„Stephanie hat von der Speed- und auch von der Technik-Seite her sehr gute Eigenschaften. Im physischen Bereich hat sie noch Potenzial nach oben, aber sie wird einschlagen.“ Der Cheftrainer der Schweizer Ski-Damen, Beat Tschuor, lag mit dieser Einschätzung über seine Athletin Stephanie Jenal vor der Saison 2018/19 goldrichtig.
Heute, knapp drei Jahre später, spaziert Stephanie mit einem breiten Grinsen im Gesicht über den Lienzer Hauptplatz. Für die kommende Saison hat die 23-Jährige mit starken Leistungen einen Fixplatz im Weltcupzirkus ergattert. Doch warum steht die Bündnerin mitten im Sommer vor der Liebburg? Die naheliegende Antwort „Urlaub“ stimmt nur zum Teil, denn Stephanie hat Osttiroler Wurzeln und ist mit der Region noch heute fest verbunden.
Die Mutter des Skitalents stammt aus Dölsach, ihr Vater aus Samnaun, wo die Familie lebt. Mindestens einmal pro Jahr wird die Verwandtschaft in der Dolomitenstadt besucht. „Ich bin gerne hier und mag die Dolomiten. Schöne Gegend“, erzählt mir Stephanie während wir auf einer Terrasse auf unsere Getränke warten. Da kommt auch schon eine grundlegende helvetische Tugend zum Vorschein: Stephanie ist besonders höflich. Mit zweieinhalb Jahren stand sie zum ersten Mal auf Skiern und wollte fortan jeden Tag auf die Piste. Als Sechsjährige bestritt sie ihre ersten Vereinsrennen und wechselte mit 13 an die Sportschule Davos.
Theoretisch könnte Stephanie auch für Österreich fahren, sie hat beide Pässe. „Ich bin aber von klein auf für die Schweiz an den Start gegangen und dort aufgewachsen, deshalb war das für mich irgendwo selbstverständlich“, sagt Stephanie. Weil beide Länder mit vielen Talenten gesegnete Skinationen sind, wäre der Kampf um einen Weltcupplatz in Österreich nicht leichter gewesen. Doch Stephanie ließ sich nicht unterkriegen, nahm sich die Worte von Beat Tschuor zu Herzen und ist gerade dabei – wie er es nannte – einzuschlagen.
In der vergangenen Saison überzeugte die 23-Jährige auf ganzer Linie und wurde im Super-G-Europacup mit einem Sieg und einem dritten Platz Gesamtzweite. Das habe sogar ihre Betreuer überrascht: „Sie haben zwar viel erwartet, aber da waren auch sie baff.“ Ihre Leistungen werden nun belohnt. In der kommenden Saison darf Stephanie jeden Super-G im Damen-Weltcup fahren. Auch die eine oder andere Abfahrt könnte sich durch die Trainings-Qualifikation ausgehen. Über diesen Modus schaffte es die Bündnerin schon einige Male ins Weltcup-Team, im Super-G ist sie nun aber gesetzt.
Weil Stephanie eine „Speed-Dame“ ist, wird sie bei den Rennen am Hochstein im Dezember aber nicht an den Start gehen. Sichtlich verlegen schiebt sie nach, dass sie den Lienzer Hausberg generell noch nie auf Skiern bezwungen hat: „Das habe ich aber noch vor. Schon früher habe ich mir immer wieder gedacht, dass ich dort einmal fahren möchte.“ Derzeit gilt ihre Konzentration aber ohnehin der Vorbereitung für den Winter. In den nächsten Tagen stehen die ersten Trainings auf den Gletschern an. Mit dabei sind auch die Aushängeschilder der Eidgenossen wie Lara Gut-Behrami und Michelle Gisin, zu der Stephanie einen guten Draht hat: „Michelle ist sehr offen und kommt auch oft auf mich zu. Das hilft mir.“
Viel Zeit für andere Hobbys bleibt der Jungsportlerin nicht. „Eine Tennis-Partie geht sich aber immer aus“, grinst Stephanie. Nebenbei absolviert sie derzeit ein Fernstudium im Tourismusmanagement an einer Fachhochschule in Deutschland. Ihr wichtigstes Karriereziel sei es aber, ihren Traum von einer Laufbahn als Profisportlerin zu verwirklichen. Die 23-Jährige träumt auch von einer Olympia-Medaille, die Spiele im herannahenden Winter kommen dafür aber noch zu früh.
Bleibt sie wie bisher von schweren Verletzungen verschont, hat Stephanie für ihre Karriere alle Karten in der Hand. Dennoch nimmt sie die Gefahr einer verhängnisvollen Blessur nicht auf die leichte Schulter: „Erst kürzlich musste eine meiner Kolleginnen aufhören, weil sie sich zum fünften Mal schwer verletzt hat. Zu sehen, wie Verletzungen Karrieren verhindern, ist nicht schön. Diese Gefahr kennen wir und nehmen das Risiko in Kauf.“
Um fit zu bleiben, hat sich die junge Sportlerin auch in eine Männerdomäne gewagt und sich vor zwei Jahren der Schweizer Armee angeschlossen. Die fünfwöchige Grundausbildung und die regelmäßigen Übungen kombinieren Militärausbildung und Training für die Bewerbe. Als Draufgabe wird die Sportlerin vom Heer gesponsert, das Programm funktioniert also ähnlich wie das Heeresathletenmodell in Österreich, dem etwa Ski-Ass Conny Hütter angehört. Die ÖSV-Athletin wird Stephanie spätestens Anfang Dezember in Lake Louise treffen, wenn sie sich im Super-G mit der Weltelite auf zwei Brettern messen.
Ein Posting
Jo das sind nun mal gute Osttiroler GeneViel Glück , viel Erfolg und eine Unfallfreie Saison. Lg Tante Erika
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