Der jüngste Bericht zur Lage der Weltvögel zeichnet das bisher besorgniserregendste Bild für die Zukunft unserer Vogelarten und damit des gesamten Lebens auf der Erde. Fast die Hälfte aller Vogelarten ist rückläufig. Jede achte Art ist derzeit vom Aussterben bedroht. Der Bericht wird alle vier Jahre von BirdLife International veröffentlicht und fasst zusammen, was Vögel uns über den Zustand der Natur erzählen.
Eine notwendige Maßnahme besteht darin, die für die biologische Vielfalt entscheidenden Gebiete wirksam zu erhalten und zu schützen. „Vögel sind ein Indikator für die Gesundheit unserer Umwelt. Doch wir ignorieren ihre Botschaften“, warnt etwa Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich.
Alex Müller vom Verein „ProRing Osttirol“ hat es sich schon vor drei Jahren zur Aufgabe gemacht, den Vögeln trotz veränderter Bedingungen eine Möglichkeit zum Brüten zu geben. Über 70 Nistkästen hat der Vogelschützer seither gebastelt und in einem Waldstreifen bei Dölsach montiert. „In unserer strukturarmen Kulturlandschaft finden die Tiere kaum noch geeignete Nistmöglichkeiten“, erzählt Müller. Sein Engagement birgt viele Vorteile. Neben einem Unterschlupf für die Vogelfamilien schafft Müller auch eine langfristige Datenreihe zu Brutvorkommen und Populationsentwicklung.
Der Osttiroler ist auf diesem Feld ein Pionier, sein „Vogelwald“ ist der erste inneralpine Standort in Österreich, der mit Nistkästen arbeitet. Außerdem beringt Müller jeden Vogel, der in seine Hände flattert. Mit einer speziellen Genehmigung hängt er ihnen sanft eine kleine Aluminiummanschette um, die die Tiere identifizierbar macht. So können etwa Sichtungen im Ausland erfasst werden.
Zum mittlerweile dritten Mal rückte Müller heuer bis in den Sommer hinein wöchentlich aus, um die Kästen zu kontrollieren und die Bestände zu erfassen. Die Ergebnisse hat er nun ausgewertet. Sein Fazit: Auch in Osttirol wirken sich die klimabedingten Umwelteinflüsse auf die Vogelwelt aus. So macht etwa der massive Borkenkäferbefall nach den Wetterextremen der letzten Jahre nicht nur den Förstern zu schaffen, sondern auch der Tannenmeise.
Erstmals kam keine Tannenmeise angeflogen. In den Jahren zuvor hatte diese noch in den Nistkästen gebrütet. Laut Müller ist der Borkenkäfer daran Schuld: „Im Fichtenforst waren einige Bäume befallen, die mussten umgeschnitten werden.“ Die Tannenmeise fliegt liebend gerne gesunde Fichten an, weil sie in der Baumkrone Insekten und Spinnen findet. Mit den abgestorbenen Bäumen ist den Vögeln aber eine wichtige Futtergrundlage weggebrochen.
Doch Müller machte auch erfreuliche Beobachtungen. So gab es heuer zum ersten Mal mehrere Folgebruten bei den Kohlmeisen. Die ersten Eier der Brutsaison wurden am 1. April von einer Sumpfmeise und einem Kleiber im Auwald gelegt. Ein Kleiber, der 2020 in Dölsach als Jungtier beringt wurde, flog heuer in den Nistkasten zurück, um seine eigenen Eier auszubrüten. „Eine Kohlmeise, die hier geboren wurde, war ebenfalls wieder da“, freut sich Müller.
Am Debantbach waren erneut Wasseramseln zu Gast. Die vier Nestlinge hat Müller beringt und ihnen Namen gegeben. Ein Sprössling heißt Peter, ein anderer wurde nach dem Osttiroler Kajakklub benannt. „Die Wasseramsel ist ein wichtiger Bioindikator. Wenn man sie an einem Gewässer trifft, ist das ein gutes Zeichen“, so Müller.
Die Siebenschläfer beendeten ihren Winterschlaf wiederum einen Monat früher als noch im Vorjahr. Insgesamt wurden heuer 369 Vögel beringt, darunter 18 Altvögel und 351 Nestlinge. Seit 2020 hat Müller bereits über 760 Tiere markiert. Im Auwald waren in diesem Jahr 39 Nistkästen belegt. Im Fichtenforst wurden acht Nistkästen angenommen. Mit acht Wiederfängen – teilweise sogar im selben Nistkasten – wurde Müllers Einsatz von den Tieren belohnt.
„Trotz des verheerenden Zustandes unserer Natur geben uns Vögel Grund zur Hoffnung.“
Gábor Wichmann, BirdLife Österreich
Erste nennenswerte Erkenntnisse zur Populationsentwicklung erwartet Müller in ein bis zwei Jahren. Um die Biodiversitätskrise zu bekämpfen sei jedoch der Schutz bedeutender Lebensräume entscheidend. Die größte Bedrohung für die Vögel ist laut BirdLife neben dem Klimawandel die Ausbreitung der landwirtschaftlichen Flächen und deren intensivierte Nutzung. 73 Prozent aller bedrohten Arten leiden darunter. „Trotz des verheerenden Zustandes unserer Natur geben uns Vögel Grund zur Hoffnung“, so Wichmann von BirdLife. Denn: „Sie zeigen, dass mit effektivem Handeln Arten gerettet werden können und sich die Natur erholen kann.“
Ein Posting
Die Überschrift ist hier leider sehr unglücklich gewählt. Nicht die Borkenkäfer zerstören den Lebensraum der Vögel sondern wir Menschen - durch unsere über Jahrzehnte hinweg falsch bewirtschafteten (Monokulturen) und auf maximalen Ertrag ausgerichteten Forste. Nur geschwächte Bäume sind leichte Beute für Schädlinge! Durch fortschreitende Dezimierung der Artenvielfalt in allen Bereichen (Wald, Wiese, Gewässer....) rollen wir für einige schadhafte Arten den roten Teppich aus.
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