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Karl Nehammer trifft Wladimir Putin in Moskau

Der Bundeskanzler will "Kriegsverbrechen" in der Ukraine ansprechen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wird am Montagnachmittag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau zu einem Gespräch treffen, wie er am Sonntag vor Journalisten in Wien ankündigte. Nehammer will damit einen Dialog zwischen der Ukraine und Russland fördern. Der Kanzler will Putin bei dem Gespräch auch auf die "Kriegsverbrechen" in der Ukraine ansprechen, versicherte er. Erst am Wochenende war Nehammer mit einem Journalistentross nach Kiew gereist, um unter anderem dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seine Solidarität zu versichern. Nach seiner Rückkehr kündigte er nun Sonntagnachmittag vor Journalisten an, auch Aggressor Putin zu treffen. Österreich hat sich bisher trotz seiner militärischen Neutralität eindeutig auf die Seite der von Russland angegriffenen Ukraine gestellt. Von Journalisten gefragt, wie seine geplante Moskau-Reise dazu passt, entgegnete Nehammer, er werde Putin gegenüber "nicht moralisch neutral" sein, er werde die "Kriegsverbrechen" in der Ukraine ansprechen, versicherte er. "Reden heißt nicht, seine Position aufzugeben", befand Nehammer, "ganz im Gegenteil, ich sage sie ihm (Putin, Anm.)". "Alles, was getan werden kann, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, den Krieg zu stoppen, soll getan werden", meinte Nehammer. "Es ist für mich das Gebot der Stunde, alles zu versuchen." Die Reise nach Moskau sei "eine Risikomission", räumte Nehammer ein, aber es habe sich die Möglichkeit einer "Gesprächsbrücke" ergeben. "Persönliche Diplomatie" sei gefragt, es gehe um Dialogmöglichkeiten zwischen Selenskyj und Putin, einen Waffenstillstand oder humanitäre Korridore, meint Nehammer.
Kanzler Nehammer reist von Kiew nach Moskau: "Es ist für mich das Gebot der Stunde, alles zu versuchen." Foto: APA/AFP
Er habe sich "vorgenommen, alles dafür zu tun, damit Schritte Richtung Frieden unternommen werden", erklärte Nehammer seine Motivation. Auch wenn die Chancen, etwas zu erreichen, gering seien, wie er selbst einräumte. Er habe nicht die Erwartungshaltung, dass große Wunder geschehen, gestand Nehammer auf Nachfrage zu. Aber, betonte der Kanzler, "'am besten gar nichts tun' ist nicht mein Zugang", er wolle als "Brückenbauer" auftreten. Es gehe darum, "alles zu tun, dass es aufhört". Laut APA-Recherchen dürfte die Reise selbst bereits seit einigen Tagen mit Moskau lang akkordiert gewesen sein. Er habe vom geplanten Besuch Nehammers bereits Mitte der letzten Woche gehört, erklärte am Sonntagabend der APA eine Person aus dem Kreml-Umfeld. "Ich kann das (Mitte letzter Woche, Anm.) nicht bestätigen", kommentierte ein Sprecher des Bundeskanzlers. Er wollte gleichzeitig aber nicht sagen, seit wann konkrete Planungen gelaufen waren. Österreich hatte zuletzt vier russische Diplomaten ausgewiesen, und auch Nehammers Besuch in Kiew wird vom Kreml wohl registriert worden sein. Die Initiative zur Moskau-Reise sei von ihm ausgegangen, sagte Nehammer, und zwar schon während die Reise in die Ukraine geplant wurde. Seit Kriegsausbruch war kein Regierungschef aus der EU bei Putin in Moskau, es gab nur telefonischen Kontakt etwa mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dem deutschen Kanzler Scholz. Lediglich der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett war Anfang März als Vermittler zu einem Treffen mit Putin nach Moskau gereist. Die Reise nach Moskau habe er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel abgesprochen, sagte Nehammer, auch Selenskyj, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und den deutschen Kanzler Olaf Scholz habe er informiert. In einigen europäischen Ländern wie Polen oder den baltischen Staaten dürfte die Reise allerdings wohl kritisch gesehen werden. Kritik an Nehammers Reiseplänen kam unverzüglich aus der Ukraine, etwa vom Vize-Bürgermeister von Mariupol, Sergej Orlow. "Das gehört sich nicht zur heutigen Zeit. Die Kriegsverbrechen, die Russland gerade auf dem ukrainischen Boden begeht, finden weiterhin statt", betonte er gegenüber "Bild". "Das, was wir in Butscha gesehen haben - das ist möglicherweise in Mariupol noch schlimmer gewesen, auch wenn die russische Armee sich bemüht, die Verbrechen zu verschleiern. Ich verstehe nicht, wie in dieser Zeit ein Gespräch mit Putin geführt werden kann, wie mit ihm Geschäfte geführt werden können." Ein namentlich nicht genannter ukrainischer Diplomat wurde von der "Bild" dahingehend zitiert, dass es sich um eine "Selbstüberschätzung des österreichischen Kanzlers" handle.
Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck: "Ich halte diesen Besuch für keine kluge Entscheidung." Foto: Uni Innsbruck
Auch der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck übte harsche Kritik an der Visite Nehammers in Moskau. "Ich halte diesen Besuch für keine kluge Entscheidung", sagte er in der "ZiB 2 am Sonntag". Auf einen Brückenbauer habe in der EU keiner gewartet, die Osteuropäer kritisierten diesen Schritt bereits scharf, so Mangott. Russlands Präsident Putin habe die Macht über die Bilder dieses Besuches und werde diese zu nutzen wissen, warnte er. Nehammer werde Putin Bilder verschaffen, die sagen: "Ich bin nicht isoliert, es gibt Länder im Westen, die mit uns kooperieren." Der Besuch Nehammers beim russischen Präsidenten Putin dürfe nicht dazu führen, dass Österreich den gemeinsamen europäischen Weg verlässt, kommentierte am Abend die NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung. "Insgesamt besteht die Sorge, dass das Treffen Putin letztlich mehr nutzt als der Ukraine. Schließlich kam es schon vor, dass sich Österreichs Politiker vor den russischen Propaganda-Karren spannen ließen", erklärte sie.

