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Maya Klaunzer studiert in Innsbruck und klettert am liebsten in Osttirol. Foto: Elena Einhauer

Maya Klaunzer studiert in Innsbruck und klettert am liebsten in Osttirol. Foto: Elena Einhauer

Hoch hinaus – Maya Klaunzer im Portrait 

Die 19-jährige Lienzerin klettert mit Leidenschaft und zählt auch deshalb zu Österreichs Besten an der Boulderwand.

Sie ist 19 Jahre alt, studiert Sportwissenschaft und zählt als frischgebackene U20 Vize-Staatsmeisterin zur Kletter-Elite Österreichs: Maya Klaunzer aus Lienz. Wenn sie von ihrer Sportart, dem Bouldern, erzählt, leuchten ihre Augen. Ihre Liebe zum Sport steckt an. Derzeit befindet sie sich mitten in den Vorbereitungen für ihren nächsten Jugend-Europacup-Bewerb in Portugal. Wir haben Maya in ihrer Wahlheimat Innsbruck zum Interview getroffen. Sie erzählt von Wettkampf-Routinen, Heimatliebe und großen Zielen.

Wie ist deine Begeisterung für den Klettersport entstanden?

Mit dem Klettern habe ich dank meiner Eltern angefangen als ich drei Jahre alt war. Meine ersten Züge habe ich mit Seilklettern am Fels gelernt. Mit zwölf, dreizehn Jahren habe ich dann immer mehr meine Leidenschaft für das Bouldern entdeckt. Als ich ca. vierzehn Jahre alt war, habe ich mit spezifischem Training begonnen und mich immer mehr auf das Bouldern konzentriert.

Was macht das Bouldern für dich so besonders und was reizt dich dran?

Am Bouldern reizt mich, dass es nie langweilig wird, der Sport sehr individuell ist und extreme körperliche Fitness erfordert. Das ist eine coole Challenge für mich, weil ich sehr gerne an mir selbst arbeite und mir eine ständige Weiterentwicklung wichtig ist.

Mayas erste Kletter-Touren am Fels mit Mama Sarah und Papa Bernhard. Foto: Sarah Klaunzer-Sporer

Welche Disziplinen gibt es denn generell im Klettersport? Wie unterscheidet man das?

Im kompetitiven Klettersport unterscheidet man zwischen "Bouldern", "Lead" und "Speed". Diese werden auch als offizielle olympische Disziplinen geführt. In der Disziplin Speed wird eine Route, die auf der ganzen Welt gleich ist, mit einem Kletterautomaten so schnell wie möglich geklettert. Das Ziel ist, so schnell wie möglich nach oben zu klettern. Beim Seilklettern klettert man mit Seil gesichert eine gewisse Tour, die meistens so 40 bis 50 Züge (= Schritte/Griffe) hat. Dabei wird der höchste Punkt der Tour gemessen. Das Ziel ist natürlich, ganz nach oben zu klettern, wobei die Sicherungen selbst eingehängt werden.

Bouldern ist Klettern in Absprunghöhe (ca. 3-4 Meter hohe Wand). Beim Bouldern sind die Züge eher kräftiger und auch anspruchsvoller, weil die Routen nur auf wenige Züge angepasst sind. Es gilt, zuerst die "Zone" und im Idealfall darauffolgend das „Top" zu erreichen. Gestartet wird von einer vorgegebenen Position aus: Die Griffe für beide Hände und Füße sind markiert. Wenn man diese Start-Position kurz gehalten hat, kann man losklettern. Am besten für die Wertung ist, ein Top zu erreichen. Wenn man das Top darauf folgend mit beiden Händen stabil drei Sekunden gehalten hat, zählt es als erfolgreicher Versuch. Andernfalls zählt – wenn auch weniger gut gewertet – auch das Erreichen der Zone. Am Endergebnis steht dann zum Beispiel: „Zone im zweiten Versuch erreicht; Top im dritten Versuch erreicht.“

Würdest du Bouldern als reinen Einzelkampf bezeichnen?

