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Energiepreis: Die „Gesetze des Marktes“ haben versagt

Thomas Haidenberger fordert in einem Meinungsbeitrag einen raschen Eingriff der Politik.

Mit dem heutigen Tag hat der Marktpreis für Ökostrom eine "historische Marke" überschritten und liegt für das 4. Quartal 2022 bei 51,45 Cent/kWh. So hohe Preise gab es zuletzt in den Jahren, als Windkraft- und Photovoltaikanlagen noch in den Kinderschuhen gesteckt sind und die Gestehungskosten je kWh tasächlich in dieser Höhe lagen.

Die Grafik von der Website der E-Control veranschaulicht die Entwicklung des Marktpreises in den vergangenen Jahren.

Quelle: E-Controll

Was bedeuten hohe Marktpreise für Ökostrom? Sie sind erfreulich - für jene die erneuerbaren Strom erzeugen und einen Einspeisevertrag haben, dem der "Marktpreis für Ökostrom gemäß Ökostromgesetz" zugrunde liegt… sie werden derzeit für Pioniergeist und/ oder Weitsicht belohnt. Der Nachteil: Ein hoher Marktpreis kann die dringend nötige preisdämpfende Wirkung des aus erneuerbaren Quellen gewonnenen Stroms nicht sicherstellen. Die Gestehungskosten für erneuerbaren Strom sind in den letzten Jahren markant gefallen und auch durch die aktuelle Gaskrise kaum wieder angestiegen.

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine Studie des Fraunhofer-Instituts ISE in Freiburg zu den Gestehungskosten für erneuerbaren Strom. Hier der Link. Ein Klick lohnt sich. Die inzwischen rund zehnfach gestiegenen Preise für Gasstrom sind natürlich nicht abgebildet und Strom aus Wasserkraft fehlt in der Aufstellung des Fraunhofer-Instituts, wegen der in Deutschland fehlenden (mengenmäßigen) Relevanz.

Die gesetzliche Regelung, wie der "Marktpreis für Ökostrom" festgelegt wird, ist - wie das gesamte Strommarktdesign - durch die derzeitigen Verwerfungen am Gasmarkt nicht mehr zeitgemäß. Sie führt zu "Zufallsgewinnen" ungeahnten Ausmaßes in der Energiebranche. Das geht voll zu Lasten der Konsument*innen, weil dadurch direkt auch die Verbraucherpreise für Strom in astronomische Höhen steigen. Auf Umwegen führen die steigenden Energiepreise auch zur allgemeinen Teuerung, weil ja Energie praktisch in jedem Produktionsprozess eine Rolle spielt.

Grundsätzlich sind steigende Energiepreise eigentlich längst wünschenswert. Die bisherigen Preise haben durch verdeckte Förderungen und vor allem durch die fehlende Kostenwahrheit, was die Folgekosten des exzessiven Energieverbrauchs betrifft, längst nicht mehr die Realität abgebildet. Das hat auch dazu geführt, dass es nur geringe Anstrengungen um Energieeinsparung und effizientere Energieverwendung gab. Die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in Wärmedämmung, effizientere Geräte und andere Maßnahmen war schlicht nicht gegeben. Das aktuelle Ausmaß der Preissteigerung liegt jetzt leider weit jenseits eines "gesunden" Maßes.

Trotz des in Österreich im Vergleich schon sehr hohen Anteils an erneuerbarem Strom wird zugelassen, dass der Gaspreis voll auf den Strompreis durchschlagen kann. Das europaweit großteils gültige Prinzip "Merit Order", das die Preise für an der Börse gehandelten Strom automatisch auf das Niveau des teuersten Anteils festlegt, muss dringend hinterfragt und - zumindest zeitlich befristet - ausgesetzt werden.

Ein Blick auf die Strompreise in die Schweiz verdeutlicht, dass die dort praktizierte Preisbildung über einen gewichteten Durchschnittspreis der jeweiligen Strom-Anteile im Netz erfolgt. Das hat dort einen wesentlich geringeren Anstieg der Strompreise und damit eine Dämpfung der Teuerung gebracht. Eine wesentliche Entspannung der Situation könnte eine solche Regelung auch in anderen Staaten bringen .

Durch die internationale Verflechtung des Strommarktes werden allerdings auch in der Schweiz die Strompreise im kommenden Jahr deutlich ansteigen, (mit prognostizierten 27 Prozent, aber immer noch weniger als anderswo). Sobald ein Stromlieferant auf Einkäufe an der Strombörse angewiesen ist, kann das derzeit kaum vermieden werden. Dazu muss aber auch festgehalten werden, dass die Börsenpreise eine "theoretische Größe" sind. Wie theoretisch, das hängt davon ab, welchen Anteil des Stroms ein Anbieter an der Börse zukaufen muss. Ein hoher Anteil an Eigenerzeugung an der Gesamtmenge des gelieferten Stroms ist da ein großer Vorteil.