14 Postings

Chronos
vor 3 Jahren

BK Nehammer: „Er habe nicht die Erwartungshaltung, dass große Wunder geschehen.“ Leider, der Kriegsverbrecher Putin hat nicht auf den österr. Bundeskanzler gehören! Das war jedoch klar Vorhersehbar. Für das Treffen hat sich Putin NUR 1 Stunde Zeit genommen. Blamabler Vorstoß und Alleingang!

Es handle sich um „Selbstüberschätzung des österreichischen Kanzlers“ so treffend der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni IBK. Warum macht Nehammer dann diese Einzelaktion? Auffallen? Ablenken von der Cobra-Story? Wieder einmal eine nicht durchdachte Aktion eines österreichischen Politikers!?!

 
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    iwases@
    vor 3 Jahren

    Würden Sie sich der Aufgabe stellen eine ganze Stunde lang (also volle 60 Minuten) mit Putin reden zu können? Mich würde er wahrscheinlich nach 3 Minuten hinauswerfen! Insofern finde ich es bemerkenswert und hätte dies unserem kiefersperrigen Kanzler nicht zugetraut. Daher: Respekt! Ob dabei was herausschaut, steht natürlich auf einem anderen Blatt ...

     
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      Chronos
      vor 3 Jahren

      Der international und außenpolitisch kaum bekannte Nehammer hat sich selbst und die Rolle Österreichs durchaus überschätzt - wir neigen gerne dazu. Unsere Neutralität dafür in die Waagschale zu legen macht keinen Sinn, ebenso wie Nehammers Besuch selbst.

      Während des Gespräches mit Putin wurde von Russland nicht eine einzige tödliche Rakete weniger auf die ukrainische Bevölkerung abgefeuert!

      Übrigens: Schon der Besuch der FPÖ-Delegation, Strache, Hofer, Vilimsky und Gudenus in Dez. 2016 mit einer Vereinbarung mit Putins Partei "Einiges Russland" und der Formulierung "Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotismus" im Gepäck, war ein Reinfall. Nicht einmal Putin selbst, sondern drittklassige russische Politiker haben die Aufwartung in Moskau den FPÖ-Politikern gegeben.

