Deutschland schließt die Grenzen zu Nordtirol
Keine Ausnahmen für Pendler trotz Appell der EU-Kommission und Platter-Protest.
Wegen der Ausbreitung der Südafrika-Variante des Coronavirus hat Deutschland die Regeln für die Einreisen aus Tirol massiv verschärft. Ab der Nacht auf Sonntag werden stationäre Kontrollen an der deutschen Grenze zu Nordtirol eingerichtet. Von dem weitgehenden Einreisestopp sind auch Pendler nicht ausgenommen, wie das deutsche Innenministerium am Freitagabend mitteilte. Zuvor hatte die EU-Kommission vergeblich an Berlin appelliert, Ausnahmen unter anderem für Pendler zu gewähren.
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer wies dies jedoch entschieden zurück. Er sagte, die deutsche Regierung werde nicht "tatenlos zusehen, wie die Virus-Mutation zu uns rüber schwappt". Grenzkontrollen im Herzen Europas seien schmerzhaft, aber derzeit unumgänglich.
Ab Sonntag dürfen damit aus Nordtirol – Osttirol, die Gemeinde Jungholz sowie das Rißtal im Gemeindegebiet von Vomp und Eben am Achensee sind dezidiert ausgenommen – nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland, landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte und Gesundheitspersonal einreisen.
Wie das deutsche Innenministerium am Freitag ausführte, dürfen auch Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder kommen, allerdings nur, wenn sie gemeinsam mit dem deutschen Angehörigen die Grenze passieren. Auch Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr sind von dem Verbot ausgenommen. Außerdem sollen Einreisen aus dringenden humanitären Gründen - etwa bei einem Todesfall - erlaubt sein. Auch in den Ausnahmefällen gelten Test- und Quarantänebestimmungen.
Dasselbe gilt für Tschechien, das am Donnerstag ebenso wie Nordtirol als Virusmutationsgebiet eingestuft wurde. Am Freitag kam die Slowakei hinzu. Für Großbritannien, Portugal und einige andere Staaten gilt dies schon länger.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) forderten Freitagabend in einer Aussendung eine Ausnahmeregelung für Berufspendler. Die jetzige Regelung würde "tausenden Tirolerinnen und Tirolern, die zur Arbeit nach Bayern pendeln, das Arbeiten verunmöglichen. Auch in Deutschland wohnhafte Personen, die in Tirol arbeiten, müssten sich demnach bei der Rückreise gemäß der aktuellen Bayrischen Regeln in Quarantäne begeben. Damit würde ein grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten und Wirtschaften in den Grenzregionen so gut wie zum Erliegen kommen, was auch nicht im Sinne Deutschlands sein kann", erklären Platter und Felipe.
Platter verwies darauf, dass die Virusmutationen - auch die südafrikanische - bereits in ganz Europa kursieren. Während der Pandemie habe man gelernt, dass Grenzschließungen kein "geeignetes Mittel" in der Pandemiebekämpfung seien. "Denn das Virus kennt keine Grenzen", stellte er fest. Felipe forderte weiters noch mehr Informationen den Transitverkehr betreffend. "Tirol darf wegen der Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland nämlich nicht zum Lkw-Parkplatz Europas werden", sagte die Verkehrslandesrätin. Sollte es dennoch so kommen, müsse Tirol selbst "weitere Schritte setzen", um einen "enormen Lkw-Rückstau" zu verhindern.
"Wir sind für ein freies Europa", aber in der Pandemie müsse die Sicherheit oben stehen, erklärte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder am Freitag. Der Schutz der Grenzen und ein Einreiseverbot für Menschen ohne negativen Corona-Test seien ganz entscheidende Schutzmaßnahmen. "Wir brauchen diese Sicherheit." "Einmal Ischgl reicht - lieber an dieser Stelle auf Nummer sicher gehen", betonte der CSU-Chef. Für die vielen Berufspendler über die Grenzen kündigte er aber "praxisnahe Lösungen" an.
Zuvor hatte die EU-Kommission Deutschland dazu aufgefordert, Ausnahmen etwa für Pendler zu gewähren. Ein Sprecher der Behörde erinnerte am Freitag daran, dass die EU-Staaten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt hätten. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten. Grenzschließungen und pauschale Reiseverbote sollten vermieden werden. Man fordere Deutschland deshalb dazu auf, zumindest für unverzichtbare Reisen sowie für Grenzpendler Ausnahmen zuzulassen.
Laut der deutschen Bundesagentur für Arbeit arbeiteten Ende Juni 9.600 Österreicher und rund 22.000 Tschechen in Bayern. Rund 45.000 in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hatten zuletzt ihren Wohnsitz in Tschechien oder Österreich. Die Österreicher - wie viele davon in Tirol lebten, geht aus der Statistik nicht hervor - arbeiteten demnach vor allem im verarbeitenden Gewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen, in Autowerkstätten, im Verkehr und in der Logistikbranche.
5 Postings
Deutschland schließt die Grenzen zu Nordtirol: das ist gut so, weil in deutschland starben zb gestern verhältnismässig ca doppelt so viele menschen an covid wie in österreich
Besten Dank an Hörl und Platter! In Scharfsinn und Eloquenz nicht zu überbieten. Alles richtig gemacht...
Was soll das mit Retourkutsche ? noch dazu auf dem Rücken solcher die es sonst schwer genug haben. Den Schwerverkehr brauchen wir ja selber auch.Denk da jetz zB. nur an die Lkw die täglich vom Liebherr nur über Felber-Kufstein-nach Deutschland unterwegs sind,sowie viele anderen auch.Unsere Landespolitiker machen das Wir sind Wir Gehabe ja ständig vor. Schauen das wir alles unter Kontrolle kriegen auch bei uns in Osttirol....und darauf bauen das es bald besser wird.
Da gibt`s nur eins: Grenzen dicht, auch für den ausländischen Schwerverkehr. Mal sehen, wie lange das die Deutschen durchhalten.
Die momentanen Maßnahmen werden der momentanigen Situation wohl gerecht sein. Doch das dauernde betonen von Herrn Söder auf Ischgl find ich inzwischen mehr als Ablenkung von den EIGENEN Problemen!! oder hat Bayern nicht einzelne Bezirke oder Orte die DEUTLICH über den Inzidenzahlen innerhalb Deutschlands ligen ???? also Herr Söder bitte vor der EIGENEN Haustüre kehren!!!!
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