„Ich bin – so wie alle Generationen nach mir – mit dem SOS-Kinderdorf gewachsen“, erzählte Andreas Pfurner beim Pressegespräch zum Jubiläum des Kinderdorfes in Nußdorf-Debant. Vor zehn Jahren wurde das sanierungsbedürftige Dorf völlig neu gestaltet und in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Die Kinder, die im Sommer auf dem Spielplatz herumtollen, kommen auch aus der Nachbarschaft. „Lebensweltnah“ heißt das Zauberwort, nach dem die Verantwortlichen das Dorf seit Jahrzehnten entwickeln.
Sechs Jahre nach der Gründung von SOS-Kinderdorf in Innsbruck wurde am 23. Oktober 1955 in Nußdorf-Debant das zweite Dorf besiedelt. Damals standen sieben Familienhäuser und ein Jugendhaus auf dem Areal, das von Zäunen umgeben war. An den 12. Mai 2012 – jenen Tag, an dem die umfassende Erneuerung abgeschlossen wurde – kann sich Dorfleiter Guido Fuß gut erinnern: „Es war sehr aufregend, das zweitälteste SOS-Kinderdorf der Welt neu zu gestalten. Die ersten Jahre waren natürlich auch herausfordernd. Das Konzept, das Dorfgefüge und Leben im Dorf war für alle neu.“
Acht Jahre nach der Neueröffnung folgte die nächste Großbaustelle: 2020 wurden zwei neue Wohngruppen für je neun Kinder und neun Jugendliche gebaut. Für die jungen Menschen vor Ort wurden im Laufe der Zeit vielfältige Betreuungsformen etabliert. Es gibt Wohngruppen in unterschiedlichen Größen, Kinderdorffamilien und das betreute Wohnen.
„In den fast 70 Jahren, die SOS-Kinderdorf in Osttirol nun besteht, hat sich die Gesellschaft sehr verändert und mit ihr auch die Anforderungen an uns. Im Zentrum steht immer die Frage: Was braucht ein junger Mensch, damit es ihm gut geht?“, so Fuß, der im Audiointerview über den Wandel des Dorfes spricht:
Heute zeichne sich die Dorfgemeinschaft durch ein harmonisches Miteinander aus. Die Kinder, Jugendlichen und auch die Erwachsenen profitieren vom „Dorf im Dorf“, so Fuß und Pfurner unisono. Aktuell werden rund 60 Kinder und Jugendliche betreut und im Kinderdorf zehn Häuser bewohnt. Insgesamt arbeiten im Osttiroler Kinderdorf knapp 80 Personen. In einem nächsten Schritt soll eine intensivbetreute Vierer-WG einziehen und das betreute Wohnen ausgebaut werden. „Kein anderes Kinderdorf in Österreich ist so gut aufgestellt“, betont Fuß.
Doch auch die Prävention wird immer wichtiger, das habe einmal mehr die Pandemie gezeigt. „Corona hat in manchen Familien und Seelen vieles zerstört“, so Fuß, der auch deshalb mit einem steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen im Kinderdorf rechnet. Die Ambulante Familienarbeit Tirol (AFA) begleitet auch in Osttirol besonders belastete Familien durch Krisen, damit es zu keinem Bruch kommt und die Kinder bei den Eltern bleiben können. „2021 wurden im Bezirk 90 junge Menschen und ihre Familien unterstützt“, erklärt Egon Wibmer, Leiter der AFA in Osttirol. Rund zwei Drittel der begleiteten Familien würden es schaffen, zusammen zu bleiben.
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