Lebhafte „Elefantenrunde“ ohne Überraschungen
Teuerung, Energie und Transit waren Themen, ebenso wie mögliche und unmögliche Koalitionsvarianten.
Fünf Tage vor der Tiroler Landtagswahl haben die Spitzenkandidaten Dienstagabend in der "Elefantenrunde" im ORF-Fernsehen lebhaft die Klingen gekreuzt. Inhaltlich wurden großteils bekannte Positionen ausgetauscht, große neue Ansagen blieben aus. ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle wollte weiter keine Schmerzgrenze für einen Rücktritt definieren. SPÖ-Chef Georg Dornauer meinte in Richtung Mattle, dass hinter dessen Rücken "bereits an Schwarz-Blau geschmiedet" werde.
"Aber ohne Anton Mattle", fügte Dornauer, zum ÖVP-Obmann blickend, hinzu. Mattle hatte im Wahlkampf eine Koalition der Volkspartei mit der FPÖ unter Spitzenkandidat Markus Abwerzger ausgeschlossen. Abwerzger meinte auf die Frage, ob tatsächlich bereits "mit der zweiten Reihe" in der ÖVP an einer Zweierkoalition gebastelt werde, dass es mit allen Parteien Gespräche gebe, aber "nicht über Koalitionsvarianten". Die FPÖ grenze niemanden aus, die "Ausgrenzung" der ÖVP durch Mattle bröckle ohnehin, meinte der FPÖ-Chef und nannte Staatssekretär Florian Tursky als Beispiel. Dieser hatte kürzlich die Absage an die FPÖ nicht bewerten wollen.
Mattle beteuerte, angesprochen auf mögliche Konsequenzen im Fall eines ÖVP-Debakels am 25. September, dass er "auch in schwierigen Zeiten Verantwortung tragen" werde. Erfolge und Niederlagen hätten "verschiedene Väter und Mütter", aber: "In schwierigen Zeiten übernimmt der Toni Mattle Verantwortung." Sein persönliches Empfinden im Wahlkampf sei, dass man bei den Menschen ankomme. "Ich sehe eine große Chance, dass wir den '30er' gut schaffen werden", ging Mattle einmal mehr von einem Ergebnis über 30 Prozent aus. Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2018 hatte die ÖVP noch 44,26 Prozent eingefahren.
Dornauer blieb indes bei seiner Linie, eine Zweierkoalition mit der ÖVP anzustreben und sich gegen Dreier- oder Vierervarianten auszusprechen. Er sei der festen Meinung, dass "die zwei größten Parteien im Land regieren" sollen. Alles andere würde "Minimalkompromisse" bedeuten. Abwerzger ging seinerseits von einem "politischen Erdbeben" aus, das "bis zum Ballhausplatz" spürbar sein werde. "Ich stelle den Führungsanspruch", erklärte der blaue selbsternannte "Landeshauptmannkandidat".
Grünen-Spitzenkandidat Gebi Mair, Noch-Koalitionspartner der ÖVP, zeigte sich davon überzeugt, dass sich die politischen Machtverhältnisse in Tirol "neu ordnen" werden. Alles sei möglich, eine Dreierkoalition mit der Volkspartei ebenso wie eine Viererkoalition ohne die ÖVP. Mair griff die Schwarzen teilweise scharf an, etwa in der Frage der Corona-Hilfsgelder an die "Jungbauernschaft/Landjugend". Zuvor hatte Mattle eine "Einflussnahme von Wien aus auf die Tiroler Landtagswahl" geortet. Das grüne Vizekanzleramt hatte nämlich eine Rückzahlung angeordnet.
Auch die anderen Parteienvertreter schossen sich in dieser Frage auf Mattle und die ÖVP ein. "Was einem nicht gehört, muss man zurückgeben. Das lernt man schon als kleines Kind", ließ Liste Fritz-Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider Mattle wissen. Die Liste Fritz-Frontfrau wollte sich unterdessen auf keine Koalitionsspiele vor der Wahl einlassen. Man sollte nicht schon "Posten verteilen". NEOS-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer, der vehement in eine Dreierkoalition drängt, nannte die Abschaffung der Tourismusabgabe als Bedingung für eine pinke Regierungsbeteiligung.
