Nach der Covid-Zwangspause der letzten zwei Jahre war beim diesjährigen Neujahrsempfang am 19. Jänner in der Wirtschaftskammer in Lienz entspannte Geselligkeit spürbar. Die heimische Wirtschaftsprominenz war fast vollzählig vertreten und nutzte die Gelegenheit zum Netzwerken bei Köstlichkeiten aus der Küche des Gasthofs Aue, der für das Catering verantwortlich zeichnete.
Bevor aufgetischt wurde, traten Bezirksobfrau Michaela Hysek-Unterweger und der Tiroler Kammerpräsident Christoph Walser ans Rednerpult und schworen die versammelte Unternehmer:innen-Runde auf Optimismus in schwierigen Zeiten ein. Anschließend erhielt Kammer-Urgestein Michael Aichner umfassendes Lob, viel Applaus und den Titel Kommerzialrat, den Walser stellvertretend für Bundespräsident Alexander Van der Bellen überreichte.
Sowohl bei den Festreden als auch in einem Pressegespräch vor der Veranstaltung stellten Walser und Hysek-Unterweger die aktuellsten Forderungen und Projekte der Kammer vor den Hintergrund einer durchwegs positiven Wirtschaftsentwicklung im Bundesland und im Bezirk. Man habe sowohl die Pandemiejahre als auch die aktuellen Herausforderungen der Energiekrise erstaunlich gut gemeistert. Mit einem Wirtschaftswachstum von sieben Prozent im abgelaufenen Jahr und einer Wachstumsprognose von zwei Prozent für 2023 zeige sich Tirols Wirtschaft krisenresistent und dynamisch.
Dieser Trend gilt auch für Osttirol, wo das Bruttoregionalprodukt stetig steigt und die Arbeitslosigkeit so niedrig ist wie nie zuvor. Im Bundesland und im Bezirk wird damit der – auch demoskopisch begründbare – Mangel an Arbeitskräften zu einem der kritischen Knackpunkte für die künftige Wirtschaftsentwicklung. Die Kammer sieht mehrere Chancen zur Problemlösung: den konsequenten Ausbau der Kinderbetreuung, eine Bildungsoffensive, Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt und Leistungsanreize wie steuerfreie Überstunden und Zuverdienste in der Pension.
All das wurde auch im Detail ausgeführt. Man wolle nicht nur fordern oder gar jammern, erklärte Christoph Walser, sondern habe umfangreiche Lösungsansätze ausgearbeitet, die nun auf dem Tisch von Wirtschaftslandesrat Mario Gerber liegen: „Der hat selbst an diesem Programm mitgearbeitet. Nun kann er die Umsetzung in Angriff nehmen“.
Walser ließ sowohl beim Pressegespräch als auch bei seiner Festrede im Kammersaal keine Zweifel aufkommen, dass er für eine kategorische Öffnung des Arbeitsmarktes eintritt und dabei auch Zuwanderer ohne Asylchancen als Potenzial betrachtet: „Als Urlaubsgäste sind uns Menschen aus aller Welt recht, egal woher sie kommen. Wenn sie Arbeit und ein gutes Leben suchen, fragen wir auf einmal nach der Herkunft. Österreich war schon zu Kreiskys Zeiten in den Siebzigern weltoffen“, erklärte der Tiroler Wirtschaftskammer-Präsident und fügte an: „Zäune rund um Europa? Das kann es nicht sein.“
Auch aus Osttiroler Perspektive gab es überraschende Töne und Perspektiven. So war man sich beim Pressegespräch einig, dass der Wirtschaftsgeograf und Studienautor Jakob Eder mit seiner auf dolomitenstadt.at publizierten Einschätzung zum Ende des Campus Technik Lienz richtig liegt. Diese universitäre Einrichtung wurde auch aus der Sicht der Wirtschaft zu früh abgedreht und durch eine Alternative ersetzt, die nicht den Vorstellungen und Bedürfnissen der regionalen Technologiebetriebe entspreche, erklärten die Kammervertreter rund um den scheidenden Bezirksstellenleiter Reinhard Lobenwein.
Der ist – so stellte sich heraus – nicht nur vorübergehend Geschäftsführer der Innos Gmbh, sondern soll diese hauptsächlich vom Land und der Wirtschaftskammer finanzierte Einrichtung inhaltlich neu positionieren und bis zum Abschluss dieses Vorhabens auch leiten. Lobenweins bisheriges Amt übernimmt mit März Johann Kollreider, der bereits ein Büro in der Amlacherstraße bezogen hat und beim Neujahrsempfang sein erstes größeres Event als Wirtschaftskämmerer absolvierte.
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