Wie Stammleser:innen von dolomitenstadt.at wissen, arbeitet unsere Redaktion seit Jahren unkompliziert und freundschaftlich mit den Kolleg:innen von salto.bz in Bozen zusammen. Die beiden Medien eint ihre Unabhängigkeit von mächtigen politischen Strukturen in den jeweiligen Verbreitungsgebieten. Diese Unabhängigkeit muss nach wie vor erkämpft und verteidigt werden, wie eine aktuelle Klage des Athesia-Imperiums gegen salto.bz untermauert.
Die politisch unterfütterte Medienmacht hat in Südtirol einen Namen: Michl Ebner. Der erzkonservative Direktor und Hauptaktionär des Medienkonzerns Athesia saß 30 Jahre lang für die SVP zuerst im nationalen und dann im EU-Parlament. Seit 15 Jahren ist er Präsident der Südtiroler Handelskammer. Ebners Macht bekommt selbst Landeshauptmann Arno Kompatscher immer wieder zu spüren, dessen liberales Politikverständnis dem konservativen Flügel der SVP und Ebner regelmäßig ein Dorn im Auge ist.
Wer ist Athesia? Dazu gibt Wikipedia Auskunft, inklusive Kritik an der monopolartigen Medienmacht der Holding, die stol.it, die Tageszeitungen Dolomiten und Alto Adige, die Radiosender Südtirol 1, Radio Tirol, Tele Radio Vinschgau und Radio Dolomiti zum medialen Portfolio zählt, dazu über Subunternehmen die Websites Südtirol News, kultur.bz.it, second-hand.it und sportnews.bz.
Die als unabhängige und demokratische Genossenschaft mit dem Titel „Demos 2.0“ organisierte Online-Plattform salto.bz feiert heuer ihren 10. Geburtstag und kritisiert seit einem Jahrzehnt immer wieder in ihrer Berichterstattung die Versuche politischer Einflussnahme des Athesia-Konzerns und seiner Eigentümer. Diese schlagen nun zurück.
Am 9. Februar 2023 wurde der Salto-Genossenschaft eine Schadenersatzforderung in der Höhe von 150.000 Euro zugestellt, welche die Athesia AG, die Athesia Druck GmbH und Michl Ebner persönlich gegen den Herausgeber des Nachrichtenportals salto.bz, die Genossenschaft Demos 2.0, und den ehemaligen Salto-Chefredakteur Christoph Franceschini durchsetzen wollen. Beanstandet werden nicht weniger als 58 auf salto.bz veröffentlichte Artikel aus den Jahren 2018 bis 2022.
Die zugestellte Klage führt nur die Titel und das Erscheinungsdatum der Artikel an, aber keinerlei detaillierte Gründe für die angeblichen Verfehlungen. „Tatsächlich handelt es sich beim Großteil der Artikel um Recherchen, die die Redaktion jederzeit und auch vor Gericht belegen kann“, erklären Maximilian Benedikter, Präsident des Verwaltungsrates der Genossenschaft Demos 2.0 und Salto-Chefredakteur Fabio Gobbato in einer Aussendung.
„Es handelt sich dabei vorwiegend um Artikel, die politische und wirtschaftliche Hintergründe rund um den Athesia-Konzern, die Südtiroler Handelskammer und das Medienmonopol in der Region Trentino-Südtirol nachzeichnen. Des Weiteren geht es aber um Interviews mit Südtiroler Politikerinnen und Politikern, Journalisten oder Verbraucherschützern, die sich kritisch mit dem Wirken des Medienhaus Athesia auseinandersetzen,“ präzisieren Benedikter und Gobbato.
