Rektorin der TU Wien warnt vor Zahlungsunfähigkeit
Ab Mitte Dezember will die TU einen Monat schließen. Opposition kritisiert Hochschulpolitik der Regierung.
Die Technische Universität (TU) Wien steuert nach den Worten ihrer Rektorin Sabine Seidler auf die Zahlungsunfähigkeit zu. "Nicht weil wir über unsere Verhältnisse gelebt oder schlecht gewirtschaftet haben", betonte Seidler anlässlich eines Protesttags an ihrer Uni bei einer Pressekonferenz. "Die äußeren Rahmenbedingungen haben sich drastisch geändert", verwies sie auf Inflation, steigende Energiepreise und anstehende Lohnerhöhungen.
Mit dem von allen universitären Gruppen unterstützten Aktionstag soll auf die aktuelle Finanzsituation der Hochschule aufmerksam gemacht werden. Unter anderem wurden am Vormittag rund um die TU im Resselpark und Umgebung öffentliche Lehrveranstaltungen abgehalten. Anschließend zog ein Demozug über den Ring und holte beim Heldenplatz Studierende anderer Hochschulen ab, um anschließend zum Bildungsministerium zu wandern. Nach Angaben der Veranstalter waren dabei zwischendurch bis zu 9.000 Personen unterwegs, bei der Abschlusskundgebung am Minoritenplatz waren es dann einige Hundert.
Als Vorsitzende der Universitätenkonferenz (uniko) hatte Seidler zuletzt aufgrund der Teuerung eine Aufstockung des Uni-Budgets um 1,2 Mrd. Euro bis 2024 gefordert. Im Budget ist nur eine Erhöhung um 500 Mio. Euro vorgesehen.
Auf die TU kommen nach dieser Rechnung etwa wegen gestiegener Heiz- und Strompreise, Mietenerhöhungen, KV-Abschlüsse und höheren Kosten etwa für Kleingeräte Mehrkosten von rund 170 Mio. Euro zu, von denen durch das geplante Budgetplus nur rund 60 Mio. Euro abgedeckt sind. Allein die Zusatzaufwendungen im Energiebereich würden sich auf rund 90 Mio. Euro in den kommenden beiden Jahren summieren. "Können Sie sich die TU ohne Labors vorstellen?", so Seidler.
Zwar habe Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zuletzt zugesichert, sich um zusätzliche Mittel zu bemühen, meinte Seidler. Aber: "Es geht nicht darum, sich zu bemühen, sondern darum Lösungen zu erarbeiten." Erneut forderte sie einen "Krisengipfel". Unterstützung erhielt Seidler von ihrem designierten Nachfolger Jens Schneider (ab Oktober 2023) sowie Vertretern der Lehrenden und Studierenden.
Für Mitte Dezember bereitet die TU eine einmonatige Schließung vor. In dieser Zeit, in die auch die zweiwöchigen Weihnachtsferien (23. Dezember bis 8. Jänner) fallen, könnten Lehrveranstaltungen nur online stattfinden und in den Labors nur jene Geräte laufen, die nicht abgedreht werden können, so die Rektorin in der "Presse" (online). "Meine Hoffnung ist, dass wir das nicht brauchen."
Im Bildungsministerium verwies man auf APA-Anfrage auf die laufenden Gespräche mit der uniko. Änderungen beim anstehenden Budget schloss man dabei erneut aus. Gleichzeitig könnte es aber Entlastungen bei Ausgabenposten wie Miete oder Energie geben - außerdem beobachte man die Lohnverhandlungen und könne gegebenenfalls nach deren Abschluss reagieren.
Der Vorsitzende der HochschülerInnenschaft an der TU, Simon Los, befürchtete ohne zusätzliche Mittel eine Rückkehr ins Distance Learning. Senats-Vorsitzender Norbert Pfeifer wiederum warnte davor, dass die Nichtnachbesetzung von Stellen zum Ausfall von Lehrveranstaltungen bzw. zu Massenübungen statt Kleingruppen führen würde. Ohne Zusatzbudget werde es nur theoretische Lehre im Hörsaal geben, weil der Betrieb der Instrumente zu teuer werde. Viele für den Uni-Betrieb nötige Geräte würden sich auch nicht so ohne weiteres vorübergehend abschalten lassen.
Unterstützt wird der Protest von der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) sowie zahlreichen HochschülerInnenschaften bzw. Belegschaftsvertretern an einzelnen Unis. Laut den Betriebsräten, mehreren Fakultätsvertretungen und dem Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) würden "selbst bei der vom Ministerium angebotenen inflationsbedingten Aufstockung momentan noch immer rund 17 Mio. Euro" fehlen, um den regulären Betrieb aufrechterhalten zu können. Man appelliere daher an Polaschek, "die fehlenden finanziellen Mittel sicherzustellen". Während dem Institute of Digital Sciences Austria (IDSA), "einem politischen Prestigeprojekt ohne inhaltlichem Fundament", mehrere Millionen Euro aus der Ministerreserve zur Verfügung gestellt würden, müssten die öffentlichen Unis angesichts der Inflation und der gestiegenen Energiepreise "um jeden Euro kämpfen".
Auch die SPÖ und die NEOS üben Kritik am für sie zu geringen Hochschulbudget. "Dieses Hochschulbudget garantiert geradezu das Eintreten sämtlicher Horrorszenarien für die Universitäten", meinte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. "Die Proteste der Universitäten sind ein weiterer Beweis dafür, wie zukunftsvergessen die Regierung Budgets erstellt - ohne an die kommenden Generationen zu denken", so ihr NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre.
