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Georg Kaser: „Wie es heute ist, wird es nicht mehr sein.“

Ein aufrüttelndes Podcast-Gespräch mit einem der weltweit einflussreichsten Klimaforscher.

Das Podcast-Gespräch mit Georg Kaser hat mich zutiefst beunruhigt. Ruhig und sachlich erläutert ein herausragender Klimaforscher, warum er nicht glaubt, sondern sicher ist, dass die Kinder von heute schon in 40 Jahren eine völlig veränderte Welt bewohnen werden. 

Wenn diese Welt nicht dystopisch sondern weiterhin lebenswert sein soll, muss die Menschheit aus Georg Kasers Sicht sofort und radikal umdenken. Völlig unmissverständlich rechnet er in unserem Gespräch, das im Bildungshaus Osttirol geführt wurde, mit dem globalen Turbokapitalismus und all den halbherzigen Klimarettungsversuchen ab. Für den aus Südtirol stammenden Experten, der federführend am Intergovernmental Panel on Climate Change, dem Klimabericht des Weltklimarates der Vereinten Nationen mitwirkt, kann nur eine rasche gesellschaftliche Transformation hin zu mehr Verteilungsgerechtigkeit und globaler Gemeinwohlorientierung die Katastrophe noch verhindern. 

Nur wenn binnen weniger Jahre eine Gesellschaft entstünde, „die mit der heutigen nichts mehr zu tun hat“, wäre die Welt so gesehen noch zu retten. „Wenn Wirtschaftswissenschaftler antworten, das ist unmöglich, dann sage ich, alles andere ist auch unmöglich. Ihr habt das Klima zerstört, ihr hab die Ökosysteme zerstört, ihr habt die Ressourcen ausgebeutet und einen sozialen Unfrieden erzeugt, der global am Explodieren ist, also dreht diese Schraube um!“

Die kapitalistische Wachstumsideologie „eine Lüge, die man uns seit 200 Jahren erzählt“ ist für Georg Kaser ein Systemfehler, „wie wenn ich einen Autobus baue, wo der Lenker nur weiterfahren kann, wenn er permanent schneller fährt.“ 

Ob dieser Autobus auf einen Abgrund zurast und ob wir als Passagiere in der Lage sind, auf diese Höllenfahrt noch Einfluss zu nehmen, erklärt der Experte in unserem Gespräch ebenso, wie seinen ganz persönlichen Umgang mit der Angst vor einem Szenario, das schneller eintreten könnte, als wir glauben. Steigt die globale Erderwärmung nämlich auf 2,7 Grad oder mehr, dann kippt das thermodynamische System der Erde durch kaskadenartige Verstärkereffekte und es kommt unkontrollierbar zu einer völligen Reorganisation des Klimas. Was dann passiert, fasst Georg Kaser so zusammen: „Der Mensch wird das nicht überleben. Das wird das Ende unserer Kultur sein.“


Der Dolomitenstadt Podcast ist ein akustisches Magazin, das die Redaktion von dolomitenstadt.at in Lienz zusammenstellt. Das Themenspektrum ist breit und beschränkt sich nicht nur auf die Region. Wir stellen spannende Projekte vor, widmen uns den Künsten und der Kunst des Lebens, schauen in Kochtöpfe und über den Tellerrand, greifen heiße Eisen und dicke Bücher an und diskutieren die Themen unserer Zeit mit Menschen, die etwas zu sagen haben. Zu finden auch bei Apple Podcasts und Google Podcasts.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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4 Postings

Anna Maria Kerber
vor 2 Jahren

Der Vortrag, ebenso der podcast, waren ernüchternd realistisch. Trotzdem hat es G. Kaser verstanden, den Blick auf die verbleibenden Zeitfenster für eine Verlangsamung der Erderwärmung zu schärfen. Es ist nicht einfach, aber klar wurde, dass wir persönlich gefragt sind, unsere Form des Wirtschaftens ebenso und unsere Entscheidungsträger, schnell zu handeln.

 
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TW-WU
vor 2 Jahren

Danke für dieses Interview, dass das ausmaß dessen was uns bevorsteht sehr gut wieder gibt. Endlich wird auch der Elefant im Raum, rund um die Diskussionen betreffend dem antropogenen Klimawandel mal klar ausgesprochen - wenn wir so weiter machen, ist es sehr rasch vorbei.... und das ist keine Ideologie sondern ein physikalische Faktum.

 
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Bergtirol1
vor 2 Jahren

Nur schade das die "großen" Industrieländer und die "Wirtschaftstreibenden" vom Umdenken Lichtjahre entfernt sind - - man hört und liest es ja täglich in jedem Medium das alles noch besser sein soll als vor Corona oder vor allen Krisenzeiten!! Nach meiner Meinung sollte der "schneller/höher/weiter Modus ein für alle mal abgeschafft werden - - dann erholt sich auch wieder langsam das Klima und die Lebensqualität jedes einzelnen 👍

 
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defregger
vor 2 Jahren

Danke an die Redaktion!

Die Welt geht nicht unter, der Mensch aber rottet sich selbst aus! Breiter, höher, schneller, meeeehr in allen Belangen, ist schon lange ein Irrweg.

Dauerhaftes Wachstum/Gier unser aller Untergang!

 
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