Med-Uni Innsbruck: Weder Impfpflicht noch Streaming
Mit 93 Prozent Geimpften und “eineinhalb G” geht Rektor Fleischhacker in die zweite Amtszeit.
Stefanie ist 21 Jahre alt, studiert Medizin in Innsbruck - und ist geimpft. Für sie eine Selbstverständlichkeit: “Wenn ich als schwer kranke Person ins Krankenhaus kommen würde, würde ich auch wollen, dass mich keiner der Ärzte mit einer Krankheit ansteckt, welche mich mein Leben kosten könnte.” Ob sie eine Impfpflicht befürworte? “Absolut.”
Wie Stefanie sehen es nicht alle Studierende. Natalie, 24, ebenfalls Studentin an der medizinischen Universität, ist beispielsweise aus Überzeugung ungeimpft: “Für mich sehe ich keine medizinische Indikation - wenn, dann eine gesellschaftspolitische. Um Testungen aus dem Weg zu gehen oder andere Vorteile zu genießen.” Dass es bei der Impfung auch um Solidarität gehe, stellt sie in Frage, “da die Impfung dem Selbstschutz dienen sollte und das allem Anschein nach auch primär tut. Bevor man irgendjemanden zur Impfung verpflichten möchte, müsste man jeden Kandidaten zu einem Antikörpertest oder auch T-Lymphozytentest verpflichten.”
Luis, 20, ist hingegen geimpft und kennt auch niemanden unter seinen Kommilitonen, der ungeimpft ist. “Ich finde nicht, dass es eine generelle Impfpflicht für die Med-Uni geben sollte. Die Ungeimpften sind aber in der Pflicht, sich testen zu lassen, wenn sie Vorlesungen oder Praktika besuchen. Das ist nach meinem Verständnis auch das aktuelle Vorgehen der Uni.”
Was das aktuelle Vorgehen der Uni ist, ist eine gute Frage. Im August hatte eine gemeinsame Pressekonferenz von Bildungsminister Heinz Faßmann und Med-Uni-Rektor Wolfgang Fleischhacker Aufsehen erregt - von einer “Impfpflicht” an der Medizinischen Universität Innsbruck war die Rede. Zwei Tage später widerruft Fleischhacker in einer internen Mail: “Eine generelle Impfpflicht kann und will ich nicht verordnen”. Schuld an der fehlerhaften Kommunikation sei “ein Übertragungsfehler”, so der Rektor.
In anderen Bereichen wirft das Vorgehen der Universität ebenfalls Fragen auf: Auch wenn Präsenzlehre wichtig sei und man die Mitstudierenden gerne wieder sehe, “wäre es toll gewesen, wenn man den technischen Fortschritt des letzten Jahres nicht vergessen hätte und die Vorlesungen immer noch streamen würde”, so Matthias, 21, Medizinstudent, gegenüber dolomitenstadt.at.
Eine Impfpflicht, die es doch nicht gibt, technische Rückschritte in puncto hybrider Lehre: Wir fragen im Rahmen einer Pressekonferenz unter dem Motto “Erfolgskurs fortsetzen” zum feierlichen Auftakt der zweiten Amtszeit des Rektorats Fleischhacker nach.
An der Med-Uni Innsbruck gelten derzeit “eineinhalb G”, so der Rektor, eine generelle Impfpflicht könne er nicht verordnen. Für Angestelle im Gesundheitswesen halte er eine Impfpflicht für vertretbar. Internen Zahlen der Medizinischen Universität Innsbruck zufolge sind bereits 93 Prozent der Innsbrucker Medizinstudierenden geimpft, unter den Erstsemestern sind es 96 Prozent. Dies wurde im Zuge einer internen Umfrage per Mail erhoben.
Wolfgang Prodinger, neuer Vizerektor für Lehre und Studium, reagiert auf unsere Nachfrage zur fehlenden Digitalisierung im Vergleich zum letzten Semester: Es gebe sicher Studierende, die das Streaming-Angebot der Vorlesungen vermissen würden, aber “wir haben uns entschieden, diese Präsenzuniversität zu machen”. Die technischen Möglichkeiten für Hybrid seien “noch nicht so ausgereift, dass das mit Schnickschnack für alle super ist.”
20 Minuten zuvor hatte seine Kollegin Manuela Groß, Vizerektorin für Finanzen und IT, noch von einem “Digitalisierungsboost” gesprochen, den das letzte Jahr mit sich gebracht habe: „Die Covid-19 Pandemie war und ist eine große Herausforderung für die Universität. Innerhalb kürzester Zeit ist es im letzten Jahr gelungen, Lehre und Administration sowie Prozesse zu digitalisieren und Vorlesungen sowie Besprechungen online anzubieten.“
Eine weitere – wenn auch für eine Universität etwas metapädagogische – Begründung für den digitalen Rückschritt liefert schlussendlich noch Rektor Fleischhacker selbst: “Für den Arztberuf ist der soziale Kontakt zu den Menschen sehr wichtig.” Man wolle die Kommunikation der Studierenden untereinander fördern.
2 Postings
Glauben Sie die Zahlen ruhig! Fakt ist, dass diese junge Generation ihre Verantwortung übernommen hat-mehr als alle anderen!
Die Zahlen bezweifle ich. Wie wir in den letzten Tagen hautnah erlebt haben, bestehen häufig massive Differenzen zwischen Umfrageergebnissen und der Realität.
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