„Ein gelungenes Leben startet mit einer gelungenen Bildung“, proklamiert die Partei der NEOS ihr Hauptthema, das sie sich wie die Grünen den Umweltaspekt, fest an die Fahnen geheftet hat. Anlässlich des Schulbeginns in Tirol macht die Bildungspartei auf einen Aspekt aufmerksam, der manchmal untergeht oder die Eltern von schulpflichtigen Kindern im Unklaren lässt: „Der Besuch der öffentlichen Pflichtschule ist für alle Schüler unentgeltlich, so steht es im Gesetz“, erklärt Johannes Margreiter, Rechtsanwalt und NEOS-Nationalratsabgeordneter: „Bildung soll private Haushalte nicht belasten.“
So ganz sei dieser Umstand aber nicht gegeben, erklärt Birgit Obermüller, gebürtige Oberlienzerin und Direktorin einer Volksschule in Kufstein: „Als Schulleiterin kenne ich die Kosten, die auf die Familien zum Schulstart zukommen.“ Neben den finanziellen Aufwänden für Hefte, Stifte, Schultaschen, etc. kommen auf die Familien Unkosten wie zum Beispiel Kopiergeld zu, es gilt die Klassenkasse zu füllen, Werkbeiträge zu bezahlen oder Beiträge für Schulveranstaltungen zu leisten: „Gerade für Familien mit zwei oder drei Kindern ist das ein enormer finanzieller Aufwand.“ Die erhöhte Familienbeihilfe im August dämpfe die Kosten nicht ausreichend ab.
Margreiter verweist darauf, dass aus rechtlicher Sicht gar nicht alle Kosten auf die Eltern übertragen werden dürfen: „Die Gemeinden sind Schulerhalter und müssen für Beamer, Kopierer und das notwendige Material dafür aufkommen. Ein Kopiergeld einzuheben ist unzulässig.“ Während bei Schulveranstaltungen Eintrittsgelder zulässig sind, müssen Kurse, die im Lehrplan verankert sind, wie zum Beispiel Schwimmkurse kostenlos sein. „Das gilt auch für die Fahrtkosten und Eintrittsgelder in die Bäder“, betont Birgit Obermüller.
Um Erziehungsberechtigte weiter zu entlasten, schwebt den Tiroler NEOS vor, auch die Schulhefte zentral einzukaufen: „Wie es damals in den 70er-Jahren mit der Einführung der Schulbuchaktion der Fall war, könnten wir uns vorstellen - wenn wir in Regierungsverantwortung kommen - dass wir allen Tiroler Pflichtschüler:innen die Schulhefte zur Verfügung stellen“, erklärt Obermüller, die bei der kommenden Landtagswahl auf Listenplatz 2 nach Dominik Oberhofer gereiht ist.
Die Kosten für die 55.000 Tiroler Pflichtschüler:innen würden sich dann auf etwa 5,5 Millionen Euro pro Jahr belaufen – kein großer Betrag für ein Land wie Tirol, so Obermüller. Finanzieren könne man das auch durch eine Reduktion der Parteienförderung: „Das Geld wäre im Bildungsbereich wesentlich nachhaltiger und zukunftsträchtiger angelegt als in Wahlplakaten“, wirft Margreiter ein.
Man wisse, dass Bildung in die Wiege gelegt wird und oft von der finanziellen Situation einer Familie abhängig sei. „Die Aufgabe der Politik ist es, allen Kindern die gleichen Chancen zu bieten – das geht weiter mit einer verlässlichen Kinderbetreuung, mit Ganztagesschulen, etc. Viele Dinge führen zu Chancengerechtigkeit und für uns wäre diese Art der Schulstarthilfe eine gute Möglichkeit in diese Richtung weiterzugehen“, so Obermüller.
Verpflichtende Vertragsraumordnung unzulässig
Margreiter erläutert indes auch die rechtliche Sicht einer anderen Thematik: Landesrat Josef Tratter (ÖVP) hat sich diese Woche für die verpflichtende Vertragsraumordnung ausgesprochen. „Das verwundert mich sehr, das ist ein alter Hut und verfassungsrechtlich unzulässig“, erklärt Margreiter. Eine Vertragsraumordnung sei nur auf freiwilliger Basis möglich.
Tratter meinte weiter, wenn eine obligatorische Vertragsraumordnung rechtlich nicht möglich sei, werde es an finanzielle Unterstützungen geknüpft, wie z.B. Bedarfszuweisungen. „Das halte ich für skandalös“, kommentiert Margreiter den Vorschlag. Der Gemeindeausgleichsfond habe die Aufgabe, reine „Schlafgemeinden“ mit geringeren Kommunalsteuereinnahmen zu unterstützen, und nicht, „Wohlverhalten in Bereich der Vertragsraumordnung zu belohnen oder zu bestrafen“.
Das Thema des leistbaren Wohnens müsse anders gelöst werden. Wichtig sei, dass ein Grundbestand an Wohnung da ist. In Tirol bräuchte es 75.000 Wohnungen, die zu sozialen Mieten vergeben werden, derzeit gibt es 40.000. Würde man diese Zahl erhöhen, wäre schon vieles entschärft, so Margreiter.
Angesichts der hohen Grundkosten in Tirol und der steigenden Baukosten werde es immer eine gewisse Differenz zwischen den Gestehungskosten und sozial kalkulierten Mieten geben. Nach Vorstellungen der NEOS solle man diese Differenz durch den Wohnbauförderungsbeitrag, den sowohl Dienstnehmer als auch Dienstgeber bezahlen, sowie den Rückflüssen aus den Darlehen ausgleichen: „Damit kommen in Tirol 300 Millionen Euro zusammen, die man zielgerichtet für den Ausgleich dieser Differenz verwenden könnte“, erklärt Margreiter abschließend.
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