Im Training ist es definitiv kein Einzelkampf. Dort klettert man als Team, weil man für viele Routen oft länger braucht, bis man sie „ausgebouldert" (= gelöst, durchgedacht) hat. In der Gruppe findet man schneller die Lösung für schwierige Stellen – das macht dann richtig Spaß. Im Wettkampf selbst ist man hingegen voll auf sich gestellt. Man begibt sich in die sogenannte Isozone, wo man von den anderen TeilnehmerInnen abgekapselt ist und beispielsweise auf das Handy verzichten muss. Als Teilnehmer:in darf man beim Wettkampf nämlich nicht sehen, wie die anderen klettern.

Welche körperlichen Voraussetzungen sollten für den Klettersport allgemein gegeben sein?

Die Körpergröße macht einen großen Unterschied, auch wenn sie schlussendlich nicht über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Das ist das Coole am Klettern: Es gibt nie nur eine richtige Lösung. Da muss sich jeder individuell und auf seine Größe angepasst Wege zum Top suchen. Was natürlich ein Vorteil und im Klettern ein wichtiger Punkt ist, ist das Gewicht. Das macht schon einiges aus. Leider stellt das auch eine Gefahr des Sportes dar. Viele rutschen in die Magersucht ab – es gilt die Devise "Je weniger Gewicht, desto besser". Aber ab einem gewissen Punkt wendet sich das Blatt und sowohl Kraft als auch Energie gehen leider verloren.

Das bringt mich zu meiner nächsten Frage. Was sind typische Gefahren oder Verletzungen im Klettersport?

Besonders viele Verletzungen passieren an den Fingern. Dort sind die sogenannten "Ringbänder" sehr verletzungsanfällig. Überbelastungen und Schulterprobleme sind weitere häufig auftretende Verletzungsquellen im Klettersport. Das kommt oft vor, weil man extremen Kräften und durch gewisse Bewegungen extremen Belastungen ausgesetzt ist. Aber wie vorhin erwähnt, ist leider auch die Magersucht ein großes Thema in meinem Sport – davon sind sowohl Männer als auch Frauen betroffen.

Wie bereitest du dich auf einen Wettkampf vor? Wie sieht ein typischer Wettkampftag bei dir aus?

Die Wettkämpfe fangen immer im Frühjahr an. In diesem Jahr beispielsweise mit den österreichischen Meisterschaften und einem A Cup (= ein österreichweiter Wettkampf). Im Winter findet immer mein Aufbautraining statt. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Aufbau von Kraft und Ausdauer. Stehen dann Wettkämpfe an, wird das ganze Training wieder ein bisschen umgestellt und ich konzentriere mich mehr auf Schnellkraft und Flash Bouldern (= im ersten Versuch das Top erreichen). Grundsätzlich gehe ich fünfmal in der Woche in der Halle klettern, wobei eine Trainingseinheit zwischen drei und vier Stunden dauert. Ich mache natürlich als Ausgleich dazu auch Krafttraining und bin viel in den Bergen unterwegs.

Vor einem Wettkampf pausiere ich zwei Tage. Am Tag davor klettere ich als "Aktivierung" noch ca. eine halbe Stunde, damit ich mich dann fit für den nächsten Tag fühle. Der Wettkampftag startet mit der Registrierung und der bereits erwähnten ISO Zone. Dann habe ich einen immer gleichbleibenden Ablauf: Ich wärme mich ca. eineinhalb Stunden auf. Zuerst allgemein, dann an der Wand. In den letzten zehn Minuten bevor ich an der Reihe bin, schaue ich, dass ich mich voll auf den Moment fokussiere. Ich mache mich bereit, auf die Matte zu gehen und mir kreative Lösungen für die Boulder-Routen einfallen zu lassen. Das ist das Wichtigste in meinem Sport.

