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Melli (links) und ihre Catcall-Kolleginnen waren auch am 25. November – dem „Tag gegen Gewalt an Frauen“ – unterwegs. 40 Aktivistinnen kreiden in Innsbruck mittlerweile auf die Straße, was an verbalen Übergriffen noch immer alltäglich ist. Foto: Dolomitenstadt/Florence Lang
Mit Kreide gegen sexuelle Belästigung
Junge Frauen bemalen Innsbrucks Straßen und stellen klar: „Catcalling“ ist kein Kompliment!
Anzügliche Sprüche, sexualisierte Komplimente, aufdringliches Nachgaffen, Pfiffe: „Catcalls of Innsbruck“ macht mit bunter Straßenkreide auf verbale sexuelle Belästigung aufmerksam und bringt Erfahrungen von Frauen auf ihrem Instagram- Account in den öffentlichen Raum. Denn Catcalling ist auf der Straße leider immer noch gang und gäbe. Angekreidet direkt am Ort des Geschehens, sollen die Geschichten der Frauen die Bevölkerung zum Umdenken anregen.
Melli, Medizinstudentin in Innsbruck, hat die Initiative mit ins Leben gerufen: „Wir sind mittlerweile 40 Leute, die aktiv ankreiden gehen. Wir kommen bei den vielen Nachrichten, die wir auf Instagram bekommen, kaum hinterher. Wir wollen auf jeden einzelnen Fall aufmerksam machen und kreiden jetzt noch Erfahrungen von vor Monaten. Es gibt leider sehr sehr viele Belästigungen.“
Drei Viertel der Frauen (74,2 Prozent) wurden im Erwachsenenalter schon einmal sexuell belästigt. Dies unterstreicht die traurige Gewissheit, dass Catcalling viel zu oft im Alltag passiert und dennoch nicht strafbar ist. Genau für diese Regeländerung setzt sich die Initiative „Catcalls of Innsbruck“ ein. „Ein Ziel ist auf jeden Fall, dass die verbale sexuelle Belästigung illegal wird und strafrechtlich verfolgt werden kann. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die Einsicht der Leute, sowie das Verständnis der Opfer: Wir sind nicht schuld“, sagt Melli.
Am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, schallt die Stimme einer Aktivistin der Catcall-Community durch die Innsbrucker Innenstadt. Sie macht den Demonstrant:innen und Passant:innen klar: Gewalt ist nicht nur ein körperlicher Übergriff, sondern fängt im Kleinen an. Deshalb sei es wichtig über Erfahrungen zu sprechen. Etwa jene, als eine Polizistin die jungen Aktivistinnen ansprach, als sie gerade dabei waren, eine reale Belästigung auf der Straße anzukreiden: „Sie meinte, puuh, also ich würde mich ja freuen, wenn das jemand sagt. Das ist ein Kompliment und keine Belästigung. Man muss auch nicht aus allem eine große Sache machen.“
Die Antwort der jungen Frauen: „Doch! Es sind die kleinen Dinge, die all die großen Grenzüberschreitungen mit Gewalt normalisieren. Die kleinen Dinge, an die wir uns alle seit klein auf gewöhnt haben. Die Witze, die Sprüche, das Ignorieren unserer Grenzen. Die kleinen Dinge, über die wir hinwegsehen, weil sie ja nicht so gemeint sind. Und doch spüren wir, dass gerade etwas nicht in Ordnung war. Das nächste Mal nicht mehr schweigen. Laut werden, widersprechen, erklären, einschreiten, helfen, solidarisch sein.“
Leicht ist dieses Vorhaben nicht. Melli erklärt uns: „Wir haben schon während unserer Demonstrationen auch Erfahrungen mit Leuten gemacht, die uns angefeindet haben. Man braucht auf jeden Fall ein dickes Fell.“ Wie zur Bestätigung schmiert auch bei der Demo am 25. November unbemerkt ein Gegner der Aktivistinnen einen frauenfeindlichen Spruch neben die Kreidenotizen der Frauen. Schnell ist das Geschmiere übersprüht und doch empfinden die jungen Frauen die Aktion gerade an diesem Tag als Schlag ins Gesicht.
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