In ihrer ersten in Innsbruck stattfindenden Soloschau „Pioniere“ zeigt Alexandra Kontriner ihre gleichnamige Werkreihe, die sogenannten Pionierpflanzen gewidmet ist: Pflanzen, die aufgrund besonderer Anpassungsfähigkeit neue, noch vegetationsfreie Gebiete besiedeln.
Ein Beispiel ist das „Schmalblättrige Weidenröschen“: Diese aus der Familie der Nachtkerzen stammende Pflanze vermehrte sich stark auf den durch Luftangriffe und Bodenkämpfe entstandenen urbanen Schutt- und Trümmerflächen des Zweiten Weltkrieges. Das zuvor in der Stadt kaum bekannte Weidenröschen erhielt den volkstümlichen Namen „Trümmerblume“.
Auf Alexandra Kontriner (geb. 1980 in Lienz, lebt in Wien) üben Pionierpflanzen eine besondere Anziehung aus: „Zuerst einmal fasziniert mich die Tatsache, dass sie scheinbar aus dem Nichts kommen und so unglaublich durchsetzungsstark sind. Plötzlich sind sie da und füllen eine Lücke, bieten Lebensraum, fungieren als Nahrungsquelle, helfen das Klima zu regulieren und sind auch noch schön. Für mich sind Pionierpflanzen ein Zeichen von Hoffnung. Oft fühlt man sich ja hilflos und glaubt, man könne nichts gegen die Zerstörung tun. Dann erkennt man anhand einer Pflanzengruppe, welch ungeheure Kraft die Natur aus sich selbst entwickelt und dass es vielleicht genügt, wenn der Mensch einen Schritt zurücktritt, wieder demütiger wird und nichts Anderes tut, als Selbstheilungsprozesse zu erlauben.“
Typische Habitate für Pionierpflanzen entstehen nach Bränden, Erdrutschen oder Gletscherrückgängen. In der Stadt wachsen sie unter anderem zwischen Pflastersteinen, am Straßenrand oder auf verwilderten Nutzflächen. Sie schaffen geeignete Bedingungen für Folgepflanzen und Insekten, die sich in diesen Gebieten ansiedeln. Im Verlauf der Sukzession werden die konkurrenzschwachen Pioniere durch neue Arten verdrängt.
Bei regelmäßigen Recherchegängen sammelt Alexandra Kontriner solche Exemplare, trocknet und zeichnet sie schließlich mit Bleistift und Aquarellfarbe originalgroß und täuschend echt auf Büttenblätter. Mit hoher zeichnerischer Konzentration entstehen zarte und sinnliche Pflanzen-Porträts mit beeindruckender haptischer Wirkung.
In der Ausstellung kombiniert sie die Pflanzenbilder mit großen schwarz-weißen Aquarellmalereien von Sukzessionsflächen, die den „Heilungsprozess der Natur“ mit ihren typischen Stauden und Büschen zeigt.
Es sind Landschaftsdarstellungen von urbanen Brachen wie dem Areal des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs, wo heute Wildpflanzen gedeihen und zahlreiche Insekten und andere Tierarten leben. Als Entwicklungsgebiet sind solche Zonen die Basis der Nahrungskette und bilden damit einen wesentlichen Baustein für die Erhaltung der Diversität. Ein weiterer Effekt: Im Sommer sorgen sie für Abkühlung in den überhitzten Städten und veranschaulichen, wie ohne viel Aufwand die Koexistenz Mensch und Natur funktionieren kann: Natur wird sich überall entfalten, wo der Mensch sie einfach nur zulässt.
Ausstellung „Pioniere“, Alexandra Kontriner Mittwoch, 19. Mai 2021. Die Künstlerin wird zwischen 16 und 19 Uhr anwesend sein. Plattform 6020, Fördergalerie der Stadt Innsbruck, Amraser Straße 2 Öffnungszeiten: 20. Mai bis 3. Juli 2021 Mo 14:00-19:00 Uhr, Di-Fr 10:00-19:00 Uhr, Sa 10:00-17:00 Uhr
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