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Was Sie schon immer über Wasser wissen wollten …

Der Osttiroler Virologe Gernot Walder nimmt unser Lebenselixier unter die Lupe.

Im Betrieb von Gernot Walder in Außervillgraten kehrt nach der heißen Phase der Pandemie der Alltag ein. Das höchstgelegene infektiologische Labor Österreichs ist spezialisiert auf Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin und eine zentrale Anlaufstelle im Südalpenraum, wenn es um schnelle, hochwertige Analysen geht. Seit Kurzem bieten Walder und sein Team auch Wasseranalysen an. Das kommt nicht von ungefähr und hat aktuelle Gründe. Energiesparen birgt nämlich gerade beim Wasser auch Gefahren. Warum erklärt der Experte im folgenden Interview.

Gernot Walder und sein Team bieten seit Kurzem auch Wasseranalysen an. Hier nimmt Lisa Untertroger eine Probe. Foto: Expa/Groder

Das Labor Walder bietet seit Kurzem auch Wasseranalysen an. Wer braucht denn diese Analysen? Ist unser Osttiroler Wasser nicht ohnehin besonders gut und sauber?

Wasser ist nicht steril, Wasser lebt. Wir waschen uns damit, wir trinken es, nichts beeinflusst unsere äußere und innere Körperflora – und damit auch unser Wohlbefinden - so sehr wie unser Wasser. Und es stimmt: Osttirol verfügt über hervorragendes Quellwasser. Wir können es in seinem natürlichen Zustand ohne Aufbereitung verwenden – viele Gebiete der Welt sind nicht so glücklich.

Trotzdem: Das heißt nicht, dass es in allen Fällen mikrobiologisch auch tatsächlich unbedenklich ist. Das hängt von vielen Faktoren ab: Wie die Quellen gefasst sind, wie die Leitungen beschaffen sind, wie das Warmwassersystem betrieben wird usw. Bakterien sieht man nicht, riecht man nicht und schmeckt man nicht. Nur eine mikrobiologische Untersuchung zeigt, ob alles in Ordnung ist oder nicht. Ähnlich wie das Pickerl beim Auto oder beim Feuerlöscher muss auch das Wasser – Trinkwasser und Warmwasser – daher regelmäßig untersucht werden.

Die Wasserproben werden in Außervillgraten auf einer „Sterilwerkbank" filtriert und anschließend auf Nährböden übertragen. Foto: Expa/Groder

Stark steigende Energiepreise zwingen viele Haushalte zu kompromisslosem Energiesparen. Es wird aber immer wieder davor gewarnt, die Temperatur von Warmwasserboilern zu weit abzusenken und dadurch eine Verseuchung mit Legionellen zu riskieren. Was ist da dran? Was sind Legionellen und warum sind sie gefährlich?

Legionellen sind Bakterien, die gerade im warmen Wasser sehr gut gedeihen. Sie vermehren sich zwischen 15 und 55°C, erst bei Temperaturen über 72°C werden sie abgetötet. Wer die Warmwassertemperatur auf unter 55°C senkt, gibt den Legionellen - aber auch anderen wärmeliebenden (der Fachmann sagt thermophilen) Bakterien - in seinen Leitungen eine Heimat. Legionellen können äußerst schwere Lungenentzündungen verursachen, die häufig tödlich enden – vor allem, weil Legionelleninfektionen schwer nachweisbar sind und nur auf wenige Antibiotika ansprechen.

Was wäre denn eine vernünftige Lösung um gleichzeitig Energie bei der Warmwasserbereitung zu sparen und keine Verseuchung zu riskieren?

Wasser in Leitungen sollte entweder weniger als 15°C oder mehr als 55°C aufweisen. Darum kommt man aus mikrobiologischer Sicht nicht herum. Je kürzer die Leitungen und je kleiner die Volumina in den Leitungen sind, desto weniger Energie ist erforderlich. Wie man diese Systeme möglichst effizient heizen kann, wissen die Installateure. Das Einsparungspotenzial liegt im verwendeten Heizmaterial, in der Effizienz der Heizung und in der Qualität der Anlage. Kompromisse bei der Betriebstemperatur sehe ich als Arzt durchaus kritisch.

