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Das Sorgenkind GemNova belastet die Tiroler Gemeinden zusätzlich. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Das Sorgenkind GemNova belastet die Tiroler Gemeinden zusätzlich. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

GemNova-Krise setzt Tiroler Gemeinden unter Strom

Erweisen sich nach dem finanziellen Fiasko der GemNova nun die neuen Stromverträge der Gemeinden als Flop?

Nicht nur wegen der Inflation und der Explosion der Energiekosten stehen die 277 Tiroler Kommunen wortwörtlich unter Strom. Seit Wochen bereitet den Verantwortlichen das Dienstleistungsunternehmen der Gemeinden, die GemNova, Kopfzerbrechen. Die Lage ist ernst, der Ausweg teuer. Aber der Reihe nach. Die GemNova ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen und wurde 2010 vom Tiroler Gemeindeverband mit dem Ziel gegründet, die Gemeinden durch die Erbringung von Dienstleistungen finanziell zu entlasten. Heute zählt die GemNova 700 Mitarbeiter:innen.

Wie kürzlich bekannt wurde, steckt das Unternehmen in finanziellen Turbulenzen. Derzeit prüft die Kanzlei Marsoner die Finanzen, bis 8. März soll ein Prüfbericht vorliegen. „In Summe geht es um zwei Millionen Euro sowie um 800.000 Euro nicht erhaltener COFAG-Hilfe“, nennt GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb konkrete Zahlen. Für die Schulden müsste der Tiroler Gemeindeverband, also die Gemeinden aufkommen. Das Land hat bereits finanzielle Unterstützung angeboten, auch eine Beteiligung an der GemNova werde diskutiert, so Landeshauptmann Anton Mattle.

„Die GemNova hat in manchen Bereichen, wo sie nichts zu suchen hat, Schiffbruch erlitten.“

Christian Härting, Bürgermeister Telfs

Eine Beteiligung des Landes sollte man annehmen und „positiv in die Zukunft blicken“, meint dazu der Telfer Bürgermeister Christian Härting (SPÖ). Er gilt als scharfer Kritiker der Geschäftspraktiken der GemNova. Der Grundidee einer Beschaffungsplattform könne er durchaus etwas abgewinnen, doch mittlerweile habe sich das Unternehmen in Bereiche gewagt, „wo es nichts zu suchen hat. Und dort hat man teilweise Schiffbruch erlitten.“

Seiner Forderung nach einer Restrukturierung des Unternehmens blasen mehrere Osttiroler Amtskolleg:innen Wind in die Segel. „Dieses Fiasko gehört lückenlos aufgedeckt. Es braucht eine grundlegende Struktur-und Aufgabenreform“, so die Lienzer Bürgermeisterin, Elisabeth Blanik (SPÖ). Härting fordert zudem einen neuen Geschäftsführer. Auf die Frage nach den Gründen für die Finanznot deutet der Vizepräsident des Gemeindeverbandes an, dass die wirtschaftliche Lage der GemNova bereits seit Jahren angespannt sei: „Es mussten immer wieder Zuschüsse getätigt und Haftungserklärungen unterschrieben werden.“

Haben unterschiedliche Ansichten zur GemNova-Krise: Der Telfer Bürgermeister Christian Härting (links) und GemNova-GF Alois Rathgeb. Fotos: MG Telfs/GemNova

Alois Rathgeb rechtfertigt eine Finanzspritze für das Unternehmen. So sei seit der Gründung 2010 ein Beschluss des Gemeindeverbandes aufrecht, wonach jährlich 410.000 Euro an Unterstützung an die GemNova fließen müssten: „Passiert ist das nie. In Summe wären das bis heute über fünf Millionen Euro.“ Die Hilfsmittel des Landes, um die Schulden der GemNova zu tilgen, würden aus dem Gemeindeausgleichsfonds fließen. Hier scheiden sich jedoch die Geister.

Mit dem Präsidenten des Gemeindeverbandes, Ernst Schöpf, befürwortet ausgerechnet ein wichtiges Bindeglied zwischen den Kommunen und Gemeindereferent Mattle einen Zuschuss mit GAF-Mitteln. Schließlich sei das ohnehin Geld der Gemeinden und die GemNova wiederum ein Unternehmen der Kommunen. Wenig begeistert von dieser Idee zeigt sich hingegen Elisabeth Blanik: „Dieses Geld könnten die Gemeinden momentan gut gebrauchen.“

Trotz all der Kritik lobt neben Härting auch der Bürgermeister von Nußdorf-Debant, Andreas Pfurner, die GemNova für ihre „Grundleistungen“. Dazu zählt etwa die mit viel Bürokratie verbundene Umsetzung des Datenschutzes in den Kommunen. Auch Ausschreibungen übernimmt das Unternehmen auf Wunsch – beispielsweise beim neuen Bildungszentrum in Nußdorf-Debant.

