Gesetz soll Landwirte vor Macht des Handels schützen
Mehr Fairness für heimische Produzenten. Handel sieht sich „pauschalem Bashing“ ausgesetzt.
Am Donnerstag, 30. September, stellte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ein Gesetz vor, das es Bäuerinnen und Bauern ermöglicht, gegen unfaire Geschäftspraktiken der großen Lebensmittelkonzerne vorzugehen.
Zu unlauteren Geschäftspraktiken zählen unter anderem die verspätete Zahlung verderblicher Waren, Auftragsstornierungen in letzter Minute, einseitige oder rückwirkende Vertragsveränderungen, erzwungene Zahlungen des Lieferanten für die Verschwendung von Lebensmitteln oder die Verweigerung schriftlicher Verträge. Das Gesetz soll mit 1. Jänner 2022 in Kraft treten und sieht Strafen von bis zu 500.000 Euro vor.
Zusätzlich wird beim Landwirtschaftsministerium eine weisungsfreie Ombudsstelle eingerichtet, an die sich Bäuerinnen und Bauern und andere Lieferanten wenden können. So soll es kleinen Akteuren erleichtert werden, Missstände aufzuzeigen, ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben zu müssen: „Denn derzeit läuft es nach dem Prinzip: Wer sich wehrt, wird ausgelistet“, erklärt Köstinger.
Ins Rollen kam der Gesetzesentwurf wegen einer EU-Richtlinie („Unfair Trading Practices“) vom April 2019, die Österreich schon im Mai 2021 hätte umsetzen sollen. Die Verzögerung habe sich durch den Regierungswechsel 2019 und die Coronapandemie ergeben, so die Ministerin.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, fordert, der Handel solle seine „hundert Millionen schwere PR-Maschinerie verstärkt auf Regionalität, Saisonalität und Qualität umstellen“, anstatt mit „Rabattitis und Aktionitis“ noch mehr Druck auf die Bäuerinnen und Bauern auszuüben.
Der Obmann des Vereines „Land schafft Leben“ Hannes Royer begrüßt das neue Gesetz als Chance für mehr Transparenz und Fairness für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette: „Dass nun ganz klar gesetzlich festgelegt wird, welche Praktiken unlauter sind, ist unglaublich wichtig. Schon seit Jahren wird der Druck entlang der Wertschöpfungskette in unterschiedlichen Ausprägungen weitergegeben. Nun können Schieflagen, die teilweise zur gängigen Praxis geworden sind, wieder geradegerückt werden.“
Der Handelsverband sieht sich einem „pauschalen Bashing“ ausgesetzt, das alle Zwischenstufen zwischen den Landwirten und dem Lebensmittelhandel ausblenden würde. Die von Köstinger als „unfaire Handelspraktiken“ gelisteten Vergehen würden so in der Praxis ohnehin nicht stattfinden, in nur fünf Prozent der Fälle verhandle man direkt mit der Landwirtschaft, stattdessen mit Betrieben der „Zwischenstufe“ wie etwa Molkereien.
3 Postings
Das Thema ist seit Urzeiten dasselbe. Der Handel konzentriert immer mehr Einkaufsmacht aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs durch Flächenausweitung, fragt immer größere Mengen gleicher Produkte am Markt nach. Dies führt automatisch zu einer Konzentration der Produktion, weil sonst keiner die Mengen termingerecht mehr produzieren kann. Das wiederum führt zu einer Konzentration der Erzeuger / Zulieferer. Saisonale Überproduktion bzw. Unterauslastung sind die Folge. Dies führt dann zu Rabattschlachten da die Produzenten ihre Fixkosten immer decken müssen nicht nur saisonal. Fixkosten sind zum Beispiel Gehälter der festangestellten Mitarbeiter Produktion Verwaltung Vertrieb, aber auch Abschriften auf Gebäude / Maschinen / Technik, Zinsen für lfd. Kredite, ggf. Miete, etc. Das einzig wirklich variable sind die Rohstoffe und das merken dann auch die Bauern.
und wer schützt die Bauern vor den Agrarriesen ?
... zuerst fördern sie mit ihrer Haltung zur GAP im EU-Parlament selber die Großen der Agrarindustrie, und jetzt sollen andere dafür zahlen ...
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