Die Kläger sehen das freilich anders. Sie unterstellen salto.bz eine „andauernde und mit Nachdruck durchgeführte Verleumdungskampagne“ gegenüber dem Athesia-Konzern und der Familie Ebner. Einzelnen Verfassern wird zudem „mediales Stalking“ und der Tatbestand der „verleumderischen Unterstellung von Absprachen mit politischen Parteien und der öffentlichen Verwaltung“ vorgeworfen. Für das Team von salto.bz ist dagegen klar, „dass es sich bei dieser Schadenersatzforderung um den Versuch handelt, kritische Berichterstattung und investigative Recherche zu unterbinden.“
Wie nun salto.bz musste auch dolomitenstadt.at bereits Erfahrungen mit einer Einschüchterungsmethode machen, die man als „SLAPP“ bezeichnet, als „strategic lawsuit against public participation“, laut Wikipedia „ein Akronym für eine rechtsmissbräuchliche Form der Klage, die den Zweck hat, Kritiker einzuschüchtern und ihre öffentlich vorgebrachte Kritik zu unterbinden. Sie wird in den meisten Fällen von Unternehmen, seltener von Privatpersonen oder Behörden, gegen NGOs oder Individuen angestrengt, welche die Geschäftspraktiken des Unternehmens, die Aktivitäten des Individuums oder der Behörde öffentlich kritisieren“.
Dolomitenstadt.at hat diese Attacke übrigens bis zum OGH durchgefochten und abgewehrt. Die Kolleg:innen in Bozen wollen sich ebenfalls nicht einschüchtern lassen: „Wir werden nicht aufgeben, weiterhin unabhängige und kritische Berichterstattung zu machen, zu fördern und zu ermöglichen. Das ist einer der Grundgedanken des vor 10 Jahren gegründeten Portals salto.bz und der Genossenschaft Demos 2.0.“
7 Postings
Wenn es sich bei den inkriminierten Artikeln um Recherchen handelt, die die Redaktion jederzeit und auch vor Gericht belegen kann, dann kann ja nichts passieren.
Fehlt nur noch, dass Athesia und Michl Ebner auch Wikipedia klagen. Allerdings beruft sich die dort aufgeführte Kritik z. T. auf salto.bz. Schwerer dürften daher die Vorwürfe von Ebners ehemaligem Parteifreund Hubert Frasnelli (zwischenzeitlich SPÖ) wiegen, die dieser in seinem Buch "Die Macht der Fürsten. Macht, Zivilcourage und Demokratie in Südtirol" publiziert hat. Und der Vergleich Südtirols mit Sizilien, Apulien und Sardinien durch die staatliche Rundfunk- und Kommunikationsbehörde AGCOM aus dem Jahr 2018 dürfte kaum der Schönheit der Landschaft dieser Regionen geschuldet sein.
Durch die Klage werden die Artikel in denen vermeintlich so viel schlimmes über die "Athesia" und Fam. Ebner stehen soll erst so richtig in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt. Das Interesse wird riesig sein. Unzählige Berichte werden folgen. Könnte sein das das am Ende ein Schuss ins eigene Knie wird!?
Das wird ein klassischer Fall von Streisand- Effekt. Hat der Haselsteiner auch schon spüren müssen, als er sich mit Markus Wilhelm anlegte. Die Eitelkeit dieses vermeintlich Mächtigen fällt ihm hoffentlich ordentlich auf den Kopf.
Natürlich haben Sie, @Biker u. @Vlad Tepes, insofern recht, dass sich ab nun die Menschen mit dem Thema und dem Ausgang des Verfahrens genauer beschäftigen und sich eine Meinung über diesen "Herrn" bilden. Und die wird nicht in seinem Sinne ausfallen - milde ausgedrückt.
Leider gibt es überall mächtige Leute, welche glauben, alles zu beherrschen. Öffentlich kritisch durchleuchtet zu werden, vertragen solche Leute nicht und klagen aus Kalkül und wie erwähnt, dient es zur Einschüchterung. Das (symbolische) Bild ganz oben, sagt alles…
Ich schwanke aber, weil lustig ist kein Gerichtsverfahren! Selbst wenn man das Verfahren gewinnt (davon ist auszugehen) und die Kosten erstattet werden (von der gegnerischen Partei), sind solche Gerichtsverfahren – meist durch alle Instanzenwege – mühselig, zeit- u. kostenintensiv, sowie äußerst unangenehm! Ich gehe zu 100% davon aus, dass die Redakteure von Salto in ihren kritischen Artikel akribisch recherchiert haben und alles belegen können. Also, bleiben wir dran, es wird interessant…
Stimme Ihnen zu liebe @Chronos, in ALLEN von Ihnen genannten Argumenten . . .
@ chronos & RosmarieB - bei soviel Übereinstimmung wird es Zeit euch zu duzen
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