Jetzt startet ein Folgeprojekt, das sich „Pustertaler Kulturartenvielfalt“ (PuKuVi) nennt und in Kooperation mit der Europäischen Akademie Bozen (Eurac) und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) die Begeisterung für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt grenzübergreifend im gesamten Osttiroler und Südtiroler Pustertal entfachen soll.
Brigitte Vogl-Lukasser, aus Assling stammende Biologin an der Universität für Bodenkultur, ist auch bei diesem Projekt federführend. Sie weist darauf hin, dass der dramatische Verlust von Biodiversität in unserer Landschaft auch mit einem Rückgang des Spektrums der angebauten Kulturpflanzen, deren Sorten und auch der damit assoziierten Wildpflanzen – also Beikräuter oder Unkräuter – in Acker- und Gartenbau einhergeht: „Das führt nicht nur zu einem Rückgang der Fauna, die auf diese Pflanzenarten und deren Lebensräume spezialisiert ist, zum Beispiel Wildbienen und Schmetterlinge, sondern auch zu einem Verlust an Saatgut und damit an genetischem Material, dem kulturellen Erbe von Generationen.“
Wer durch das Pustertal fährt oder spaziert, bewegt sich in einer Kulturlandschaft, die neben der Infrastruktur, Wohnhäusern und landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden überwiegend von Wald, Wiesen und Weiden geprägt ist und in dieser Form oftmals als „traditionell“ wahrgenommen wird. Vogl-Lukasser: „Tatsächlich sind die ausgedehnten Wiesen und Wälder aber nicht Tradition, sondern eine jüngere Entwicklung. Bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden Roggen, Hafer, Weizen und Gerste, Mohn, Ackerbohnen, Erbsen, Kraut, Kartoffeln sowie andere Kulturpflanzen zur Selbstversorgung nicht nur in den Tallagen, sondern auch an den teilweise steilen Hängen angebaut. Die vielen Grünschattierungen und die Blüten der Kulturpflanzen ließen das Pustertal in der Vegetationszeit in vielfältigen Farben schillern und glitzern.“
Wirtschaftliche und arbeitstechnische Rahmenbedingungen führten zu massiven Veränderungen im Kulturpflanzenspektrum des Tales. „Das Projektteam will das Rad der Zeit aber nicht zurückdrehen“, hält Vogl-Lukasser fest, „der Ackerbau im Berggebiet ist beschwerlich und an Hängen ökologisch nicht ideal aufgrund der Bodenerosion. Wir möchten aber dennoch motivieren, die Kulturpflanzenvielfalt und das Handwerk der Saatguterhaltung dort, wo es möglich und gewünscht ist, zu erhalten.“
Kulturpflanzen, die im Pustertal über viele Jahrzehnte angebaut und vermehrt wurden, gedeihen besonders gut an den rauen Standorten des Berggebietes. „Wenn das Handwerk der Saatguterhaltung sowohl für traditionelle als auch für ‚neue‘ Kulturpflanzen in der Region nicht mehr geübt wird, verlieren wir Anpassungs- und Reaktionspotential für Herausforderungen in der Zukunft. Dem will PuKuVi entgegenwirken“, unterstreicht die Biologin.
Das Team rund um PuKuVi aus Ost- und Südtirol wird identifizieren, für welche traditionell angebauten Kulturpflanzen und Sorten es noch Saatgut im Pustertal gibt und wer diese erhält. Man will mit den Erhaltern ins Gespräch zu kommen, nach Möglichkeit Saatgutproben sichten und den Nachbau fördern. Bildungsmaßnahmen sollen dazu dienen, Erfahrungen über die Erhaltungsarbeit auszutauschen. Im Idealfall finden traditionelle Kulturpflanzen auch wieder den Weg in die Küche. Vogl-Lukasser: „Nur wenn die regionalen Pustertaler Spezialitäten angebaut werden, können sie hernach auch genossen werden.“
3 Postings
Super tolles Projekt zur Förderung der speziell an Osttiroler Verhältnisse angepassten Arten-und Sortenvielfalt! Herzlichen Dank an Dr. Brigitte Vogl-Lukasser für diese Initiative aus dem Pustertal!
Top Projekt mit Vorbildwirkung . . . So sieht Nachhaltigkeit U verantwortliches Denken/Tun für die kommenden Generationen aus - Hut ab!
... ob dieses liebevolle und intelligente tun nicht geschäftsschädigend für die genossen und verwandte geister ist? ...
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