Die vierköpfige Tiroler Bluesband „Saltbrennt“ – das sind Christoph Kuntner (Gitarre), Christian Deimbacher (Mundharmonika, Tuba), Fabian Möltner (Bässe) und Jakob Köhle (Schlagzeug) – touren derzeit mit ihrem musikalischen Watterzyklus durch Dörfer und Länder. Innerhalb rund eines Jahres veröffentlichten die vier Oberländer, abgestimmt mit den Farben des Kartenspiel-Klassikers, gleich vier Alben. Haben sie sich während der Pandemie noch in Proberäumen und Musikstudios zu produktivem Arbeiten verschanzt, so gibt es nun genug Stoff, um ein Konzert nach dem anderen zu spielen. Eintönigkeit kommt da keine auf, denn das musikalische Repertoire von „Saltbrennt“ ist divers wie die selbstgebrannten Schnapssorten – von Blues und Funk bis zu stimmigen Chören, wie man sie von Männergesangsvereinen kennt.
Ist die Idee zum musikalischen Watterzyklus beim gemeinsamen Watten entstanden?
Dazu muss man vorweg sagen: Es gibt unterschiedlich gute „Wattner“ bei uns in der Gruppe, genauer wird nicht darauf eingegangen. Aber, es war auf jeden Fall eine Idee, die bei einem möglicherweise alkoholhaltigen Getränk geboren wurde.
Eure vier Alben sind – wie die Watter-Karten – an die vier Jahreszeiten angelehnt. Ist eure Musik selber auch von den heimischen, klimatischen Bedingungen inspiriert?
Auf jeden Fall. Wir waren für die Alben „Herz“ und „Laub“ jeweils für ein paar Tage auf einer privaten Hütte am Venet, unserem Hausberg, wo wir uns regelmäßig den Holzofen einheizten und am Herd kochten. Da haben wir natürlich schon einiges von den Jahreszeiten mitbekommen und das auch in die Texte einfließen lassen. Intensiv war auch die Recording-Session unserer letzten EP „Eichel“, da waren wir im Winter 2020/21 im Lechtal, im vielschneiten Elbigenalp. Da haben wir den Winter schon gut aufnehmen können.
Auf den Covern des Zyklus sind die vier Asse der Watterkarten abgebildet – aber sie sind alle in einem unterschiedlichen Stil gehalten. Wie ist es dazu gekommen?
Wir haben am Anfang ausgelost – vier Burschen, vier Farben – jeder von uns war für ein Cover verantwortlich. Jakob hat „Herz“ selber gezeichnet. Fabian hat für „Schell“ ein Foto seiner Mutter in der Tracht verwendet. Deimi [Christian Deimbacher] hat für „Laub“ den 85-jährigen Imster Künstler Ludwig Schnegg angefragt, der hat im Cover übrigens auch unsere vier Köpfe versteckt. Und Giggo [Christoph Kuntner] hat „Eichel“ von seinem befreundeten Architekturstudenten Mümin Keser am Computer animieren lassen.
In eurem Musikvideo zu „What Shells“ tragt ihr alle eine Frauentracht – wie hat sich das für euch angefühlt?
Wir wollten ein bisschen weg vom klassischen Klischeebild wie Tirol in der Werbung präsentiert wird, zugleich aber etwas von der Tradition zeigen. Deswegen haben wir da einen anderen Zugang eingebracht. Es ging uns aber nicht um Provokation. Man provoziert heutzutage ja als Mann nicht mehr, wenn man ein Dirndl anzieht. Und, sich lange Haare wachsen zu lassen, ist auch nur mehr eine Provokation für die Oma. Wir haben aber festgestellt: Der Tragekomfort, besonders im Sommer, der ist herrlich.
Wie steht ihr allgemein dazu, Volkskultur zu erhalten?
Deimi war bei der Musikkapelle Imsterberg, Giggo und Fabian spielen beide bei der Musikkapelle Landeck-Perjen und Jakob ist in Telfs bei der Fasnacht involviert. Auch wenn das bei uns unterschiedlich ausgeprägt ist, geht es uns allen in gewisser Weise schon auch darum, etwas zu erhalten. Deswegen unsere Entscheidung, im Dialekt zu singen. Wenn man circa zwanzig Jahre zurückdenkt, da war Christina Stürmer noch eine der Einzigen, die auf Deutsch gesungen haben. Damals wollte jeder auf Englisch singen, weil es cooler war. Jetzt gibt es aber auch große Popbands wie „Wanda“ und „Bilderbuch“, oder die Tiroler Rapper „Von Seiten der Gemeinde“. Das hat auch mit Mut zu tun – dass man so singt, wie man spricht oder wie man gelernt hat, zu reden.
Warum habt ihr dann auch ein paar Lieder auf Englisch dabei?
Wir waren am Anfang ein bisschen ziellos unterwegs und haben einfach Musik gemacht. Mittlerweile sind wir aber fokussiert darauf, mehr im Dialekt zu singen – weil, ganz ehrlich – wer wartet in England oder Amerika auf eine Blues-Band aus Tirol? Ursprünglich kommt der Blues von afroamerikanischen Sklaven, die auf Baumwollplantagen Lieder gesungen haben, um ihren Alltag zu verarbeiten. Diese Musikrichtung ist stark verwurzelt damit, auszudrücken was man macht und woher man kommt. Vor allem beim Blues geht es um Authentizität.
Woher kommt der Name „Saltbrennt“?
Der „Saltbrennte“ ist der selbergebrannte Schnaps. Im Oberland sagt man das so: „salt“ kommt von „selber“. „Des sein meine Kinder, de hon i oll salt gmocht“ – das wäre noch ein Beispielsatz.
Präferiert ihr eine bestimmte Schnapssorte?
Früher haben wir selber angesetzten „Zirbeler“ als Merchandise verkauft. Mit dem Watterzyklus haben wir uns nun aber für etwas Neues entschieden: In Zukunft wird es pro Farbe eine Spirituose geben, jedem Trumpf sein Schnapsl quasi. Wer also wissen will, wie zum Beispiel Herz oder Schell schmeckt, der oder die kann nach unseren Konzerten eine Verkostung am Merchandisestandl beantragen.
Wird es in euren neuen Werken auch noch um das Watten gehen oder arbeitet ihr an etwas Eigenständigem?
Wir gehen ein bisschen weg vom Watten, aber unser zukünftiges Projekt wird auch wieder einen regionalen Bezug haben. Wenn wir uns schon im Dialekt bewegen, wollen wir auch inhaltlich auf die Region eingehen. Und zwar wollen wir uns mit der Volksgruppe der Jenischen beschäftigen. Bei uns sind sie vor allem durch den eher abwertenden Begriff der „Karner“ bekannt. Eigentlich waren sie eine Tiroler Volksgruppe, die herumgezogen ist zum Messer schleifen und Pfannen flicken. Wir wollen dazu Texte schreiben und vielleicht auch ein Gedicht vertonen, das es schon gibt.
Habt ihr im Zuge eurer Tour auch einen Gig in Osttirol geplant?
Wir haben bisher noch nie in Osttirol gespielt, sind aber in Kontakt mit den „New O`Lienz Jazztage“ – 2023 sollte es also klappen. Es gibt außerdem noch einen Osttirolbezug: Der Deimi hat sich beim Studium in Innsbruck in eine junge Leisacherin verliebt und ist seitdem immer wieder zu Besuch bei seinen Schwiegereltern, die er an dieser Stelle herzlich grüßen möchte.
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