Elisabeth Blanik hinterfragt die Praktiken der GemNova und fordert „lückenlose Aufklärung“. Foto: EXPA/Groder

Die ursprüngliche Einkaufsplattform für die Kommunen hat im Laufe der Zeit aber viele weitere Geschäftsfelder für sich entdeckt. Aus Wirtschaftskreisen wurden Warnungen vor einem „öffentlichen“ Konkurrenten laut. „Das ist einer der Gründe, warum wir mit der GemNova quasi nichts zu tun haben. Da werden – gestützt von der öffentlichen Hand – Betriebe, die bei uns Kommunalsteuer zahlen, unterboten“, so Blanik. Einzig bei Anschaffungen in großen Mengen, etwa beim Streusalz, nehme die Stadt Lienz die Dienste der GemNova in Anspruch.

Fluch oder Segen?

Die GemNova bringt sich aber auch in anderen Bereichen ein. Das Unternehmen verhandelt für alle interessierten Gemeinden – und dazu zählen die meisten der 277 Tiroler Kommunen – die Stromverträge mit der TIWAG. In den bisherigen Jahren, das bestätigen auch mehrere Bürgermeister, konnten sich die Gemeinden mit der GemNova als „Vermittler“ tatsächlich Geld sparen.

Ende 2022 ist der dreijährige Liefervertrag ausgelaufen. Im Herbst musste mitten in der Energiekrise neu verhandelt werden. Mit dem Ergebnis sind viele Gemeinden unzufrieden. „Das kann man aber nicht zwingend der GemNova umhängen“, so Härting. „Wir hängen an den börsengebundenen Preisen, weil die TIWAG den Strom nicht direkt an uns verkaufen kann“, betont Rathgeb. Zunächst habe die TIWAG versucht, die Gemeinden erneut von einem Dreijahresvertrag zu überzeugen, was diese angesichts der zuletzt wieder fallenden Strompreise ablehnten.

Deshalb einigte man sich auf eine Laufzeit von einem Jahr – mit einem Energiepreis von 42 Cent pro Kilowattstunde. Die Netzgebühren und Steuern sind darin noch nicht enthalten. Zum Vergleich: Bisher zahlten die Kommunen nur fünf Cent. Laut Rathgeb habe es aber keine Alternative gegeben, „schon gar nicht bei der Menge. Wir sprechen hier von 100.000 Megawattstunden.“ Bei einem Anbieterwechsel müsste eine Ausschreibung erfolgen. „Dann kommt der Tag X und wenn du Pech hast, steigen genau dann die Preise. Das wäre hochspekulativ“, so Rathgeb.

Andreas Pfurner über die neuen Stromverträge für die Gemeinden: „Schwer zu sagen, was da schief gelaufen ist.“ Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Die Stadt Lienz stöhnt unter dem teuren Stromvertrag, in Nußdorf-Debant spricht Andreas Pfurner sogar von einem „Strom-Desaster. Das Vertrauen ist im Keller.“ Angekündigt habe die GemNova den 3,9-fachen Strompreis: „Auf der ersten Abrechnung haben wir allerdings den 5,5-fachen Endpreis.“ Zahlen, die auch Härting in Telfs errechnet hat. Im Gegensatz zu den Vorjahren hatten die Gemeinden diesmal kaum Zeit, den angebotenen Tarif zu überdenken.

Zwei Osttiroler Kommunen – Amlach und Dölsach – haben abgelehnt und sich neue Lieferanten gesucht. Während Amlach von einer PV-Anlage auf dem Rauchkofel träumt, wird Dölsach vorerst für ein Jahr von der Alpe Adria Energie versorgt. „In Summe sparen wir uns damit 20.000 Euro“, so Bürgermeister Martin Mayerl (ÖVP). In einem Jahr wird neu evaluiert.

5 Postings

rony
vor 2 Jahren

Als Erster soll der Schöpf seinen Hut nehmen und gehen, dann muss man sich die Frage stellen ob es überhaupt einen Gemeindeverband brauch, oder ob das Land selbst mit seinen Beamten den Gemeinden behilflich sein kann. Das würde eine schlankere Verwaltung bedeuten und es könnte mehr Geld dort hin kommen wo es benötigt wird.

 
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vor 2 Jahren

Betrieb schließen, Es gibt genügend gleichwertige Firmen. BBg zb. ist Staatlich und verhandelt preise für Kommunen, in vielen Sparten

 
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    unholdenbank
    vor 2 Jahren

    Das ist nicht so einfach. Da fehlen dann die Möglichkeiten, Parteimitglieder unterzubringen, Mauscheleien zu tätigen, da und dort was abzuzwacken. Diesen Selbstbedienungsladen lassen sich die Schwarzmander sicher nicht entgehen.

     
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      Bergan
      vor 2 Jahren

      Kenn jemand einen Mitarbeiterin dieser angeblich so wichtigen Einrichtung, der nicht aus dem Einflussbereich der ÖVP stammt.

       
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      unholdenbank
      vor 2 Jahren

      Ja, @Bergan, da scheint es so zu sein, dass die Anzahl der Antworten überschaubar bleiben wird! Geben Sie aber die Hoffnung nicht auf.

       
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