"Last Paradise Lost" am Samstag am Tiroler Landestheater ist mit großem Applaus inklusive kollektiver Stehovationen zu Ende gegangen. Das Stück aus den Federn von Günter Werno, Andy Kuntz und Stephan Lill, das von Regisseur Urs Häberli auf die Bühne gebracht wurde, riss das Premierenpublikum von den Sitzen. In der Aufführung traf Musikpathos auf schauspielerischen Maximalausdruck und bühnenbildnerische Unbescheidenheit.
Die Darbietung der "Oper", sehr viel mehr handelte es sich um ein Musical der alten Schule, gelang offenbar vortrefflich. Sie schien vorrangig zeigen zu wollen, dass Mehr auch wirklich Mehr ist und dieses "Mehr" auch die beste Wirkung erzielen und die größten und stärksten Emotionen hervorrufen kann.
Um das zu erreichen, bedienten sich die Komponisten und Verantwortlichen der Oper, allesamt Mitglieder der deutschen Rockband Vanden Plas - die auf der Bühne als spielfreudige Liveband agierte -, sehr frei am Versepos "Paradise Lost" von John Milton. Dieses komplexe Werk vereinfachte man im Vorfeld so stark, dass daraus ein etwas mehr als zweistündiges Bühnenwerk entstand, in dem sich Gut und Böse grobschlächtig, aber publikumswirksam bekriegen.
Der Geschichte zu folgen fiel deshalb nicht schwer. Da war zuerst einmal der Bandfrontmann Andy Kuntz als Erzengel, der sich gleich zu Beginn des Abends mit verzweifeltem Unterton und gut bei Stimme sowohl an die Premierengäste als auch an die ganze Menschheit wandte. Da war natürlich aber auch sein geliebt-gehasster Gegenspieler, Luzifer, beeindruckend gesungen von Randy Diamond. Dazwischen befanden sich Adam und Eva, allerlei Engel und natürlich massenhaft finstere Gestalten.
Lange und ausführlich wurde gerungen, welche Seite sich wohl durchsetze und welche überhaupt die besseren Argumente habe - untermalt und getragen von Musik, die durchaus ihre Momente hatte, aber zum Teil in schwer zu ertragende White-Metal-Frömmigkeit kippte. Luzifer brachte dabei Eva zum Äußersten, das Böse erwies sich insgesamt als "sexier" als das Gute und Bezüge in die unrühmliche Menschheitsgegenwart wurden selbstverständlich hergestellt.
Als größter Gewinn des Abends erwiesen sich bei alldem, trotz Kippmomenten, die Liveband und das Bühnenbild. Erstere musizierte präzise und in einer perfekten Balance zwischen Dringlichkeit und Unaufdringlichkeit, Zweiteres ließ die "Rockoper" zu einer zwar etwas schwülstigen, aber dennoch farbenfrohen Augenweide werden. So verflog der Abend, zirkulierten unzählige Melodien im Raum und verankerte sich der eine oder andere Ohrwurm.
Das Publikum riss es jedenfalls gleich nach getaner Musicalarbeit des Ensembles begeistert von den Sitzen, wodurch sich wiederum Band und Darsteller zu einem letzten Ständchen hinreißen ließen. Beide Seiten, Gäste und Akteure, verließen schließlich sichtbar glücklich Premierensaal und Premierenbühne.
Ein Posting
als ich jung war, war ich wie meine altvorderen. geglaubt, was diese demagogen verbreiteten. in meiner jugend waren es halt die rockstars, stellvertretend für die militaristen.
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