Mit dem "Strompreisdeckel" greift die Politik derzeit auf der falschen Ebene ein, nämlich erst nach der völlig aus den Fugen geratenen Preisbildung. Das ist aber kein Eingriff in den Markt, sondern ein halbherziger Versuch, etwas "hinten herum" zu regeln, was wirklich zu regeln gescheut wird. Die "Gesetze des Marktes" sind nicht mehr in der Lage, den Energiemarkt zu regeln, weil die Verzehnfachung des Großhandelspreises für Erdgas innerhalb eines Jahres in keinem Szenario abgebildet war. Der ökonomische Druck auf die Betriebe, Haushalte und die öffentliche Hand könnte auf ein unerträgliches Ausmaß steigen.

Je länger die Politik wichtige, aber über lange Zeit tabuisierte Eingriffe in den Markt noch hinausschiebt, desto stärker werden uns die gesellschaftlichen Verwerfungen treffen.

Thomas Haidenberger ist Lehrer und seit 28 Jahren in der Energieberatung tätig.

7 Postings

Senf
vor 2 Jahren

"Grundsätzlich sind steigende Energiepreise eigentlich längst wünschenswert. Die bisherigen Preise haben durch verdeckte Förderungen und vor allem durch die fehlende Kostenwahrheit, was die Folgekosten des exzessiven Energieverbrauchs betrifft, längst nicht mehr die Realität abgebildet".

ein interessanter, logischer und moderner satz, den die grünorientierte gruppierungen immer wieder aus dem zauberkistl holen, wenn die situation am markt kritisch ist. steigende energiepreise werden umgelegt, sie wirken sich auf die verteuerung der produkte und auch dienstleistung aus, die letztendlich der endverbraucher über die inflation zu stemmen hat und mit verzögerung dann wieder über lohnerhöhungen und sozialleistungen holt. ein teufelskreis, der letztendlich nur der energielobby hilft. die leidtragenden sind ein nicht unerheblicher anteil von menschen im staat, die sich schwertun und täglich um ihre esistenz bangen. da helfen auch die 500 euro "klimabonus" nicht weiter, die letztendlich im geldverkehrskreislauf die energiebosse über die energieverteuerung einsacken. toll, herr haidenberger.

als mensch mit respekt vor der natur denke ich, dass wir in den indiustrieländern unsere - ach so zivilisierten gesellschafterrungenschaften - längst einige gänge zurückschalten und entschleunigen müssen um den eneregieverbrauch auf diese art massiv zu reduzieren. leider sehe ich hier die zukunft düster, denn es gibt kaum vorbilder, am wenigsten unter den politisch grüngefärbten, die ja überwiegend aus der finanziell abgesicherten und gebildeten arbeitswelt unserer gesellschaft kommen und nur allzugerne sämtliche vorzüge der "moderne" auskosten. so meine erfahrung!

jemand, der zuhause übers jahr mit dem fahrrad zu arbeit fährt, um damit energie für seine jährlichen weltreisen mit dem flugzeug vorsorglich einsparen will, oder seine garderobe im jahr 70 mal wechselt, ist noch lange kein natur- oder umweltschützer.

 
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wolf_C
vor 2 Jahren

Die Politiker sind die Angestellten der Bosse

 
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karlheinz
vor 2 Jahren

Bei den Strompreisen regen sich die Grünen auf, aber bei den fossilen Brennstoffen und Spritpreisen wäre ihnen kein Preis zu hoch. Hoffentlich verschwinden diese bald von der politischen Landkarte.

 
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    isnitwahr
    vor 2 Jahren

    so ein Schmarrn...

     
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    miraculix
    vor 2 Jahren

    Aufregung habe ich in dem Leserbrief keine gefunden, eher sachlich fundierte Gedanken und Information. Wenn wir auf die Betroffenheit der Menschen von den hohen Preisen betrachten, dürfte doch der Strom eine größere Rolle spielen, als Treibstoff. Mir persönlich ist schon lieber, ich muss nicht aus Kostengründen auf Kühltruhe und Waschmaschine verzichten. Einkaufen kann ich auch mit dem Fahrrad ...

     
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    unholdenbank
    vor 2 Jahren

    Jaja, die bösen Grünen. Wollen saubere Luft, sauberes Wasser, bescheidenen Umgang mit den Naturressourcen. ehrliche Lebensmittel, kein Gift am Acker. So ane Falottn ! Da lobt man sich doch die Betonierer, Pflanzengiftler, Massentierhalter, Kriegstreiber, Ausbeuter, sakkra no amol.

     
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      Senf
      vor 2 Jahren

      unholder: wollen die grünen das wirklich und sind sie tatsächlich so bescheiden im umgang mit den naturressourcen.

      die wahren grünen sind doch die, die sich nichts leisten können. keine reisen, keine suv, keine luxuswohnungen. kein e-bikes, keinen sport ... sie begnügen sich mit wenig und sind daher auch sicher zufriedener.

      naturzerstörung geht doch immer mit geld, macht und reichtum einher, denn naturzerstörung kostet ja auch geld. viel geld!

      schon mal drüber nachgedacht?

       
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