Zwei Milliliter Wasser werden in einer Petrischale mit einem Nährmedium vermengt, das bei ca. 37°C „bebrütet“ wird, um die darin enthaltenen Bakterien zum Wachstum anzuregen.
Auf diesem Bild sieht man einen schwarzen Nährboden in einer Petri-Schale, der speziell für die Anzucht von Legionellen benutzt wird.

Wie läuft denn so eine Wasseranalyse technisch ab und was kostet sie?

Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter unseres Hygieneteams schaut sich die Anlage vor Ort an, nimmt die erforderlichen Messungen vor und entnimmt die Proben. Geschieht dies im Rahmen einer Gemeindeaktion, die in Zukunft in jeder Gemeinde zumindest zwei Mal pro Jahr angeboten werden, fallen keine Gebühren für Anfahrt und Probennahme an. Die Vollanalyse selbst (technische Messungen, Laboranalysen und Keimidentifizierung) kostet 100 Euro pro Probe. Die Zahl der erforderlichen Vollanalysen hängt von der Anlage und der Größe des Gebäudes ab, in den meisten Fällen reichen ein bis drei Proben aus.

Wer sollte denn dieses Service unbedingt in Anspruch nehmen? 

Jeder. Die österreichische Norm sieht vor, dass jedes Warmwassersystem kontrolliert werden muss. Die Frequenz hängt von der Gebäudenutzung und vom Befund ab, im Schnitt müssen medizinische Einrichtungen zweimal jährlich, Schulen, Kindergärten, Hotels, Sportanlagen, öffentliche und betrieblich genutzte Gebäude jährlich überprüft werden. Das minimiert nicht nur das Risiko von Erkrankungen sondern auch von anderen Problemen. Unterlässt man die Kontrollen kann z.B. ein Mieter oder Gast auch eine Wertminderung geltend machen.

Nicht nur im Warmwasser lauern Bakterien, auch Kaltwasserleitungen können Keime enthalten.

Natürlich. Wasser ist Leben und enthält natürlich ein breites Spektrum von Mikroorganismen. Wasserleitungen sind also immer besiedelt, man bezeichnet den Bakterienüberzug der Leitung auch als Biofilm. Das ist normal. Die Zusammensetzung des Biofilms hängt von der Qualität des Wassers, der Entnahmefrequenz und der Temperatur in der Leitung ab. Bei hohen Temperaturen vermehren sich Legionellen und Pseudomonaden, im kalten Wasser finden wir eher coliforme Bakterien („Fäkalkeime“) und Sporenbildner, wobei Pseudomonaden in jedem System vorkommen können. Ist das Wasser verunreinigt, liegt das Problem bei den Kaltwassersystemen meist bei der Quellfassung oder bei den Wasserhähnen, nur ganz selten ist die Betriebstemperatur ein Problem.

Gernot Walder und Alexandra Knorr fokussieren sich im höchstgelegenen infektiologischen Labor Österreichs verstärkt auf Wasseranalytik. Ein ebenso spannendes wie relevantes Fachgebiet. Foto: Expa/Groder

Pseudomonaden sind immer wieder mal Thema. Wie gefährlich sind denn diese Bakterien? Wer sollte besonders vorsichtig sein? 

Pseudomonaden sind extrem anspruchslos, vermehren sich bei entsprechender Anpassung zwischen 4-50°C und können jede Oberfläche besiedeln. Sie sind sowohl ein technisches als auch ein medizinisches Problem: Ein technisches, weil sie die Entwicklung von Biofilmen beschleunigen und Leitungen beschädigen, indem sie z.B. Eisen mobilisieren, ein medizinisches, weil sie gegen viele Antibiotika resistent sind und eine Reihe von Infektionen verursachen können: Langwierige Infektionen der Atemwege durch Pseudomonaden (chronische Bronchitis) kommen öfters vor und können vor allem bei Menschen mit einer vorgeschädigten Lunge einen gefährlichen Verlauf nehmen.

Problematisch sind sie auch, wenn sie Wunden infizieren. Alte Menschen mit chronischen Ulcera (= tiefreichender Gewebeschaden an Haut oder Schleimhaut), die immer wieder infiziert sind und schlecht heilen, sollten daran denken. Alte Personen, Kleinkinder und Personen mit eingeschränktem Immunsystem sind auch hier besonders anfällig. Allerdings sind Pseudomonaden nicht nur für den Menschen ein Problem: Auch die Weichfäule bei Pflanzen kann von diesen Bakterien verursacht werden.

