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Fünf Verdachtsfälle illegaler Lerngruppen in Tirol

543 Tiroler Schüler:innen vom Unterricht abgemeldet, davon nur 21 in Osttirol.

Während in den vergangenen beiden Schuljahren „Home schooling“ für eine ganze Weile zur neuen Normalität für alle österreichischen Schüler:innen wurde, ist es für einige dabei geblieben: Die Eltern von etwa 5.600 schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen entschieden sich dafür, ihr Kind auch weiterhin nicht in die Schule zu schicken. Nur, dass es in diesem Schuljahr keine Videokonferenzen mehr gibt und die Lehrpersonen keine Arbeitsblätter oder sonstige Aufgaben mehr nach Hause schicken. Immerhin besteht das Angebot des Unterrichtes vor Ort wieder, wer das nicht in Anspruch nehmen möchte, trägt die Verantwortung für die Beschulung seiner Kinder selbst. In Tirol sind es 543 Schüler:innen zwischen der Vorschule und der 9. Schulstufe, welche von ihren Erziehungsberechtigten zum häuslichen Unterricht angemeldet wurden. Damit ist die Anzahl um mehr als das Doppelte im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten angestiegen – im Schuljahr 2018/19 wurden 213 Schüler:innen zu Hause unterrichtet. Im Bezirk Osttirol sind es lediglich 21 schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die derzeit in ihren eigenen vier Wänden unterrichtet werden, weiß man bei der Bildungsdirektion Tirol: Tirolweit gesehen ein unterdurchschnittlicher Wert. Von Seiten der Bildungsdirektion heißt es außerdem, die Anzahl der Schulabmeldungen im Bezirk Lienz habe sich im Vergleich zu vor der Pandemie so gut wie nicht verändert. Der Großteil der abgemeldeten Schüler:innen habe auch davor keine Schule mit Öffentlichkeitsrecht besucht.
Vor dem Hintergrund der Pandemie meldeten in diesem Schuljahr deutlich mehr Eltern ihre Kinder zum häuslichen Unterricht an. Foto: unsplash/Spratt
Vorbehalte gegenüber den Coronamaßnahmen der Regierung und der damit einhergehenden Testpflicht in den Schulen scheinen also in Osttirol weniger weit verbreitet zu sein als im Rest von Tirol – zumindest, wenn man die Zahl der Coronaskeptiker an der Zahl der Schulabmeldungen misst. Der Grund für die Schulabmeldung wird von der Bildungsdirektion, bei der der Antrag eingereicht wird, nicht abgefragt. Wer sein Kind von der Schule abmeldet, muss allerdings eine Qualifikation angeben und eine Übersicht, wie man den häuslichen Unterricht gestalten will. Problematisch ist allerdings, dass es keine Mindestanforderungen gibt. So hat auch die Bildungsdirektion nur wenig Handhabe hier einzugreifen und eine Abmeldung bei Bedenken zu verhindern. Es gibt in Österreich nicht, wie gemeinhin angenommen, eine „Schulpflicht“, sondern viel mehr eine „Unterrichtspflicht“ – wann, wo und in welcher Form dieser Unterricht stattfindet, ist nicht genauer festgelegt. Die zu Hause beschulten Kinder und Jugendlichen müssen lediglich am Schuljahresende eine Externistenprüfung ablegen, bei der überprüft wird, ob die Kinder den im Lehrplan vorgesehenen Jahresstoff beherrschen. „Die Möglichkeit der Schulabmeldung ist in der Verfassung verankert und macht auch durchaus Sinn, beispielsweise, wenn Eltern viel im Ausland sind und ihr Kind immer mit dabei ist“, so der Pressesprecher der Bildungsdirektion Tirol, Bernhard Deflorian.

Nachschärfung bei Schulabmeldungen

Auf Grund der stark erhöhten Zahl der Schulabmeldungen vor dem Hintergrund der Pandemie schärft nun das Bildungsministerium bei den Vorschriften nach. Während die Eltern bisher selbst entscheiden durften, wo ihre Schützlinge die Externistenprüfung ablegen, liegt diese Entscheidung nun bei den Bildungsdirektionen, so will man „Prüfungstourismus“ vermeiden. Zusätzlich zu dieser Prüfung am Jahresende soll es bereits nach dem ersten Semester ein gemeinsames Gespräch mit den Eltern, der Lehrperson, welche das Kind normalerweise unterrichten würde, und dem Kind geben, um dessen Lernstand und -fortschritt zu reflektieren. Vorerst beruht diese Regelung aber auf freiwilliger Basis. Ebenfalls noch nicht gesetzlich verankert ist ein verpflichtendes Beratungsgespräch, bei dem den Erziehungsberechtigten die Konsequenzen einer Schulabmeldung aufgezeigt werden.

