„Kombi-Stollen“ für Innichen: Utopie oder Quantensprung?
Ein Tunnel soll Verkehrsströme und Fluten an Innichen vorbeilenken.
Innichen braucht Lösungen. Einerseits erstickt die Gemeinde im Naturpark Drei Zinnen wie viele andere Ortschaften entlang der Pustertalroute im Verkehr. Andererseits sorgt man sich nach den Unwettern der letzten Jahre um die Hochwassersicherheit. Nun wollen Land und Gemeinde beide Fliegen mit einer Klappe schlagen und warten mit einer innovativen Lösung auf.
Geplant ist ein Umfahrungstunnel vom Sextner Tal ins Pustertal, wo die neue Straße östlich von Innichen mit einem Kreisverkehr an die Staatsstraße angebunden wird. Die knapp 500 Meter lange Röhre soll aber nicht nur den Verkehr geräuscharm an Innichen vorbeiführen. Droht ein Hochwasser, werden die Fluten aus dem Sextner Bach in den Tunnel geleitet und rauschen mit bis zu 80 Kubikmetern pro Sekunde durch den Berg.
In Italien gibt es für derartige Projekte einen dreistufigen Plan. Die erste Phase sieht eine Machbarkeitsstudie und das Prüfen aller Optionen vor. Beim Vorhaben in Innichen ist man laut Projektleiter Sandro Gius, Amtsleiter der Wildbach- und Lawinenverbauung Ost, damit bereits fertig. Insgesamt habe man drei Optionen geprüft. Ein reiner Hochwasserschutz mit Rückhaltebecken und Bypass in Innichen würde seit geraumer Zeit am Veto der Grundeigentümer scheitern. Die beiden anderen Varianten sehen einen Umfahrungstunnel vor, wobei die Alternative zum skizzierten Modell denn Fluss durch einen separaten Stollen führt.
Auch, aber nicht nur aus Kostengründen habe man sich letztlich dazu entschieden, die Kombi-Variante – Gius sieht sie als Kompromisslösung – zu vertiefen: „Derzeit laufen die Laborversuche an der Universität Bozen, um physische Modelle zu erstellen. Das ist wichtig, denn die Wasserfassung am Eingang, die Strömung durch den Tunnel und die Rückgabe des Wassers ist durchaus heikel.“
Am Tunneleingang braucht es eine Lösung, um Fische und Schwemmholz nicht in den Stollen abzuleiten. Um die großen Kräfte der Fluten am Tunnelausgang zu zähmen, sollen sogenannte Energievernichter eingesetzt werden. Jetzt wird es futuristisch: Vor dem Ende des Portals öffnet sich eine Luke, die das Wasser schluckt und unter die Fahrbahn leitet. Dort bremst ein Betonkanal die Strömung ein, ehe das Wasser in die Felder und Wiesen neben der Fahrbahn und anschließend in die Drau rinnt. „Damit wird die Hochwasserspitze gekappt und das Wasser dosiert zurückgegeben“, so Gius.
Führt der Sextner Bach mehr als 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, wird der Tunnel gesperrt und der Verkehr rollt über die bisherige Route durch Innichen. Diese Strecke soll wiederum beruhigt und zurückgebaut werden. Die Politik habe dem Projekt bereits ihr Wohlwollen signalisiert: „Die beiden zuständigen Landesräte und auch Landeshauptmann Kompatscher sind mit dem Projekt einverstanden.“ In Bozen werde bereits ein entsprechender Beschluss vorbereitet. Einwände von Anrainern oder Naturschützern habe es noch keine gegeben, so Gius: „Bis jetzt sind alle damit einverstanden.“ Nachgefragt beim „UmWeltRing Pustertal“, der dem Südtiroler Dachverband für Natur angehört, weiß man von diesen Plänen noch nichts.
Die Bevölkerung wurde in Sexten und Innichen am 28. Juli und am 5. August bei zwei Online-Veranstaltungen über das Projekt informiert. Der Gemeinderat von Innichen um Bürgermeister Klaus Rainer hat sich auf Basis der hydrologischen Untersuchungen nach dem letzten Hochwasser im November 2018 für den „Kombi-Stollen“ entschieden. Im vergangenen Winter wurden weitere geotechnische und seismologische Untersuchungen durchgeführt, um die Beschaffenheit des Gesteins beim Tunnelvortrieb zu erfassen.
Insgesamt rechnet man mit Baukosten von etwa 24 Millionen Euro. Für den hydraulischen Hochwasserschutz gibt es zwar zweckgebundene Gelder aus dem EFRE-Fonds der EU, der Tunnel an sich ist aber ein Straßenbauvorhaben, für das das Land und die Gemeinden aufkommen müssten. „Die Finanzierung ist hier natürlich eine wichtige Frage. Derzeit wird geprüft, ob auch Covid-Gelder der EU aus dem Recovery-Fonds dafür in Frage kommen“, weiß Gius.
Steht die Finanzierung, muss das Projekt eine weitere Hürde nehmen. Weil es in Italien noch kein vergleichbares Bauwerk gibt, sieht die Straßenverkehrsordnung eine Doppelnutzung als Umfahrung und Hochwasserstollen nicht vor. Gius ist optimistisch: Man werde damit argumentieren, dass der Tunnel ab dem Zeitpunkt der Hochwassersperre ein hydraulisches Bauwerk ist, die Funktionen also zeitlich getrennt werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, arbeitet bereits eine Kommission an neuen Normen. Bis Ende 2022 muss die Planung für diesen „Probestollen“ abgeschlossen sein.
5 Postings
Je enger die Landschaft desto weiter das Denken? - Verkehrs -ströme- sowie -Wasser -ströme- begriffen als gottgegebene schicksalshafte Rahmenbedingungen für absurdes menschliches Handlungstheater. Das eine als begründende Bedingung für das andere. Ursachentherapie ist das nicht, sondern verdümmlichtes Panikverhalten zur allgemeinen Bespaßung auf höchster Ebene
ich glaub den südtirolern hast du noch gefehlt zu allem .... es reicht wenn wir deine ständigen beiträge in bezug auf hagelversicherung und co über uns ergehen lassen müssen ....
Herr wolf_c, kann es sein, dass gerade Sie mit einem uralten VW Bus rumtuckern, sollten Sie mal weitere Strecken zurücklegen müssen? So ohne Katalysator und richtig umweltunfreundlich auf öffentlichem Straßennetzen? 🥴🤢🤮
Der Verkehr von Innichen nach Sexten ist ein Problem. Wie gedenkt man den Verkehr von der Grenze nach Buneck zu bändigen. Auch der letzte Schranken bei Vierschach steht immer noch und blockiert.
Unterführungen wären bei der Bahn optimal. Und der Verkehr wird noch mehr steigen, hoffentlich nur noch umweltfreundlich betrieben...
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