Gebi Mair mit 67,6 Prozent zum Landessprecher gewählt
Cordula Ettmayer-Kreiner erhielt als Stellvertreterin 82,2 Prozent Zustimmung.
Tirols Grünen-Klubobmann ist mit einem blauen Auge davongekommen. Er wurde am Samstag in Telfs von 67,6 Prozent der mehr als 100 anwesenden Mitglieder für drei Jahre zum neuen Landessprecher gewählt. Der 39-jährige Mair, bereits ein Grünen-Urgestein, hatte keine Gegenkandidaten. 32,4 Prozent bzw. 34 Mitglieder votierten dennoch gegen ihn. Die Grünen machten zuletzt vor allem durch interne Streitigkeiten von sich reden. Auch Mair stand im Fadenkreuz.
Ein besseres Ergebnis als Mair fuhr die Forstwirtin Cordula Ettmayer-Kreiner ein: Sie wurde mit 82,2 Prozent zu Mairs Vize gewählt. Des Klubobmanns Einschätzung war indes offenbar realistisch: Vor der Wahl habe er mit vier Prozent weniger gerechnet, meinte er nach seiner "Inthronisierung".
In seiner "Bewerbungsrede" im Telfer Rathaussaal vor der Wahl hatte der Klubchef eindringlich für "Vertrauen" in ihn geworben, statt einen "Denkzettel" verpasst zu bekommen, der nichts besser mache, wie er nicht müde wurde zu betonen. "Vertrauen statt Denkzettel" - dies müsse das Motto sein, so Mair in seiner teils emotionalen Rede, der auch Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch lauschte.
Gleichzeitig entschuldigte er sich für das schlechte Wahlergebnis bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr: "Es tut mir leid, dass nicht mehr möglich war. Und dass wir nicht so viel Junge überzeugt haben, wie wir wollten." Gleichzeitig dürfe man sich nicht in Streitereien ergehen und somit auch den Medien Munition liefern: "Ich wünsche mir ein Signal, dass sich die Grünen nicht spalten lassen." Man solle solidarisch sein, deshalb: "Ich bitte um eure Solidarität." Der 39-jährige Klubobmann bat jedenfalls um Vertrauen in ihn - und zwar "in das, was ich kann und was ich nicht kann."
Die Funktion des Landessprechers sei "eine undankbare Aufgabe mit kaum Macht." Er wolle für die Partei die Rolle eines "Herdenschutzhundes" einnehmen, der umsichtig die Herde umsorge und auch mal belle. Mair räumte ein, dass es bei den Landes-Grünen in der Vergangenheit auch Konflikte gegeben habe und man durch schwere Zeiten gehe.
Wörtlich sprach der Klubchef von einer derzeit herrschenden "toxischen Kultur" in der Partei, mit der Landesversammlung müsse ein "Kulturwandel" einhergehen. Teils sehr kritische Wortmeldungen über den Ist-Zustand der Grünen gab es folgerichtig auch auf der Versammlung. Es gehe nun darum, sich "neu in die Grünen zu verlieben" und die "Themenführschaft aus der Opposition" heraus zu schaffen, appellierte Mair. Zudem wolle man auch die Jungen wieder gewinnen und zu einer "grünen Jugendbewegung" werden.
Inhaltlich präsentierte Mair seine "Vision für Tirol". Er stelle sich ein Land vor etwa mit einem Öffi-Ticket für alle, landeseigene Resilienz was das Energiesystem betrifft, Elektrobusse und Windräder im ganzen Land sowie Heimat für Menschen aus aller Herren Länder "mit ihren Träumen". Tirol solle ein Land "voller Chancen und Fairness" sein. Und außerdem: "Wir sind die einzige Kraft links der Mitte, die gegen die Verwüstung der Landschaft auftritt."
Theoretisch hätte auch noch jemand bei der Landesversammlung - trotz Ablaufens der entsprechenden Bewerbungsfrist - seine Kandidatur für den Landessprecher-Posten anmelden können und gegen Mair ins Rennen gehen. Dies geschah jedoch wenig überraschend nicht. Zuletzt hatte es parteiintern konkrete Spekulationen über eine Last Minute-Kandidatur der Nationalratsabgeordneten Barbara Neßler gegeben. Diese winkte aber am Donnerstag gegenüber der APA dezidiert ab und gab an, Mair unterstützen zu wollen.
Mit der Wahl Mairs wurde die bisher bei der Landespartei stets praktizierte Trennung von Partei und Mandatsfunktion beendet. Bisher hatte der grüne Landessprecher - zuletzt war dies Christian Altenweisl, der nicht mehr kandidierte - kein politisches Mandat inne und war der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.
Nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst mit Spitzenkandidat Mair waren die Grünen nach fast zehn Jahren Regierungsbeteiligung auf der Oppositionsbank gelandet. Bei der Wahl fuhr man ein Minus von 1,5 Prozentpunkten (Ergebnis: 9,2 Prozent) ein und musste den Verlust eines Mandates hinnehmen. Spätestens seitdem rumort es, auch teils öffentlich, gehörig. Mair sah sich zuletzt parteiintern auf Bezirksebene mit öffentlichem Gegenwind konfrontiert. Mangelnde Führungskompetenz, Kommunikation und Transparenz waren ihm vorgeworfen worden.
Eine Reaktion auf die grüne Landesversammlung kam am Samstag von Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. "Wenn jemand mit 67 Prozent zum Obmann gewählt wird, ohne Kampfabstimmung und Gegenkandidaten, dann ist das ein Armutszeugnis", konstatierte Abwerzger. Er erklärte sich das Ergebnis damit, dass "auch ein beachtlicher Teil der Basis der Tiroler Grünen den ideologischen linksradikalen Kurs" von Mair massiv missbillige. Gleichzeitig sprach der Landesparteichef ein politisches Angebot an "alle bürgerlich-umweltbewussten Mitglieder der Tiroler Grünen" aus, ein Stück des Weges mit der FPÖ zu gehen.
5 Postings
Lieber ehrliche 67% als opportunistische 99,9%.
den österr. demokraten scheint der prozentsatz, den gewisse parteien bekommen, undemokratisch.
"Eine Reaktion auf die grüne Landesversammlung kam am Samstag von Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. „Wenn jemand mit 67 Prozent zum Obmann gewählt wird, ohne Kampfabstimmung und Gegenkandidaten, dann ist das ein Armutszeugnis“, konstatierte Abwerzger." So viel zum Demokratieverständnis des Hr. Abwerzger. Führer müssen immer mit 99,9 % (oder zumindest 97,9%) gewählt werden, nicht wahr Herr Führer Abwerzger. Die DDR läßt grüßen.
Sachlich bleiben sonst wirds armselig.
Ganz so einfach ist das nicht: NÖ ÖVP 39.93% + FPÖ24.19% => zusammen 64,12% (bei 71,52 % Wahlbeteiligung - sind das 45,52% der NÖ-Wähler, die diese Konstellation gewählt haben), also weit weniger als die 67 % von G.Mair. Und trotzdem faseln ÖVP und FPÖ vom "Wählerauftrag" und Abwerzger erklärt die 67,6 % (bei 100% Beteiligung!) für G.Mair als erbärmlich (Armutszeugnis). Das ist schon sonderbar und zeigt eben ein eigenartiges Demokratieverständnis. "Abweichler" sind in seiner Welt wahrscheinlich Verrrrrräterrrr am Volksgedanken.
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