Illegale Lerngruppen

Indes häufen sich die Verdachtsfälle privater Lerngruppen, bei denen sich die Erziehungsberechtigten zusammenschließen, um ihre von der Schule abgemeldeten Kinder gemeinsam zu beschulen. Lerngruppen, in denen sich Schüler:innen zum gemeinsamen Lernen zusammenschließen sind legitim. Ganz anders verhält es sich, wenn eine Gruppe von Schüler:innen strukturiert und gemeinsam nach einem Lehrplan unterrichtet wird. Sobald dies der Fall ist, müsste die „Lerngruppe“ als Privatschule angemeldet werden, was wiederum eine Reihe an gesetzlichen Vorschriften nach sich zieht. In Tirol gibt es derzeit fünf Verdachtsfälle von organisierten Lerngruppen. „Jedoch ist es hier sehr schwierig, dies tatsächlich nachweisen zu können“, heißt es dazu von der Bildungsdirektion Tirol. In Villach gibt es bereits eine erste Anzeige in so einem Fall. Dort wurden in einem privaten Wohnhaus etwa zehn Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren unterrichtet, welche von ihren Eltern vom Unterricht abgemeldet worden waren. Die Betreiberin der illegalen Bildungseinrichtung, es soll sich um eine "Querdenkerin" handeln, will schon am Donnerstag andernorts weitermachen. Man werde dem mit allen erdenklichen Mitteln entgegenwirken, kündigte Alfred Winkler vom Magistrat Villach an.  
Anna Maria Huber unterrichtet an der International School in Innsbruck und schreibt nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

8 Postings

Der Graukofler
vor 3 Jahren

@tetris: Ich hoffe, dass du dein Posting als Satire gemeint hast, dann bekommst du natürlich eine Zustimmung von mir.

 
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ozzy
vor 3 Jahren

Bald werden sie uns vorschreiben, das wenn mehr als 3 Personen privat zusammen sitzen und was konsumieren, einer eine Konzession vorlegen muß. Privat ist privat, genug ist genug. Diese Menschen wollen sicher das Beste für ihre Kinder.

 
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Lienz4ever
vor 3 Jahren

Diese Headline muss man sich mal ohne dem "Corona-Background" auf der Zunge zergehen lassen... "Fünf Verdachtsfälle illegaler Lerngruppen in Tirol". Was passiert nur hier gerade mit unserer Gesellschaft.

 
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    genaugenommen
    vor 3 Jahren

    Kann den lernen und lehren überhaupt illegal sein? Die neue "MFG" Partei läßt grüßen! Wann endet die Bevormundung!!!

     
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Der Graukofler
vor 3 Jahren

Ich kann die betroffenen Eltern sehr gut verstehen. Nach eineinhalb Jahren Verunsicherung, Maskenpflicht, Testzwang und letztlich Impfdruck, möchten viele ihre Liebsten schützen. Ich vermute, dass es sich dabei um sozial höher gestellte Personen handelt, die die private Ausbildung ihrer Kinder garantieren und sich das auch leisten können. Wenn nunmehr von Seiten des Bildungsministerium versucht wird, dies zu unterbinden, so passt das genau ins derzeitige Bild. Die Herrschaften haben nach wie vor nicht erkannt, dass man eine Krise nur bewältigen kann, wenn man das Gemeinsame über das Trennende stellt.

 
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    le corbusier
    vor 3 Jahren

    Das Gemeinsame wär wohl die gemeinsame Schule, anstatt die Kinder ganz aus ihrem sozialen Umfeld zu lösen und am Küchentisch zu unterrichten.

     
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tetris
vor 3 Jahren

Illegale Lerngruppen...unfassbar, dieses Verbrechen...

 
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    unholdenbank
    vor 3 Jahren

    @tetris: Von Verbrechen hat niemad gesprochen, also cool down. Und die Abmeldung erfolgt ja, um sich der Ansteckung zu entziehen. Warum dann erst wieder in "Lerngruppen" unterrichtet wird, verringert die drohende Ansteckungsgefahr kaum. Und anscheinend trauen sich die Eltern es sich doch nicht zu ihre Kinder korrekt zu unterrichten. Sie ziehen erst wieder Lehrer hinzu. Oder sind sie draufgekommen, dass Unterricht doch eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, die man nicht so nebenher machen kann.

     
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