Lois Salcher, der vor ein paar Monaten seinen 70. Geburtstag feierte, hat nach 1984, 1988 und 1995 heuer schon zum vierten Mal bei diesem Wettbewerb reüssiert. Damit bestätigt er aber auch, dass seine Kunst, die Malerei, Zeichnungen, Skulpturen und Installationen umfasst, über mindestens vier Jahrzehnte den Puls der Zeit gespürt und getaktet hat und daher auch variantenreicher und differenzierter sein muss, als es die in den letzten Jahren der heimischen Öffentlichkeit immer seltener zur Kenntnis gebrachten Kostproben nahelegen.
Zu leicht, beinahe widerstandslos ließ sich der Lienzer Künstler das Etikett der „Farbfeldmalerei“ umhängen, mit dem schon die amerikanische Kunstkritik der 1960-er Jahre die unterschiedlichsten Phänomene einer abstrakten „Malerei nach der Malerei“ auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen versucht hat. Damit waren Salchers künstlerische Äußerungen zwar einer größeren und bis heute international wirksamen Strömung der Avantgarde zugeordnet, ihre Eigenart aber nicht einmal im Ansatz gestreift.
Ob in der Druckgrafik oder in digitalen Medien ist das Wesen der Grafik durch das Misstrauen gegenüber einer Technik belastet, die grundsätzlich auf Reproduzierbarkeit offen ist. Ein Markt, der auf Wiedererkennbarkeit, ob durch Ordnungsmuster oder durch Wiederholung – und was wäre wiedererkennbarer als eine Reproduktion? – abhebt, ist im Grunde der Feind des Unbekannten und der Überraschung, die man von Kunst zurecht auch erwartet. Salchers prämiiertes Aquarell „Echtgrün“ ist ein Spannungsfeld zwischen dem Willen des Künstlers und dem Eigenleben des Werkstoffs, zwischen der Farbe als Idee und ihrer konkreten Materie. So etwas lässt sich nicht reproduzieren, in der unmittelbaren Anschauung allerdings kommunizieren.
„Weit zurück in dem leeren Nichts ist etwas wie Wonne und Entzücken, das gewaltig fassend, fast vernichtend in mein Wesen drang und dem nichts in meinem künftigen Leben glich.“ Das Zitat, mit dem Lois Salcher sein Werk untertitelt, ist daher auch nur die Wiederholung des Statements, das dieses auch ohne Worte abgibt: Dass nämlich das Biedermeier nicht nur biedere, sondern durchaus revolutionäre Kräfte entfaltet und dass die eigene Seelenlandschaft auch für andere betretbar sein kann.
Die Ausstellung „20 Jahre Grafikwettbewerb“ ist bis 9. Jänner 2022 im Taxispalais in Innsbruck zu sehen.
9 Postings
Echtgrün - Eine konsequente Ansicht eines Künstlers, der nicht nur in diesem Aquarell seine bildnerische und intellektuelle "Relevanz" verdeutlicht.
Kunst ist ja frei und liegt im Auge des Betrachters. Das trifft für dieses "Bild" wohl treffend zu.
Kunst kommt von können und trifft auf das Auge des Betrachters.
@aenda, da haben Sie vollkommen recht. Was in der von Ihnen so knapp zusammengefassten Situation entsteht, ist ein Kunsterlebnis, das man auch vor einem Pissoir haben kann. Es macht aber einen Unterschied, ob der betrachtete Gegenstand von einem Könner oder von der Industrie gefertigt wurde.
@doc-doc
Das trifft treffend zu? Ist das ein Versuch an einer rhetorischen Figur? Ein Pleonasmus? Generell ist es aber meist angebrachter, zu schweigen, als sein Unvermögen zu verkünden.
Mein kurzes Statement ist fast wie "Schweigen", es gäbe noch vieles anderes, aber in Osttirol ist es oft wirklich besser, seine ehrliche Meinung nicht zum Ausdruck zu bringen, also belassen wir es beim "Pleonasmus", ein Begriff, der mit Sicherheit jedem Osttiroler etwas sagt.
@doc-doc
Das Prädikat 'ungebildet' auf Ihre Person (in Bezug auf Kunst) angewendet, mag zwar einen Pleonasmus ergeben, das allerdings auf die ganze Region zu übertragen trifft wohl unzutreffend zu. - War das jetzt ein Paradoxon oder ein Oxymoron? Na ja, ist auch nicht so wichtig. Für Sie gilt Oxymoron jedenfalls nur ohne die erste Silbe.
herzlichen Glückwünsch an einen meiner besten und menschlichsten Professoren. Ich freu mich.
Herzliche Gratulation!!
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