Die österreichische Norm sieht vor, dass jedes Warmwassersystem kontrolliert werden muss.

Gernot Walder, Virologe

Laufen Kaltwassertests genauso ab wie Warmwasseruntersuchungen?

Nein, da schwerpunktmäßig nach anderen Keimen gesucht wird. Beim Kaltwasser sind das vor allem coliforme Keime, beim Warmwasser Legionellen und Pseudomonaden.

Kann man selbst Wasser in einem sauberen Gefäß sammeln und zum Testen zu euch bringen?

Theoretisch ja, „sauber“ reicht allerdings nicht, das Gefäß muss steril sein. Um einen guten Befund zu erstellen, benötigen wir auch genaue Temperaturmessungen und den Safety-Score der Entnahmestelle. Selbst gezogene Proben haben auch nur eingeschränkte Beweiskraft, da niemand überprüfen kann, welches Wasser tatsächlich eingesandt wurde. Praktisch ist es also einfacher, die Probe von einem Mitglied unseres Hygieneteams ziehen zu lassen. Diese sind auch entsprechend geschult und zertifiziert.

Inwieweit sind denn die Installateure mit dieser Problematik vertraut? Sie sind ja eigentlich die gewerblichen Wasserprofis und sollten doch auch für hygienische Standards sorgen. 
 
Unsere Installationsbetriebe sind gut ausgebildet und arbeiten nach den Normen. Sie sind jedoch nur für die Errichtung der Anlagen zuständig, für den Betrieb ist der Eigentümer verantwortlich. Das Labor prüft in regelmäßigen Abständen ob alles in Ordnung ist oder ob sich etwas Bedenkliches angesiedelt hat. Das ist ähnlich wie beim Auto: Der Hersteller liefert ein funktionierendes Modell, die Werkstatt macht das Pickerl und schaut, wo der Zahn der Zeit genagt hat.

Was macht man denn bei einem Befund wenn durch eure Tests Legionellen, Pseudomonaden oder andere bedenkliche Keime nachgewiesen wurden?

Werden bei regelmäßigen Untersuchungen ungünstige Änderungen der bakteriellen Besiedlung oder technische Probleme festgestellt, können diese meist durch eine Änderung der Betriebsweise behoben werden. Bei einem Nachweis von Legionellen oder Pseudomonas aeruginosa muss das System saniert werden. Das erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Installationsbetrieb und ist meist ohne großen Aufwand durchführbar. Eine Sanierung erfolgt meist thermisch, wenn das nicht gelingt durch chemische Maßnahmen. Technische Eingriffe oder ein Leitungstausch sind eigentlich nie erforderlich.

Wie kann man denn am besten Verunreinigungen vermeiden? Was sind vorbeugende Maßnahmen bei Warm- und Kaltwasser, die unsere Gesundheit schützen?

Um eine Verunreinigung mit Fäkalkeimen zu vermeiden, sollten Quellen fachgerecht und möglichst tief (mindestens 3-4 m unter der Oberfläche) gefasst werden, idealerweise nicht unter einer gedüngten oder bestoßenen Wiese und nicht im Bereich von Versickerungen. Ein Eintrag von Pseudomonaden, Legionellen und anderen Teilen der Boden- und Wasserflora lässt sich nicht verhindern, Wasser ist nicht steril. Die Entwicklung kritischer Biofilme verhindert man am besten, wenn die Temperatur des Kaltwassersystems deutlich unter 15°C, des Warmwassersystems deutlich über 55°C liegt.

Die Rohrleitungen, besonders die Warmwasserleitungen sollten möglichst kurz sein, nicht zu viel Volumen haben und möglichst oft in Betrieb genommen werden – regelmäßiges Durchspülen reduziert den Bakterieneintrag aus aktivierbaren Biofilmen. Grundsätzlich muss die Wasserinstallation normgerecht geplant und ausgeführt werden – das sollte immer von einem Fachbetrieb gemacht werden. Der Installateur berät sie auch, wie sie Ihr System möglichst effizient betreiben können. Ob das gut funktioniert oder ob sich Probleme abzeichnen zeigen dann regelmäßige mikrobiologische Untersuchungen.


Mehr Informationen zu Wassertest in Osttirol.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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