Tiroler Vollquarantäne war laut VfGH rechtswidrig
Das Höchstgericht hob die Verordnung auf. Die Opposition pocht auf Generalamnestie.
Die im vergangenen Frühjahr vom Land Tirol verordnete Corona-Vollquarantäne war rechtswidrig. Zu diesem Schluss kam der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in einer am 10. Dezember getroffenen und am Dienstag, 19. Jänner, veröffentlichten Entscheidung, berichtet die „Tiroler Tageszeitung“.
Damit wurden die von Landeshauptmann Günther Platter am 20. März vergangenen Jahres erlassenen Verordnungen, die das Überschreiten des eigenen Gemeindegebiets verboten haben, aufgehoben. Ab dem 5. April seien die Bestimmungen aber durch das Epidemiegesetz gedeckt gewesen, hieß es. Gekippt wurde zudem das Verbot über das Verlassen des eigenen Wohnsitzes. Das Höchstgericht hatte zuvor bereits mehrere Maßnahmen des Bundes aufgehoben.
Tirol hatte zu Beginn der Corona-Welle schärfere Maßnahmen als der Bund erlassen. Zunächst traf die Vollquarantäne die Gemeinden im Paznauntal wie Ischgl, St. Anton am Arlberg und Sölden, dann rief Platter die „Selbstisolation“ aller Tiroler Gemeinden aus. Das Land drehte die Bewegungsfreiheit der BewohnerInnen fast völlig ab.
Politische Reaktionen auf das Urteil ließen nicht lange auf sich warten. „Die Entscheidung, dass die landesweite Gemeindequarantäne rechtswidrig war, beweist, dass die Grund- und Freiheitsrechte auch in Pandemiezeiten Geltung haben“, so Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Er fordert, dass sämtliche Verwaltungsstrafen, „die aufgrund rechtswidriger Verordnungen erlassen wurden, rückwirkend aufgehoben und die Einhebungen der Strafen sofort eingestellt werden.“
Auch die SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim pocht auf Generalamnestie: „Gesetzeswidrige Strafen müssen aufgehoben bzw. zurückbezahlt werden. Dass das möglich ist haben zahlreiche Verfassungsexperten bestätigt. Bisher hat sich die schwarz-grüne Bundesregierung dem immer verwehrt.“ Der entsprechende Antrag der SPÖ liegt dem Nationalrat seit Mai 2020 vor. „Anfang Juli zeigte sich die Justizministerin bezüglich einer Lösung zuversichtlich. Im selben Monat versprach der Gesundheitsminister eine 'bürgerfreundliche Lösung' zu finden. Jetzt gibt es immer noch keine Entscheidung, kein Ansatz einer Lösung in Sicht“, kritisiert Yildirim. Durch das jüngste Urteil für Tirol stehe nun auch die Landesregierung in der Pflicht, Fehler einzugestehen und sich für die Bürger einzusetzen.
25 Postings
Finde ich interessant wie einige rechtswidrige Gesetze mit dem Argument der Pandemie akzeptieren.
Es ist richtig, die Pandemie muss so gut wie irgend möglich bekämpft werden, aber das mit rechts-/verfassungskonformen Gesetzen. Da gibt es meiner Meinung nach keinen Spielraum und keine Toleranz zu rechtswidrigen Verordnungen/Gesetzen.
Leider gibt es in Ö kein Eilverfahren beim VFGH um Verordnungen sofort zu prüfen (wie in Deutschland). Dies wäre – wie man sieht – dringend erforderlich. Nebenbei bleiben diese nachträglichen Entscheidungen des VfGH ohne Konsequenzen. Dies finde ich ebenfalls nicht OK.
Ebenso wenn z.B. der BK hat seine sonderbare Einstellung zur Verfassung kundtut - die Verfassung nur als juristische Spitzfindigkeit abzutun ist als BK sehr bedenklich.
Wenn man sich so manche Begründungen des VfGH zur Aufhebung durchliest muss man zwangsläufig zum Schluss kommen, dass der Regierung die Verfassung egal ist. Es fehlen z.B. vielfach die Begründungen für die Verordnungen und werden auch auf Nachfrage nicht nachgereicht.
Unsere Verfassung ist DIE SÄULE unseres Rechtsstaates. Wenn etwas darin nicht passen sollte muss diese geändert werden, aber nicht mit rechtswidrigen Gesetzen ignoriert werden.
Unsere Zahlen scheinen seit ziemlich langer Zeit quasi eingefroren zu sein, immer zwischen 130 und 160. Ich weiß, sie waren schon wesentlich höher, aber trotzdem: woran liegt das?
@Bergtirol1, natürlich sind ALLE dazu aufgerufen die Pandemie-Regeln einzuhalten (MNS, Abstand, Desinfektion, wenig/kaum Freunde/Leute treffen usw.) Ich halte mich streng an diese Regeln. Deshalb kann ich auch von meinen Mitmenschen erwarten, dass auch sie diese Regeln einhalten. Die Regeln oben und Impfen sind die einzigen Möglichkeiten, um wieder zum normalen Lebensablauf zurückzukehren. Und das wünscht sich ja jeder!
Bei den „Mitstreitern“ bezogen auf @Lz, meine ich aber genau jene Leute (seine Sympathisanten und 12 Zustimmer!). Nicht nur, dass Lz das VfGH-Urteil völlig verdreht und für seine Empfindlichkeiten auslegt. Lz erklärt sogar, dass der VfGH in seiner Auslegung, Corona-Leugner animiert und keine Schutzmasken tragen zu müssen (Verweigerer animiert). Das ist schlichtweg falsch!!! Das gibt das Urteil des VfGH in keiner Weise her!