14 Postings
Das einfachste ist die Einführung von Studiengebühren und wenn es gute Studenten inen gibt die ihr Studium in der vorgeschrieben Zeit abschließen sollten sie das Geld als Starthilfe für ihren Beruf zurück bekommen.Und alle anderen die Jahre lang studieren und genug Zeit haben zu Demos zu gehen die sollten anständig zahlen und schon haben alle Unis genug Geld.Und sicher sind dann auch weniger Deutsche da die unsere Uni ausnützen und dann das in Österreich gelernte in Deutschland ausüben.
Ich stehe gerade im Neuen Institutsgebäude der Universität Wien. Da steht folgendes groß an der Wand: Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Artikel 17 des Staatsgrundgesetzes.
Korrektur: Folgendes gehört natürlich groß.
Von "gratis" steht da aber nichts.
Elite - Uni Forschungsleistungen der Hochschule
Unter einer Spitzenuniversität versteht man eine Universität, die sich durch die herausragende Qualität ihrer Wissenschaftspflege auszeichnet. Spitzenuniversitäten bringen eine hohe Anzahl an Wissenschaftspreisträgern hervor, stehen für eine exzellente Lehrausbildung, sind finanziell gut ausgestattet, erscheinen auf den oberen Listenplätzen von Hochschulranglisten, werden in internationalen Fachzeitschriften zitiert und/oder arbeiten an innovativen Forschungserkenntnissen.
@Johannes Url, Sie waren offenbar noch nie dort.
Mal schauen wie Deutschland die Studenten aus Österreich los wird , rein in Zahlen und Anteil der Bevölkerung studieren 3 mal so viele Österreicher in Deutschland wie Deutsche in Österreich .
Alleine an der LMU studieren 500 Österreicher , eine Elite Universität und unter die Top 50 der Welt . Nach der ETH Zürich, die beste im deutsch sprachigen Raum .
Es liegt nicht an den Studiengebühren , das deutsche in Österreich studieren .
"Elite Universität" "Top 50 der Welt" mit welchen Maßstäben wird da gemessen? Würde mich wirklich interessieren.
Haben diese Unis mehr öffentliches Geld zur Verfügung oder ist eine Elite Uni eine Uni wo Studenten sind deren Eltern sichs leisten können und daher mehr Geld haben?
@Migranten Kind Nur so nebenbei: Wenn ich richtig informiert bin, erhebt die LMU auch keine Studiengebühren und den letzten Nobelpreisträger gab es dort 2007.
Wichtig ist, dass das, was Universitäten wirklich schadet, Bildungsfeindlichkeit ist. Das betrifft Regierungen, die Universitäten nicht mit genügend Geld ausstatten und Leute, die monetär schlechter gestellten Personen den Zugang zu zu selbigen verwehren wollen, gleichermaßen.
@Pichler: mir ging es nur um das andauernde Deutsche bashing . In Europa darf jeder Studieren wo er will, wenn die Voraussetzungen stimmen . Dann nehmen wir die TU München , 2017 letzter Nobelpreis und fix a top Universität. Wimmelt es auch von Österreicher . Beschwert sich kein Mensch in München , da weltoffen und tolerant .
Die TU Wien hat ca. 25000 inskribierte Studierende. Bei eingeführten Studiengebühren würden wohl einige "Mitbeleger" einfach aufhören, die Studiengebühren sind zur Zeit bei ca. 360€ pro Semester wenn eine Semestertoleranz überschritten wurde.
Um die aktuellen Mehrkosten von 170 Millionen zu tragen müssten die Studierenden also ca. 7000€ Gebühren im Jahr zahlen. Das hält einen Großteil der weniger priviligierten jungen Erwachsenen vom Studium ab, in einem Bereich (Technik, Naturwissenschaft) der für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Österreich von höchster Bedeutung ist und dessen Absolventen wohl großteils bis zur Pension Nettosteuerzahler sind.
Noch ein Vergleich um die Größenordnung aufzuzeigen - der DOPPELTE Betrag (ca. 300 Millionen) wurde der AUA, einem privaten Konzern, als "Coronahilfe" überwiesen, aber für Bildung und Forschung soll kein Geld da sein? Das halte ich für sehr kurzfristig gedacht.
Nur um einigen Missverständnissen vorzubeugen: "Eliteuniversitäten" wie die LMU führen diesen Titel aufgrund herausragender Forschungsleistungen, nicht wegen der Leistbarkeit für Studierende. Zur Vermischung von "gratis" und "frei": Der Sozialpsychologe Harald Welzer hat im Gespräch mit Gregor Gysi vorgeschlagen, Schichten, die mit Schulen und Universitäten ihre Schwierigkeiten haben, nicht als "bildungsfern", sondern als "arm" zu bezeichnen. Wo der Zugang durch hohe Gebühren erschwert wird, sind Wissenschaft und Lehre tatsächlich nicht frei.
Counter proposal; 50% des EU Agrarbudget in koordinierte Grundlagenforschung; würde mit Sicherheit gleich do well zwei "Problemfeldern".
Während Millionäre, Liftkaiser und andere in Österreich Hunderttausende an Corona-Hilfen bekommen, wird bei Bildung gespart. Die Prioritäten in Österreich sind wohl ziemlich klar.
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