„Heute muss immer alles schnell gehen.“
Mit Papier, Charme und Konfetti zaubert der „Paperman“ bei Olala. Wir haben ihn getroffen.
Er steckt in einem Kostüm, das nur aus Zeitungspapier besteht – einer ausladenden Hose, einem weiten Hemd. Der Hut eine Wanderkarte, die Schuhe aus Tetra-Paks. Da kann nur einer auf der Olala-Bühne stehen – der „Paperman“ höchstpersönlich.
Und als wäre noch nicht genug Papier im Spiel, reißt er mit geschickten Fingern trickreiche Scherenschnitte in Seidenpapier, zaubert Papierblumen unter seinem Hemd hervor und schüttelt Papierkonfetti aus einer Tüte. Und während „Mr. Lo“ Formen und Schrift in Papier reißt, ruft er schelmisch von der Bühne: „Ja, ich mache das hauptberuflich!“
Wir von dolomitenstadt.at haben uns gefragt wer unter den vielen Lagen von Papier steckt und haben „Mr. Lo“, der mit bürgerlichem Namen Lorenzo Torres heißt, am Rande des 30. Straßentheaterfestivals in Lienz getroffen.
„Do you prefer speaking English?“, fragen wir den gebürtigen Kalifornier, der nach seiner eigenen Show etwas weiter hinten unter dem Skyliner sitzend die Auftritte seiner Künstlerkollegen genießt. „Nein, nein, Deutsch ist gut!“, wiegelt er ab. Immerhin lebe er schon lange Zeit in Deutschland. Zunächst verschlug es ihn nach Berlin, inzwischen lebt der Künstler in Bayern. Deshalb fühle es sich in Lienz ein bisschen wie daheim für ihn an: „Ich bin zum ersten Mal in Osttirol, aber die Gegend ist sehr ähnlich wie die, wo ich jetzt wohne.“
1982 hatte es ihn zunächst als Balletttänzer in die deutsche Hauptstadt verschlagen, später stand er als Verrenkungskünstler auf der Bühne. Wie ist er dann zur Papierkunst gekommen? „Weißt du, wenn man älter wird, kann man sich irgendwann nicht mehr so gut verrenken. Ich habe mir eine Performance für alte Leute gesucht", lacht er.
Wobei: Das Alter ist immer relativ zu sehen, der 64-Jährige steht schon seit über 20 Jahren als Papierkünstler auf der Bühne. Und: „Meine Verwandten sind alle über 100, also habe ich auch noch ein bisschen Zeit“, schmunzelt Torres. Zeittechnisch habe sich aber einiges verändert für die Kunst des Papierreißens: „Heute muss immer alles schnell gehen. Mehr als 20 Minuten Programm ist zu viel für die Leute. Früher haben meine Shows eine Stunde und länger gedauert und allen hat es gefallen.“
Zeit braucht er auch, um seine Shows vorzubereiten: „Für diese Show habe ich etwa vier Stunden gebraucht“, aber er sei durch das viele Tüfteln in den vergangenen Jahren schon viel schneller geworden.
Seine „Kunstwerke“ kann der „Paperman“ kein zweites Mal verwenden – denn diese sind am Ende seiner Auftritte entweder zerrissen oder an das Publikum verschenkt. Etwa 20 Quadratmeter Papier verbraucht er für eine Show wie die beim Olala-Festival in Lienz: „Aber verloren ist nichts, ich schenke dem Papier ja ein zweites Leben“, so Torres.
Wer sich von der Kunst des Papierreißens und dem Charme des „Mr. Lo“ selbst verzaubern lassen möchte, hat heute Nachmittag ab 14.30 Uhr noch einmal die Möglichkeit, ihn auf der Olala-Bühne am Ebnerfeld zu sehen.
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