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Gerhard Egger (WWF Österreich), Leopold Füreder (Institut für Ökologie), Ingrid Felipe (Landeshauptmann-Stellvertreterin) und Gerd Frik (Verbund AG) präsentieren den Aktionsplan zur Artenrettung am Inn. Foto: Uni Innsbruck
Internationaler Aktionsplan für den Artenschutz am Inn
Projekt „INNsieme“ soll durch Renaturierung stark gefährdete Leitarten retten.
An der Universität Innsbruck wurde am Donnerstag, 28. April, ein umfassender Aktionsplan zum Schutz des Inn vorgestellt. „Der Aktionsplan ist das erste ganzheitliche Artenschutzkonzept für den gesamten Flussverlauf – von seiner Quelle in der Schweiz bis zur Mündung in Passau“, erklärte dazu Leopold Füreder, Universitätsprofessor am Institut für Ökologie der Universität Innsbruck. Der Aktionsplan entstand unter Federführung seines Forschungsteams und in Kooperation mit dem WWF Österreich, dem Land Tirol, den Verbund-Kraftwerken und dem WWF Schweiz im Rahmen des EU-Interreg-Projekts INNsieme.
„Die Bewahrung der Artenvielfalt am Inn ist aufgrund der weitreichenden Veränderungen des Flusses eine große Herausforderung. Es ist ein bedeutender Meilenstein, dass die erforderlichen Schutzmaßnahmen im INNsieme-Projekt erstmals grenzüberschreitend betrachtet und in Angriff genommen werden“, erklärt Gerhard Egger, Projektleiter beim WWF Österreich.
Um dieser Anforderung gerecht zu werden, wurde im Projekt der historische Zustand des Inn mit seinem aktuellen Zustand verglichen. Es zeigt sich, dass die intensive Nutzung des Talraumes und der Wasserkraft dazu geführt hat, dass heute nur mehr acht Prozent des Flusslaufes naturnah sind. So sind auch viele typische Tierarten, die in anderen Flusssystemen bereits ausgestorben sind, wie Äsche, Flussuferläufer und Deutsche Tamariske heute selten und ihr Fortbestand am Inn ist bedroht.
Um diesen Trend zu stoppen, wurde im Rahmen des Projekts INNsieme ein Leitbild für den Inn entwickelt. „Durch die Fortsetzung der Schutzmaßnahmen, Renaturierung von intakten Abschnitten und der Reduktion der Belastung – vor allem der Wasserkraftnutzung – soll die Artenfülle wieder an den Inn zurückkehren. Das neue Leitbild für einen lebendigen Inn berücksichtigt dabei regionsspezifische, flusstypische Besonderheiten, vielfältige Rahmenbedingungen und bestehende Nutzungen,“ erklärt Leopold Füreder.
In zahlreichen Workshops unter Einbeziehung der zuständigen Verwaltungen und der wesentlichen Nutzer, erarbeitete das Projektteam auch einen umfassenden Maßnahmenkatalog mit mehr als 250 Handlungsempfehlungen. Diese zeigen auf, an welchen Abschnitten des Inn welche Maßnahmen notwendig sind, um gewässertypische Lebensräume wiederherzustellen oder zu optimieren, bedrohte Arten zu fördern und zu schützen und somit den Inn wieder zu einem lebendigen, funktionsfähigen Gewässerökosystem zu machen.
Auch die bayerischen Innkraftwerke im Besitz der Verbund AG beteiligen sich an der Umsetzung des Aktionsplans. Der Abteilungsleiter Bau Niederdruckanlagen bei Verbund, Gerd Frik erklärt dazu: „Über die nächsten Jahre bis Jahrzehnte arbeitet man daran, alle Innkraftwerke durchgängig zu machen, sowie in den naturfernen Staustufen je nach Flächenverfügbarkeit Naturufer, Seitenarme, Umgehungsgerinne und Flachwasserbiotope anzulegen. Mit diesem Konzept soll es gelingen, dass gefährdete und flusstypische Arten auch in der Staukette wieder geeignete Lebensräume vorfinden.“
Der Inn ist Heimat vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Das visionäre Leitbild (natürlicher Referenzzustand) im Aktionsplan bildet den ursprünglichen Zustand des Inn als überwiegend verzweigten, schotterdominierten Alpenfluss ab. Dieser morphologische Flusstyp ist über lange Strecken durch ausgeprägte dynamische Umlagerungsprozesse in der Flussauenzone charakterisiert.
Neben einem Netz aus Seitenarmen und Flussinseln prägen weitläufige Schotter- und Sandflächen die historische Flusslandschaft des Inn. Charakteristische Arten des natürlichen Referenzzustands umfassen schotterbewohnende Lebensgemeinschaften aus Käfer- und Heuschreckenarten sowie Kiesbankbrütern wie Flussregenpfeifer und die Flussuferläufer.
Gerade letztere Vogelart ist beispielgebend für Gebirgsflussarten, die auf Kies- und Schotterbänken brüten und sich ganz an die Bedingungen eines dynamischen Wildflusses angepasst haben. Doch durch die voranschreitende Verbauung und Regulierung hatte der Flussuferläufer seinen Lebensraum am Inn in vielen Bereichen verloren, die Art nimmt aber die bereits neugeschaffenen Maßnahmenflächen sehr gut an. „Die Erhaltung dieser und weiterer Arten hängt von wirksamen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen ab“, macht Füreder deutlich.
Bei den Zielarten des Aktionsplanes im Mittel- und Unterlauf liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf Vogel- und Fischarten. In letzterer Gruppe sind besonders die Langstreckenwanderer wie der Huchen, die Nase und die Äsche vom Verlust der Durchgängigkeit betroffen. „Beim Aktionsplan geht es allerdings um weit mehr als um Natur- und Artenschutz“, erklärt Leopold Füreder. „Flüsse wie der Inn erfüllen auch für uns Menschen zahlreiche essentielle Funktionen. Besonders die voranschreitende Klimakrise zeigt, wie stark der Mensch von intakten Gewässer- und Flusssystemen abhängig ist.“
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