Gemeinderatssitzungen auch in Covid-Zeiten öffentlich
Urteil des Tiroler Landesverwaltungsgerichts hat Einfluss auf die Sitzungspraxis in Lienz.
„Es ist 18.00 Uhr und ich eröffne die Sitzung“. So startet der Lienzer Gemeinderat, moderiert von Bürgermeisterin Elisabeth Blanik, meist am ersten Dienstag im Monat in seine grundsätzlich öffentlichen Sitzungen, die sich dann je nach Umfang der Tagesordnung und Diskussionsfreudigkeit der Mandatare drei, vier Stunden und auch länger hinziehen können.
Corona veränderte allerdings auch im lokalpolitischen Parlamentarismus die Spielregeln. Anfang Mai 2020 wollte man in Lienz die Bürger und Bürgerinnen ganz ausschließen. Das war nicht haltbar und so wurde der Besuch unter Einhaltung strenger Sicherheitsmaßnahmen auf der Besuchergalerie des Ratsaals erlaubt – mit einer gravierenden Einschränkung: Seit gesetzliche Ausgangsbeschränkungen ab 20.00 Uhr verordnet sind, müssen Zuhörer um diese Zeit den Saal verlassen. Ausgenommen sind Medienvertreter, weil sie aus beruflichen Gründen anwesend sind.
Die Interpretation, wer in die Kategorie „Medienvertreter“ fällt, führte auch in Lienz zu Diskussionen. Die Einschränkung der Öffentlichkeit eskalierte aber vor allem in der Nordtiroler Gemeinde Wenns, wo die Sitzungen überhaupt erst um 20.00 Uhr begannen und ein Gemeindebürger mit Verweis auf geltendes Recht darauf pochte, als Zuhörer daran teilzunehmen. Er wurde von der Polizei des Saales verwiesen. Das löste nicht nur geharnischte politische Proteste der Opposition aus, sondern zeigte auch Meinungsunterschiede in der schwarz-grünen Regierungskoalition auf.
Vergangene Woche beendete das Landesverwaltungsgericht Tirol schließlich das Hickhack mit einer rechtlichen Klärung: Der Gesetzgeber habe „eine allgemeine Regelung für alle öffentlichen Sitzungen der allgemeinen Vertretungskörper ‚zur Wahrung des Grundsatzes der Öffentlichkeit‘ ohne jegliche Einschränkung getroffen.” Und so dürfen nicht nur Mandatare, Verwaltungsangestellte und Medienvertreter nach 20.00 Uhr einer Gemeinderatssitzung beiwohnen, sondern eben alle interessierten Bürgerinnen und Bürger.
Stephanie Jicha, Gemeindesprecherin der Tiroler Grünen und selbst Gemeinderätin in Vomp, betont, man habe von Anfang an die Rechtsmeinung vertreten, dass eine Teilnahme trotz Ausgangsbeschränkungen möglich sei. Die Entscheidung des LVwG Tirol habe nun für Klarheit gesorgt: „Diese Entscheidung ist ein Auftrag. Das Land hat umgehend die Gemeinden dahingehend zu informieren und aufzuklären, dass es der interessierten Bevölkerung ausdrücklich möglich ist, an den öffentlichen Gemeinderatssitzungen teilzunehmen. Auch eine Entschuldigung bei den ausgeschlossenen Bürgern und Bürgerinnen wäre angebracht“, fordert Jicha den zuständigen Gemeindelandesrat Josef Tratter auf, tätig zu werden.
Die Liste Fritz jubelt ebenfalls und spricht von einem Sieg der Demokratie: „Dafür haben wir uns seit Monaten mit Anträgen im Landtag, mit persönlichen Schreiben an den Landeshauptmann und mit Anfragen bis zum Gesundheitsministerium eingesetzt“, erklärt Fritz-Mandatar Markus Sint. Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes müsse jetzt unmittelbar Auswirkungen auf die anstehenden Gemeinderatssitzungen in anderen „Problemgemeinden“ haben.
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