       
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    Senf
    vor 3 Jahren

    hallo chronos, ob die präsenz des bundeskanzlers nun irgenwelche positive oder negative auswirkungen in der diplomatie und der bildsprache hat, kann im moment nicht eingeschätzt werden. ich finde es trotzdem gut, dass das treffen stattgefunden hat.

    wenn tv dauergast, herr mangott von selbstüberschätzung spricht, dann sollte er über sich nachdenken, denn er hat als "russland-experte" vor ein paar wochen in seinen thesen noch andere ansichten vertreten. stört mich aber nicht, die thematik ist zu komplex.

    dass nehammer von irgenwelchen problemen ablenken will, halte ich angesichts dieses ereignisses wohl für sehr überzogen. nicht böse sein!

     
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      Chronos
      vor 3 Jahren

      Lieber senf, ich bin dir nicht böse! Warum denn? Weil du anderer Ansicht bist?

      Russland mit Putin ist ein komplexes Thema. Mangott ist ohne Zweifel tatsächlich ein Russland-Experte u. Kenner!

       
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    Photon 07
    vor 3 Jahren

    zeitchen; ich befürchte, deine "ÖVP Aversion" wird langsam pathogen.

     
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Burgi
vor 3 Jahren

Ein Beschwichtigungsbesuch, auf dass der russische Gasstrom nicht versiegen möge.... Wir wissen ja erst seit Jahrzehnten, dass wir uns dringenst, so weit wie möglich, aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen befreien sollten - und nicht nur, weil wir damit totalitäre Regime finanzieren!

 
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Heidemarie
vor 3 Jahren

Man sollte nichts unversucht lassen! Bravo BK Nehammer! Die Opposition wird wieder Gift und Galle spucken!

 
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    Senf
    vor 3 Jahren

    @liebe heidemarie, nachdem österreich durch die weltmächte, also auch durch den ehmeligen warschauer pakt die neutralität zuerkannt wurde, ist es für mich schlüssig, ja sogar verpflichtende, dass ein österreichischer vertretern in das geschehen in der ukraine vermittelt, egal welche partei gerade das sagen hat. dein parteipolitisches gezänkel dazu finde ich überflüssig, es geht schließlich um mehr. um viel mehr! ich finde gut dass sich nehammer zuerst in der gebeutelten region überblick verschafft hat und sich dann nach moskau aufgebrochen ist. diese taktik vermisse ich bei den anderen, die vielleicht nur für die medien kiew besucht haben. dein erster satz ist trefflich.

    @spanidiga, gut so, danke!

    @bergfex: verzichte bitte auf diese überflüssigen bemerkungen in diesem forum!

     
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      Hannes Schwarzer
      vor 3 Jahren

      @senf: vollinhaltlich richtig ! Einen Versuch muss es wert sein.

       
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      Chronos
      vor 3 Jahren

      Nein, senf! Bin nicht deiner Meinung. Eine (1 !!!) Stunde Gespräch mit Putin sagt alles...

       
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Nori
vor 3 Jahren

Recht wäre es nie....vor kurzem hatte ihm einer vorgehalten das es unfair wäre nur den einen zu besuchen.

 
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bergfex
vor 3 Jahren

Da wird der Putin aber ganz kleinlaut werden wenn ihm der Nehammer seine Meinung geigt.

 
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    karlheinz
    vor 3 Jahren

    Ja @bergfex, Putin hat sicher auf Nehammer gewartet. Lächerlicher gehts nimmer. Ja ist denn der so einfältig und nimmt an, dass Putin auf ihn hört? Im Gegenteil, diesen Besuch wird Putin lediglich für sich als Werbung (gegenüber den Westen) beanspruchen. Um dies zu begreifen muss man kein hochrangiger Politiker sein und glaublich schon gar nicht einer mit einer solchen Parteizugehörigkeit. "Außer Spesen NICHTS gewesen, aber wir habens ja".

     
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