Grüne lehnen Urwahl ihres Bundessprechers ab
Kehrtwende bei der Medienöffentlichkeit des Bundeskongresses.
Mit einem Dämpfer für Grünen-Chef Werner Kogler ist der Bundeskongress seiner Partei am Sonntag in Linz zu Ende gegangen. Eine von ihm gepushte Statutenänderung, mit der die Urwahl des grünen Parteichefs und mehr Mitsprache für ihn bei der Listenerstellung eingeführt worden wäre, erreichte nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Davor hatten die Grünen alles getan, um Einigkeit und Zuversicht auszustrahlen.
Angedacht wäre gewesen, dass künftig die 7.000 Mitglieder der Landesparteien den/die Bundessprecher/in wählen dürfen und nicht nur die rund 280 Delegierten des Bundeskongresses. Bewerben können hätte sich jedes Mitglied mit zumindest 100 Unterstützern. Lange war an der Änderung der Parteistatuten gearbeitet worden, auch bis zum späten Samstagabend war noch diskutiert und der Antrag modifiziert worden. Es gab aber zu viele kritische Stimmen, etwa aus den Landesorganisationen Niederösterreich und Wien sowie vom "zehnten Bundesland" (Minderheiten bzw. Zuwanderer).
Kogler nahm die Niederlage sportlich und zeigte Verständnis, schließlich müsse der Bundeskongress mit der Reform Kompetenzen abgeben. Man werde geäußerte Vorschläge aufgreifen. "No hard feelings", sagte er in seinem Schlusswort. Bundesgeschäftsführerin Angela Stoytchev sprach davor von "Entscheidungen, die mal so und mal so ausgehen, das ist so in unserer Basisdemokratie". Wo man noch an Rädchen drehen könne, werde man das tun.
Am Vormittag hatte Kogler mit einer Brandrede die Koalition der Grünen mit der durch Justizermittlungen in Bedrängnis geratenen ÖVP verteidigt. Sich dafür zu entschuldigen, dass man regiere, sei ein "Blödsinn", denn "besser die Richtigen regieren, als die Falschen". Auch die frühere Wiener Vizebürgermeisterin, seine Parteikollegin Maria Vassilakou zitierte er mit den Worten: "Regieren ist nichts für Lulus."
Lob gab es für die grünen Regierungsmitglieder. Kogler hob die Arbeit von Umweltministerin Leonore Gewessler für eine ökologische Transformation des Landes hervor. Der Klimaschutz sei der historische Auftrag der Partei. Justizministerin Alma Zadic stelle sich bei allen Angriffen vor die Justiz, was ebenfalls zeige: "Den Unterschied machen wir." Die neuen in der Riege, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, wurden einstimmig vom Bundeskongress bestätigt.
Viel Jubel gab es für den aus Gesundheitsgründen zurückgetretenen Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der persönlich auf der Bühne erschien. Johannes Rauch aus Vorarlberg lobte ihn für dessen "unendliche Mühen" und äußerte die Hoffnung, dass er sich bald wieder bei den Grünen einklinken könnte: "Du bist ein unverzichtbarer Bestandteil der Grünen." Kogler versprach ihm ein grünes Sommerfest, ebenso wie dem zweiten zurückgetretenen Regierungsmitglied Ulrike Lunacek.
Bei der Medienöffentlichkeit beim Bundeskongress vollzogen die Grünen eine Kehrtwende. Waren Journalisten zunächst von den Programmpunkten am Nachmittag - Generaldebatte über den Leitantrag, Abstimmung über die Urwahl des Bundessprechers - ausgeschlossen, wurde dies schließlich zurückgenommen. Anwesende Medienvertreter hatten protestiert und vermutet, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit der Sorge vor abweichenden Stimmen geschuldet war, die etwa die Koalition mit der ÖVP infrage stellen könnten. Die Überraschung brachte dann aber nicht dieser Punkt, sondern die Statutenabstimmung.
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