Ansonsten drehte sich die am "Report"-Sendeplatz österreichweit ausgestrahlte und von Susanne Schnabl und ORF Tirol-Chefredakteur Georg Laich geleitete Diskussion inhaltlich vor allem um Teuerung, Energie und Transit. In Sachen Teuerung verwies Mattle auf die geleisteten Unterstützungsmaßnahmen im Bundesland. Es werde "nicht möglich sein, dass Bund und Land alle finanziellen Schwierigkeiten abfedern", merkte er an. Man müsse darauf achten, dass man "keinen allzu großen Schuldenberg" hinterlasse, so der ÖVP-Obmann, der Tirol als ein Land der Vollbeschäftigung pries, in der die Jugend alle Chancen habe.
Während sich Dornauer unter anderem für einen Energiepreisdeckel aussprach, für den der künftige Landeshauptmann in Wien und Brüssel zu lobbyieren habe, kritisierte Abwerzger, dass der landeseigene Energieversorger Tiwag Millionen erwirtschafte und nichts davon weitergebe. Zudem sprach sich der FPÖ-Obmann für ein Ende der Russland-Sanktionen aus. Solche Sanktionen hätten noch nie etwas bewirkt.
Grünen Spitzenkandidat Mair plädierte für "Akuthilfen" und dafür, die Ursachen für die Teuerung anzugehen: Nämlich die Abhängigkeit von Öl und Gas sowie die Spekulation. Zudem attackierte er einmal mehr die Tiwag und deren Führung durch die ÖVP über Jahrzehnte bzw. dass zu wenig auf erneuerbare Energien gesetzt worden sei. Bei der Tiwag seien "Verfehlungen" passiert, es gelte dieser eine andere Richtung zu geben.
Oberhofer sprach sich für eine Einkommensteuersenkung um neun Prozent aus. Hilfe gegen die Teuerung sollten vor allem jene 32.000 Menschen erhalten, die dieser wirklich bedürfen, darunter "16.000 Working Poor". Die Hälfte der 16 Millionen Euro an Parteienförderung in Tirol im Jahr sollte diesen zugute kommen. Haselwanter-Schneider trat unter anderem für einen "Kassasturz" ein. Man müsse schauen, "wie man beim Budget auf die neue Situation reagieren kann". Dem NEOS-Vorschlag mit der Parteienförderung konnte sie nichts abgewinnen. Man sollte nicht von einem Spender abhängig sein wie die Pinken.
In Sachen Transit wurde die bisherige schwarz-grüne Regierung kritisiert, die die Halbierung der Lkw-Zahlen auf eine Million pro Jahr versprochen, aber nicht gehalten habe. Dornauer ortete ein "Totalversagen", setzte auf politische Gespräche mit "Brüssel, Rom, Berlin und Wien" und brachte erneut die Evaluierung von bisherigen Maßnahmen ins Spiel. Abwerzger will ebenfalls Verbündete gewinnen und, wenn alles nichts mehr nützt, dann Kampfmaßnahmen wie eine Autobahnblockade angehen. Mair sprach sich für durchgehende Lkw-Dosierungen aus sowie eine Lkw-Obergrenze und geißelte die anderen "Parteienfamilien", dass sie im EU-Parlament im Zuge der Wegekostenrichtlinie gegen die Interessen Tirols gestimmt hätten - was ihm einen lautstarken Widerspruch Oberhofers einbrachte. Der Pinke sah kein Patentrezept und setzte auf die schnellstmögliche Fertigstellung des Brennerbasistunnels, während sich Haselwanter-Schneider für ein Slot-System mit einer bestimmten Anzahl an Durchfahrgenehmigungen aussprach. Mattle kam bei dem Thema nicht zu Wort.
Ein Posting
GESPRÄCHE FINDEN IM HINTERGRUND SCHON STATT, es wird an einer SCHWARZ BLAUEN Koalation gebastelt.!!!
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