Maya bei einem Boulder A-Cup in Villach. Foto: Esther Varga Photograph

Hast du Lieblingsmusik oder eine Motivations-Playlist, die dich einstimmt?

Direkt vor dem Wettkampf höre ich eigentlich keine Musik. Was mich aber im Training motiviert, ist Techno oder Reggae. Da bin ich relativ offen.

Kannst du uns einen kurzen Einblick in deine Trainingsroutine geben? Du hast es gerade schon kurz angeschnitten, aber was passiert in einem typischen Training bei dir?

Ich trainiere fünf Mal in der Woche für drei bis vier Stunden und beginne jeweils mit allgemeinem Aufwärmen – ein bisschen mobilisieren mit Dehnübungen und Co. In weiterer Folge stehen oft verschiedene Kräftigungsübungen am Programm. Aktuell machen wir im Training zum Beispiel Hangel-Boulder. Dabei hangelt man die Wand ohne Beine hinauf. Viele von den Übungen absolvieren wir mit Farb-Bouldern (= die verschiedenen Boulder/Schwierigkeitsgrade in der Halle klettern). Diese stellen auch den Hauptteil jeden Trainings dar. Generell versuche ich, so viel Abwechslung und Variation wie möglich in das Training zu bekommen. Als Abschluss einer Trainingseinheit machen wir meistens noch Krafttraining.


„Ganz ehrlich? Mir taugt es, immer an mir selber zu arbeiten und fit zu sein,“ sagt Maya Klaunzer, Osttirols Aushängeschild im Bouldersport. Foto: Elena Einhauer

Fünf Mal pro Woche so lang und intensiv zu trainieren ist ein sehr hohes Pensum. Auf die Frage, woher sie ihre Motivation nimmt, antwortet Maya ganz selbstverständlich: „Ganz ehrlich? Mir taugt es, immer an mir selber zu arbeiten und fit zu sein. Vor allem, wenn man die guten Ergebnisse und den Fortschritt sieht. Mir macht das Training wirklich Spaß!“

Diese Begeisterung für den Sport lebt auch ihr Idol Janja Garnbret (Anm. Janja Garnbret ist eine slowenische Profikletterin und mehrfache Weltmeisterin im Bouldern und Leadklettern. Sie gilt als eine der besten Kletterinnen der Welt). „Sie ist nicht nur für mich, sondern für die meisten Kletterer:innen ein großes Vorbild. So viele Medaillen wie sie hat im Weltcup und bei Olympia in dem Sport niemand gewonnen. Ich bewundere auch ihre mentale Stärke, die sie bei jedem Wettkampf aufs Neue an den Tag legt, sehr“, erklärt Maya.

Du hast es vorher kurz angeschnitten, aber: Wie hältst du dich abseits der Kletterwand fit?

Ich gehe relativ gerne wandern und bin draußen in den Bergen unterwegs. Das hat sich aber erst entwickelt – früher habe ich das gar nicht gerne gemacht (lacht). In den letzten Jahren habe ich als Ausgleich zum Klettern das Skitourengehen für mich entdeckt. Auch diverse andere Workouts stehen bei mir immer wieder auf dem Plan.

Du bist Mitglied des Osttiroler Vereines K.I.O.T.. Was macht das Miteinander im Verein für dich aus?

Ich habe es schon immer cool gefunden, dass mich die K.I.O.T. Crew schon früh zum Klettern mitgenommen, supportet und motiviert hat. Es macht viel aus, ob du Leute hast, die mit dir klettern. Da pusht sich jeder gegenseitig und das gibt einem Rückhalt. Dafür bin ich sehr dankbar!

Wo befinden sich deine liebsten Boulderwände in Osttirol?

Indoor trainiere ich viel im Keller bei mir daheim, dort haben wir eine Kletterwand. Im Alpenvereinshaus war ich früher auch oft anzutreffen. Outdoor bin ich sehr gerne in den Klettergärten rund um die Dolomitenhütte und den Kreithof unterwegs. Auch die Felbertauern-Gegend ist in Osttirol sehr empfehlenswert für Boulderer.

