Südtirols LH Arno Kompatscher (SVP) hat bei seiner Pressekonferenz zum Jahresabschluss am Donnerstag deutlich gemacht, im Jahr 2023, dem Jahr der Landtagswahl, einen deutlichen Fokus auf Nachhaltigkeit zu legen. Und zwar in ihren drei Dimensionen: dem Ökologischen, dem Sozialen und in der Wirtschaft. Zum Verhältnis zur neuen italienischen Regierung unter Giorgia Meloni meinte Kompatscher, dass es "ermutigende Signale" gegeben habe, die Südtirol-Autonomie voranzubringen.
Der Landeshauptmann unterstrich bei seiner traditionellen Jahresabschluss-Pressekonferenz in Bozen, dass in Umfragen zur Klimaerwärmung eine große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit eines Richtungswandels erkannt habe. Die Bereitschaft für persönliche Änderungen sei allerdings zögerlich. Es sei aber auch Aufgabe der Politik, noch mehr zu tun, was aber leichter sein würde, da inzwischen das Bewusstsein der Bürger vorhanden sei. Gleichzeitig betonte der Landeschef in puncto Klimaerwärmung aber auch: "Vieles ist schon so weit, dass wir uns auf die Veränderungen einstellen und diese eingrenzen müssen." Was das Thema Energie angeht, sei der Ukraine-Krieg wohl nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Wichtig sei, von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen.
Vieles ist schon so weit, dass wir uns auf die Veränderungen einstellen und diese eingrenzen müssen.
Arno Kompatscher über den Klimawandel
Im Tourismusbereich bezeichnete Kompatscher das Konzept, das eine Bettenobergrenze vorsieht, im Sinne der Nachhaltigkeit als "innovativ". Damit werde erstmals eine wirtschaftliche Tätigkeit kontingentiert. Es sei in diesem Zusammenhang notwendig, soziale und ökologische Überlegungen in die wirtschaftliche Entwicklung einfließen zu lassen.
Im Bereich Soziales werde vor allem die demografische Entwicklung eine Herausforderung darstellen. Mitarbeiter fehlten überall, aber gerade im Sozialen herrsche bei zunehmendem Bedarf erheblicher Mangel. Man dürfe aber nicht "im Jammern verharren, sondern Perspektiven schaffen", so der Landeshauptmann. Er kündigte dazu an, dass einige Kollektivverträge erneuert werden sollen. Im Haushalt für das kommende Jahr seien die Voraussetzungen geschaffen worden, um vor allem beim Pflegepersonal, den Ärzten und sozialen Berufen Gehaltserhöhungen vorsehen zu können. Er sprach sich auch dafür aus, Zuwanderer zu integrieren, anstatt sie "dem Sozialsystem zuzuführen". Sie sollten als Arbeitskräfte die Möglichkeit haben, sich in die Gesellschaft einzubringen.
In Bezug auf die Wirtschaft müsse man vom quantitativen zu einem qualitativen Wachstum kommen. Kompatscher unterstrich, dass es möglich sei, dass Wirtschaft nicht ständig wachse. Wirtschaft solle zu mehr Lebensqualität, zu mehr Sicherheit und zu mehr Frieden führen. Südtirol wäre in puncto Wirtschaftswachstum derzeit selbst im Österreich-Vergleich an der Spitze. Trotzdem gebe es Menschen, denen es nicht gut gehe. Die autonome Provinz habe eine hohe Suizidrate, Obdachlosigkeit und mehr. Hier müsse entgegengewirkt werden.
Die Autonomie - in diesem Jahr feierte man 30 Jahre Streitbeilegungserklärung und 50 Jahre Paketabschluss - bezeichnete Kompatscher als Beleg dafür, "was Politik geschaffen hat". Stolz zeigte er sich darüber, dass nicht nur im Land, sondern auch weit darüber hinaus, die Autonomie Südtirols als Beispiel für eine friedlichen Lösung eines Konfliktes und Basis für wirtschaftlichen Aufschwung gelobt wurde. In Zusammenhang mit den "ermutigenden Signalen" aus Rom zur Autonomie, unterstrich der Landeshauptmann erneut, dass es wichtig sei, sie den Veränderungen der Zeit anzupassen. Eine Absage erteilte er hingegen Plänen für eine Makroregion Norditaliens. Dies stehe im Widerspruch zur Sonderautonomie des Landes und erinnere an leidvolle Erfahrungen in der Vergangenheit. Dies bedeute aber nicht, dass es nicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Veneto und Mailand geben solle. Kompatscher unterstrich hingegen die Bedeutung der Europaregion Tirol aus dem Bundesland Tirol, Südtirol und dem Trentino. Sie solle eine Vorbildregion in Europa werden und könne noch weiter belebt werden.
Abseits der Autonomie-Frage zeigte sich der Landeshauptmann in Bezug auf die neue italienische Rechtsregierung eher reserviert. Er ortete generell und was das Budget angehe keine revolutionären Neuerungen.
2022 ist laut Kompatscher, der in Südtirol eine Koalition aus Südtiroler Volkspartei und Lega anführt, ein sehr komplexes Jahr gewesen, wobei dies nicht negativ ausgelegt werden dürfe. Er aber wünsche sich, dass das kommende Jahr ein "außergewöhnliches Jahr" werde, und zwar im Sinne, dass es wieder "normal" sei, im Sinne, wie wir es früher hatten.
Im Herbst kommenden Jahres tritt Kompatscher, der Südtirol seit dem Jahr 2014 regiert, erneut als Spitzenkandidat der SVP bei der Landtagswahl an. Dies hatte der 51-Jährige Anfang Dezember nach längerer Bedenkzeit bekanntgegeben. Es sei nun Aufgabe der Parteien sei, überzeugende Programme vorzulegen und die Kandidaten auszuwählen, meinte er am Donnerstag dazu. Auf eine Journalistenfrage unterstrich Kompatscher, dass er und viele seiner Kollegen nie aufgehört hätten, für die Menschen zu arbeiten. Der Landeschef räumte aber ein, dass bei einigen Bürgern durchaus dieser Eindruck entstanden sei. Die SVP sei jedenfalls keine Lobbyisten-Partei. Die Sammelpartei war im Zuge der sogenannten SAD-Affäre rund um die Vergabe von Buskonzessionen stark unter Druck geraten. Parteiinterne Verwerfungen und Personaldebatten waren darüber hinaus die Folge.
Kompatscher betonte, dass die SVP Verantwortung trage. Es sei nun notwendig, Geschlossenheit und ein gemeinsames Arbeiten wieder herzustellen. Er zeigte sich davon überzeugt, dass dies gelingen werde und dass dieses Ziel über Inhalte erreicht würde.
Keine Postings
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren