Der energieintensive Winter wirft seine Schatten voraus. In die sich immer schneller drehende Preisspirale sind mittlerweile auch Tirols Skigebiete geraten. Erst vor wenigen Tagen „warnte“ Branchensprecher Franz Hörl (ÖVP) die Wintersportler. Die Teuerung werde sich auch bei den Skipässen bemerkbar machen, so Hörl.
Doch nicht viele Seilbahnbetreiber werden vor den Kunden die explodierenden Stromkosten als schwarzen Peter ausspielen können. Denn im Gespräch mit der APA merkte Hörl fast beiläufig an, dass Tirols Skigebiete „mehr oder weniger garantierte Preise“ hätten, weil mit der Tiwag Verträge bis Dezember 2023 geschlossen wurden. Die Stromteuerung schlägt auf den Pisten also nicht voll durch. Damit würde ein triftiger Grund für einen sprichwörtlichen Stromschlag an der Liftkassa wegfallen.
Die Tiwag, die das Gros der Tiroler Skigebiete mit Energie versorgt, dementiert auf Anfrage von dolomitenstadt.at eine solche Strompreisgarantie. „Es gibt keine allgemein gültigen branchenspezifischen Vereinbarungen“, so die Antwort des landeseigenen Energieversorgers. Nachgefragt in der Wirtschaftskammer, ergibt sich ein anderes Bild. Zwar spricht auch dort niemand von einer „branchenspezifischen Vereinbarung“, es wurde aber eine Lösung gefunden, die einem derartigen Abkommen sehr nahe kommt.
Die Kammer verhandelt unter Federführung ihrer Fachgruppe für Seilbahnen in regelmäßigen Abständen mit der Tiwag. Die dabei entstandenen Vertragsentwürfe bietet die Kammer dann den Seilbahnen an, die wiederum selbst entscheiden, ob sie Strom über Jahre zu festgelegten Konditionen einkaufen oder lieber auf Risiko spielen und auf börsengebundene Preise setzen.
Das letzte Mal wurde Ende 2020 bis Anfang 2021 verhandelt. Josef Ölhafen, Geschäftsführer der Seilbahn-Fachgruppe der Wirtschaftskammer, saß mit am Tisch. Rund 60 der etwa 80 Skigebiete Tirols hätten damals den Vertrag mit der Tiwag unterschrieben. Vereinbart wurden gewisse Einkaufsmodalitäten – darunter ein enges Preiskorsett, das vor einer spürbaren Steigerung schützt.
Die mit der Tiwag verhandelten „Musterverträge“ gelten nach Abschluss meist zwei bis drei Jahre. „Die aktuellen Verträge laufen Ende 2023 aus“, bestätigt Ölhafen. Jene Liftbetreiber, die das Angebot damals ausgeschlagen haben und auf variable Preise setzen, seien nun mit deutlich höheren Strompreisen konfrontiert. Einige Skigebiete sind hingegen mit anderen Versorgern einen Vertrag eingegangen – beispielsweise die Skigebiete im Paznaun mit den Illwerken.
Auch Osttiroler Skigebiete haben laut Ölhafen den mit der Tiwag verhandelten Vertrag unterschrieben. Auf Anfrage will der Vorstand der Lienzer Bergbahnen, Mario Tölderer, keine Details nennen, bestätigt aber einen Fixpreis, „der sich in einem gewissen Rahmen bewegt.“ Seitens der Schultz-Gruppe war dazu nichts zu erfragen. Auch die Tiwag mauert mit einem Stehsatz: „Mit gewerblichen und industriellen Kunden werden in der Regel Einzelverträge verhandelt, deren konkrete Inhalte werden aus wettbewerbs- und datenschutzrechtlichen Gründen nicht offengelegt.“
Zu den kolportierten Preiserhöhungen wollten sich die Osttiroler Liftbetreiber ebenfalls nicht äußern. Angesichts der stabilen Strompreise dürften die Betreiber einen Preissprung im Winter nicht primär mit den Energiekosten verteidigen. Vielmehr werde man die höheren Kosten für Skipässe auf die Inflation schieben, meint etwa Ölhafen: „So weit wir wissen, wird die Steigerung im Schnitt bei sechs bis sieben Prozent und damit unter der Inflationsrate liegen.“
Auch wenn den meisten Skigebieten bei den Strompreisen (noch) keine große Gefahr droht, könnte ihnen im kommenden Winter wortwörtlich der Saft ausgehen. Laut Ölhafen gibt die Tiwag keine Versorgungsgarantie ab. Das habe der Energiekonzern der WK-Fachgruppe mitgeteilt: „Sie wissen selbst nicht mehr als wir. Es gibt keine Garantie, weil es sein könnte, dass Anweisungen des Landes oder des Bundes kommen.“
Das wäre etwa der Fall, wenn gewisse Branchen oder Bereiche wegen Energieknappheit nicht mehr oder in geringerem Ausmaß beliefert werden. Pro Jahr benötigen alle Tiroler Skigebiete laut Ölhafen etwa 350 Gigawattstunden Strom. Der gesamte Stromverbrauch Österreichs lag im Jahr 2020 laut Statista bei rund 70,3 Terawattstunden.
Ein Drittel ihres Verbrauchs, also rund 100 Gigawattstunden, fressen die Skiressorts in Tirol alleine während der intensiven Erstbeschneiung. „In dieser Phase brauchen wir viel Strom“, weiß Ölhafen. Das Worst-case-Szenario tritt immer dann ein, wenn warme Temperaturen die Schneekanonen lahmlegen und diese erst Mitte Dezember aus allen Rohren schießen. Dann hängen nämlich Kanonen, Lanzen und der Skibetrieb gleichzeitig am Netz.
10 Postings
Die Datenschutzgrundverordnung als Begründung für Intransparenz bürgert sich in Österreich immer stärker ein. Warum sollte da der Strompreis für Großkunden eine Ausnahme sein?
Die Konsument*innen, die sich keinen Sondervertrag aushandeln können und auch, anders als Großbetriebe, mit allen Ökostrom-Zulagen und Förderbeiträgen belastet werden, zahlen für die großen mit.
In Zusammenhang mit Sondervereinbarungen für Großkunden besonders interessant: In den Tiroler Städten, die über ihre Stadtwerke auch die Stromversorgung anbieten, bekommt man derzeit kein Angebot des Landesenergieversorgers TIWAG für eine Belieferung mit Strom. Das, obwohl in Kufstein, Kitzbühel, Wörgl, Schwaz, Hall i. T., Imst, ... die Strompreise deutlich über dem der TIWAG liegen und sicher viele Kund*innen wechseln würden, wenn sie könnten.
Viele Jahre hat das auch niemanden gestört, weil die Preise identisch waren, das ist derzeit nur mehr in Innsbruck so. Mit den Turbulenzen am Energiemarkt hat sich das in den letzten Monaten stark verändert. Alle Stromlieferanten, die an der Börse zukaufen müssen, sehen sich mit dramatischen Preisanstiegen konfrontiert, die an die Kund*innen weiterverrechnet werden (müssen). Die Strommarktliberalisierung funktioniert damit nicht wirklich: Kunden dürfen zwar ihren Lieferanten wählen, die gewünschten Lieferanten müssen aber nicht anbieten.
Es wird immer offensichtlicher warum die Politik der TIWAG unser Wasser gibt.
Bitte um Erklärung, wie man bei uns sauberer elektrische Energie herstellen kann, als mit Wasserkraft! Beispiele sind etwa Tassenbach - Amlach, die Kraftwerke im Villgratental (wer bemerkt da heute, dass ein Teil des Wassers zur Energiegewinnung genutzt wird?), die E-Werke in Assling ....
Frag mal Leute von der BOKU, was da mit den Flüssen geschieht.
Im Grunde eine unternehmerisch clevere und auch begrüßenswerte Initiative.
Was aber Unbehagen macht und man wissen sollte: Wann wurde diese Absprache gemacht? Wenn erst jetzt, nach Ukraine Krieg, stellt sich die Frage, wieweit das seitens der TIWAG korrekt ist. Niemand kann ja derzeit voraussehen, wie teuer der Strom wirklich wird. Dann – es scheint ja, dass die Entscheidungsträger auf beiden Seiten politisch sehr verbandelt sind. Das weckt in mir Unbehagen. Denn - was die TIWAG irgendwo herschenkt werden andere bezahlen müssen.
Lieber Herr Brugger, die im Artikel erwähnten Verträge mit entsprechendem Preisrahmen wurden Ende 2020/Anfang 2021 abgeschlossen und laufen größtenteils bis Ende 2023. Liebe Grüße aus der Redaktion!
Danke für die Info.
In diesem Fall kann man wohl von einer guten, vorausschauenden Aktion der Seilbahnwirtschaft sprechen.
Hier wäre natürlich Landeshauptmann G. Platter als Eigentumsvertreter des Landes Tirol und Aufsichtsrat A. Mattle, Michaela Hysek-Unterweger angefragt, um uns Tiroler und Tirolerinnen aufzuklären. Das wird halt nicht passieren. Zum Thema Wasserkraft und deren massiven Ausbau gibt es aktuell auf you tube ein erhellendes Interview mit Michael Reischer von der Landesumweltanwaltschaft Tirol (Der letzte Tropfen. Tiroler Stimmen für eine echte Energiewende), das die Mythen um die scheinbar ökologische Wasserkraft zu Recht entzaubert.
Spannend wenn man sich in den Videos die Argumentation anhört. Es wird von natürliche gletscherdynamik des Flusses gesprochen, wo es aber bald einfach keinen Gletscher bei uns geben wird, wenn wir nicht CO2 reduziern als oberste Prämisse setzen. Welche Speichermöglichkeit würde denn der WWF bevorzugen - am besten keine, sondern Energie einsparen. Wenn man nicht ein gesamtheitliches Bild bei der Energieerzeugung verfolgt werden wir an egal welchem Temperaturanstiegsziel scheitern.
Ich hab hier keine Mythen gehört, nur Vergleiche einer Staumauer mit dem Stephansdom, was natürlich jedem Tiroler ein geläufiges Maß für Staumauern ist. Meine Kritik an den Umweltorganisationen liegt darin, das sie nie einen realistischen Ausweg zeigen, den sie dann auch verfolgen. Es werden immer nur Einzelmaßnahmen kritisiert, die aber durchaus notwendig sind, wenn man sich die Herausforderung ansieht, vor welcher wir stehen.
Recht haben sie sicher damit, dass Stromeffizienz und Stromsparen ganz wichtig wären. Richtigstellen möchte ich aber schon, dass die Tiroler Umweltanwaltschaft keine Bürgerinitiative ist, sondern eine Einrichtung des Landes und Michael Reischer (auf dessen Beitrag ich mich bezog) ein ausgewiesener Experte, Biologe und Ökologe.
In seinem statement widerlegt er z. B. die Ansage des Landes und der Tiwag, dass der Ausbau der Wasserkraft für die Energieversorgung Tirols zentral ist. Er erklärt am Beispiel des Kraftwerkes Kühtai, dass der gewonnene Strom zu 100% nach Deutschland geht, die Naturausbeute passiert allerdings bei uns. Am Kraftwerk Kaunertal wiederum wird die Ableitung von Bächen aus zwei Tälern in Kauf genommen, ebenso die Flutung des Platzertales mit seinen wertvollen Hochmooren. Das Ganze im Wissen, dass ab 2040 eine Reduktion des Gletscherflusses um 40% (!) angenommen wird. Ähnliches dürfte auch für unseren Bezirk gelten. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man beim Planen von Kraftwerken diese zentralen Prognosen nicht miteinbezieht.
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