Maya im Boulder-Eldorado am Felbertauern ... Foto: David Hanser
... und beim Felsklettern in den Lienzer Dolomiten. Foto: Bernhard Klaunzer

Hast du einen Tipp für Kletter- bzw. Bouldereinsteiger:innen? Wo fängt man an und an wen kann man sich bei Fragen wenden?

Der Alpenverein Lienz bietet Kletterkurse für Kinder an. Diese sind meist heiß begehrt und aufgrund der wenigen Plätze sehr schnell ausgebucht. Das Alpenvereinshaus ist übrigens die einzige Indoor Klettermöglichkeit, die wir aktuell in Osttirol haben. Das finde ich sehr schade für alle, die mit dem Klettern beginnen wollen! Mittlerweile haben sehr, sehr viele Orte eine eigene Kletterhalle. Ich bin mir ganz sicher, dass eine solche Möglichkeit bei uns in der Region sehr gut angenommen werden würde – vor allem, da der Klettersport zurzeit extrem boomt.

Eine Kletterhalle in Osttirol ist also ein großer Wunsch von dir?

Ja natürlich (lacht). Ich habe ja schließlich vor, irgendwann wieder heim nach Osttirol zu kommen – wenn es dann hier eine Kletterhalle geben würde, wäre das toll. Vielleicht kann so der Wettkampf Klettersport etwas populärer gemacht werden. Für mich war und ist es immer viel Aufwand, die weiten Strecken zu den diversen Kletterhallen zu fahren. Anders könnte ich mich nicht verbessern, da die nötige Infrastruktur einfach fehlt.


Wie viele heimische Klettersportler:innen wünscht sich auch Maya Klaunzer eine Kletterhalle in Osttirol. Foto: Esther Varga Photograph

Maya kommt ins Schwärmen, wenn sie von ihren Traum-Bouldergebieten weltweit spricht. Bei den Kletterhallen dieser Welt liegen bei ihr jene in Japan hoch im Kurs. „Dort würde ich sehr gerne ein Trainingslager absolvieren“, meint das Kletter-Ass. Zum Felsklettern zieht es sie in Europas Westen. „Klettern in Spanien wäre super cool. Das genaue Gebiet wäre mir egal, da es so viele tolle Angebote gibt“, schmunzelt Maya. Auch ihre Begleitung ist schnell ausgewählt: „Ich würde zu diesen Reisen meinen Freund David mitnehmen. Perfekt wäre auch, meine Kletter-Kollegen vom K.I.O.T. dabei zu haben!“

Du bist gerade Vize-Staatsmeisterin in der U20-Wertung im Bouldern geworden. Dolomitenstadt berichtete. Welche Bewerbe stehen in nächster Zeit auf deinem Plan?

Die österreichischen Meisterschaften und der A-Cup, die vor kurzer Zeit stattgefunden haben, haben entschieden, wer aus der U20-Mannschaft zu den bevorstehenden Jugend-Europacups geschickt wird. Die ersten Ergebnisse sind bereits gewertet worden und somit darf ich am 22. April in Portugal in Soure für Österreich starten! Dort gute Ergebnisse zu erreichen, ist mein nächstes großes Ziel.

Wenn die junge Osttiroler Sportlerin von ihrem Sport erzählt, leuchtet die Leidenschaft in ihren Augen. Mit ihrer ruhigen, zielgerichteten und stets bescheidenen Art stehen ihr alle Wege in der Kletterwelt offen. Wir wünschen ihr alles Gute für die bevorstehende Wettkampf Saison und drücken die Daumen!

Elena Einhauer hat Marketing & Kommunikation studiert und lebt in Innsbruck. Als freie Journalistin berichtet sie für dolomitenstadt.at über aktuelle Events und stellt spannende Persönlichkeiten vor, mit einem Blick für das Besondere, den auch ihre Fotoreportagen widerspiegeln.

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