzung" in den Mittelpunkt ihres Tuns und Wirkens stellen: "Ich möchte unter anderem mit den Klangspuren oder auch mit Musik+ kooperieren".
Kooperationen und Neues sind Girkinger auch im künftigen Tanztheater wichtig. "Ich glaube, es gibt da noch viele Formen, die noch gesehen werden sollten". Tanz sei "viel umfassender" als das, was bisher auf der Bühne des Landestheaters gezeigt worden war, strich sie heraus und bezog sich damit auf die künstlerische Handschrift von Tanzchef Enrique Gasa Valga, den sie abberufen hatte. Sie respektiere seine Arbeit, "doch jetzt möchte ich etwas anders machen."
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