Daran, dass wir täglich vor frisch gefüllten Milchregalen stehen, hat auch Elisabeth Hackl großen Anteil. Ihr Vater betreibt jenes Transportunternehmen, das sämtliche Milchbauern in Osttirol um ihr „weißes Gold“ erleichtert, um es dann in großen Tankwägen in die Tirol Milch-Molkerei nach Wörgl zu liefern. Auch Hackls ältere Schwester und ihr großer Bruder gehen nebenberuflich mit dem Milchtransporter auf Tour. Der 26-Jährigen wurde die Leidenschaft fürs Lkw-Fahren also in die Wiege gelegt.
„Schon mit 18 Jahren hat mir mein Vater vorgeschlagen, den Lkw-Führerschein zu machen. Ich habe nicht gezögert“, erzählt die Brummi-Lenkerin, während sie bei einer Tankstelle in Lienz die Zapfpistole in den wuchtigen Tank ihres Dienstwagens hält. Über 250 Liter schluckt der Milchlaster. Der an der Zapfsäule angezeigte Preis wirkt astronomisch. „Das ist schon ein Wahnsinn“, schluckt Hackl.
Mehr als der hohe Spritpreis überrascht manche Autofahrer die Frau am Lkw-Steuer. Doch skeptische Blicke an der Tankstelle bringen die Lesachtalerin nicht aus dem Konzept. Ob es für sie als junge Frau nicht schwer ist, sich in dieser Männerdomäne zu behaupten? „Gar nicht. Alle Fahrer, die ich in meinem Alltag treffe, sind hilfsbereit und freundlich. Generell drängen immer mehr Frauen in die Branche, das finde ich gut.“
Rund 15.000 bis 20.000 Liter Milch sammelt einer ihrer Kollegen täglich in den Morgenstunden ein, im Winter sogar noch mehr. Die 26-Jährige übernimmt den voll beladenen, 450 PS starken Transporter am Firmensitz in der Peggetz. „Der Laster wiegt dann um die 40 Tonnen. Das wirkt sich auf das Fahrverhalten aus. Es ist knifflig, macht aber jede Menge Spaß“, erzählt die begeisterte Bergsteigerin.
Doch nicht nur deswegen klemmt sich Hackl vier bis fünf Mal pro Woche hinters Lenkrad. Die 26-Jährige hat sich mit dem Job im Elternbetrieb ihr Studium finanziert. Die junge Truckerin ist angehende Krankenschwester. „Das kommt für viele doch überraschend“, lacht Hackl. Würde sie ihr Studium erst in diesem Jahr beginnen, bräuchte sie den Nebenjob aus finanzieller Sicht nicht.
Auszubildende im Pflegebereich bekommen mittlerweile 600 Euro pro Monat. Für Hackl kommt die Finanzspritze zu spät, sie hat das Studium vor wenigen Wochen abgeschlossen. „Das ist eine witzige Geschichte, aber es ist schon in Ordnung so“, meint Hackl, denn für sie war während der Ausbildung jede Fahrt mit dem Milchlaster der perfekte Ausgleich zum hektischen Alltag in den Kliniken.
Allzu oft wird sie aber nicht mehr über den Felbertauern tuckern. Ab Oktober wird die frischgebackene „Bachelorette“ als Krankenschwester in der Klinik in Spittal an der Drau arbeiten und den Platz im Lastwagen gegen einen Zugsessel tauschen. „Ich werde natürlich weiterhin daheim aushelfen“, sagt Hackl. Auf ihrem Handy startet sie ihre Lieblingsplaylist bei Spotify und lässt den Motor an. Augenblicke später ist sie unterwegs nach Wörgl.
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