Dr. Gernot Walder und sein Team beobachten im Labor in Außervillgraten nicht nur die Entwicklung und Verbreitung von SARS-CoV2, sondern auch aller anderen Infektionskrankheiten. Hinsichtlich des „klassischen“ Coronavirus geben die Expert:innen Entwarnung, die infektiologische Lage nähere sich einem „postpandemischen Bild“ an, erklärt Gernot Walder.
So zeige ein Blick auf einhundert genau abgeklärte Infektionen der oberen Atemwege seit dem 1. Oktober 2022 eine zunehmende Normalisierung des Infektionsgeschehens: 43,8 Prozent der Infektionen waren durch Bakterien verursacht, überwiegend durch Streptokokken, Staphylokokken und – mit einigem Abstand – gramnegative Erreger wie Klebsiella pneumoniae.
20,8 Prozent waren auf Entero- und Rhinoviren zurückzuführen. Diese seien derzeit der häufigste Grund für krankenhauspflichtige Infektionen der oberen Atemwege, erklärt Walder. Die Inzidenz der Entero- und Rhinoviren sei seit September annährend konstant, sollte aber in den nächsten Wochen zurückgehen.
SARS-CoV2 war für 10,4 Prozent der vom Labor untersuchten Fälle verantwortlich, die Tendenz sei seit einem Monat stark rückläufig. Allerdings sei die genetische Varianz der in Osttirol nachgewiesenen Coronaviren erstaunlich groß: „Zwar sind alle sequenzierten Stämme aus Osttirol der Variante Omikron BA.5 zuzuordnen, es wurden aber acht Subtypen identifiziert“, erklärt der Virologe. Die hohe Varianz bestätige abermals, dass im Bezirk Lienz Coronainfektionen meist von außerhalb eingeschleppt werden.
Mit acht Prozent folgen Parainfluenzaviren, Adenoviren mit 7,3 Prozent und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) mit 6,25 Prozent. Letzteres war im Herbst 2021 vor allem bei Volksschulkindern weit verbreitet. Die Inzidenz sei in diesem Jahr gering, was der starken Vorsaison und dem warmen Herbst geschuldet sei. Walder rechnet mit einer Zunahme in den nächsten Wochen, wobei die Zahlen des Vorjahres wohl nicht erreicht werden.
Was bedeutet das für die Wintersaison?
Auf Grundlage dieser Zahlen meint Walder: „SARS-CoV2, das Coronavirus, wird uns weiterhin begleiten, es nimmt allerdings keinen zentralen Platz im Infektionsgeschehen mehr ein. Es spricht alles für einen aus infektiologischer Sicht ‚normalen‘ Winter ohne weitreichende Restriktionsmaßnahmen.“
Indes wurde früher als erwartet in Osttirol bzw. Oberkärnten der erste Influenzafall nachgewiesen. Es handelt sich um eine Infektion mit dem Influenza-A-Virus-H1N1V, einem Nachkömmling jenes Stammes, der im Jahr 2009 als „Schweinegrippe“ bekannt wurde.
Impfen lassen sollte sich jeder, der in den nächsten Monaten keinen einwöchigen Krankenstand riskieren möchte.
Gernot Walder, Virologe
Walder empfiehlt daher, über eine Influenza- oder Pneumokokkenimpfung nachzudenken: „Noch ist es sinnvoll, sich impfen zu lassen. Die Impfung reduziert das Erkrankungsrisiko deutlich und beugt schweren Verläufen vor“, erklärt der Virologe. Alte Menschen, Personen mit eingeschränktem Immunsystem und Angehörige von Gesundheitsberufen profitieren besonders davon, „grundsätzlich aber jede:r, der oder die mit vielen Leuten in Kontakt kommt und in den nächsten Monaten keinen einwöchigen Krankenstand riskieren möchte“, so Walder.
Er plädiert dafür, das Infektionsgeschehen weiterhin ernstzunehmen: „Wer symptomatisch ist, sollte einen Arzt aufsuchen und das Infektionsrisiko für seine Umgebung möglichst gering halten – wenn erforderlich durch Krankenstand, ansonsten durch Abstand, gute Händehygiene und – besonders bei produktiven Infektionen – durch korrektes Tragen einer gut dichtenden Maske.“ Dass symptomatische Personen Menschenansammlungen vermeiden und keinesfalls Tätigkeiten an Patient:innen ausüben sollen, verstehe sich von selbst, schließt der Experte.
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