Der VfGH prüft das Verfassungskonforme Zustandekommen von Gesetzen, Verordnungen ect. Er kontrolliert und korrigiert die Gesetzgebung des Nationalrates, falls nicht der Verfassung entsprechend - einfach gesagt. Aber was @Lz behauptet, macht der VfGH sicher nicht!!
Auch wenn jeder seine Meinung vertreten kann, muss da entschieden entgegentreten werden, weil @Lz verbreitet, bewusst oder unbewusst, komplette Falschmeldungen!
@chronos danke für ihre Antwort
Das der Glaube an neue Gesetze und in die Politik schwindet liegt in meinen Augen zu einem gewissen Teil sicherlich auch am Vfgh - - denn es kann ja gut sein das das was man heute beschließt in einem halben Jahr oder Jahr wieder "rechtswidrig" war. Also find ich solche Berichte (auch wenn sie korrekt sind) nicht förderlich in einer Pandemie---das ist meine Meinung!! @chronos ich hoffe sie meinen mit "mitstreiter" auch sich selber - - - denn gegen die Pandemie kämpfen wir doch alle zusammen oder irr ich mich da?!
Mein Glaube an die Politik schwindet jedesmal wenn ich Kurz, Fassmann, Nehammer und Platter bei einer Pressekonferenz sehe - Sorry für die Aussage, entspricht aber der Wahrheit. Und daran ist nicht der VFGH schuld :-)
@Bergtirol1, Glaube und Zweifel kommen mir an der Gesetzgebung nur bei den Politikern auf, die Gesetze im Nationalrat oder Landtag beschließen (-zu viel Parteipolitik!). Der Bundesrat könnte vom Einspruchsrecht öfter Gebrauch machen. Aber dort sitzen auch Politiker (Ja-Sager oder Gesetzes-Durchwinker). Bei der Ad-hoc-Gesetzgebung oder Anlassgesetzgebung bleibt den Juristen zu wenig Zeit, was die Politiker schnell umgesetzt haben wollen. Deshalb liegt die Schuld nicht beim VfGH, wie @Biker schon anspricht, sondern bei den Politikern.
Jedoch den Glauben in den VfGH sollten wir auf keinen Fall verlieren. Weil dieser korrigiert, wie in diesem Fall, falls Gesetze und Verordnungen die nicht in Einklang mit der Verfassung stehen. Der VfGH ist auch ein Wächter über Grund- und Menschenrechte. Die Bedeutung des VfGH für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist somit unbestritten. Legitimität hat sohin in Rechtsfragen auch der VwGH und OGH.
Lieber Chornos, was den Bundesrat betrifft liebäugeln die Türkisen meines Erachtens eh schon mit den Roten zu koalieren. Sollte so etwas in der nächsten Zeit zustande kommen, so haben diese im Bundesrat, wenn dies so bliebe, eine eindeutige Mehrheit und dann fährt bei allen Entscheidungen der "Zug drüber". Für uns Bürger ist dies sicherlich kein Vorteil......oder ?
Niemand stellt sinnvolle Anordnungen wie Maskenpflicht und Mindestabstand infrage, Aber damals war ja sogar alleine laufen gehen verboten. Und das ist doch völliger Humbug, oder ? Hab mich auch nicht daran gehalten.
Aber geholfen hat es. Damals bekam man das alles wieder ziemlich schnell unter Kontrolle... und jetzt???
@biker - Es wäre schön, wenn jede/r, wüsste, was er/sie beitragen kann/soll, genau da liegt das Problem. Und wenn so ein "Verfassungsbruch" dazu beiträgt, meine und anderer Menschen Gesundheit zu schützen, kann ich sehr gut damit leben.
An welche verfassungskonformen Maßnahmen denken Sie da?
Ich habe vorhin einen Beitrag zu den Maßnahmen in Bayern gesehen, wo bereits FFP2- Pflicht besteht und rigoros kontrolliert wird. Strafe bei Missachtung: €500. Wenn sich jemand selbst in Gefahr bringen will und sich keine Sorgen um seine Gesundheit macht, meinetwegen, aber es geht ja letztendlich um den Schutz des Nächsten.
Sehr schön wenn Sie damit leben können - Ich nicht!
Ich denke Ihnen ist die Bedeutung der Verfassung nicht bewusst! Die schleichende Missachtung der Verfassung die unsere Bundes- und Landesregierung betreibt ist auch in Pandemiezeiten nicht zu dulden!
Die Verordnungen Verfassungskonform zu gestalten dürfte bei den vielen Juristen und Verfassungsexperten in den Ministerien doch keine Problem darstellen.
Zum wiederholten Mal hebt der Verfassungsgerichtshof Verordnungen des Landes bzw. des Bundes auf. Nun frage ich mich ernsthaft: Ist die Landesregierung bzw. Bundesregierung nicht fähig, eine Verordnung gesetzeskonform zu gestalten? Wie qualifiziert sind die dort tätigen Juristen? Ein Storno der Verwaltungsstrafen, nebst einer Entschuldigung des Landeshauptmannes, wäre wohl selbstverständlich.
Haha, eine Entschuldigung des Landeshauptmannes, der war gut.... wäre zwar ein absolut sympathischer Zug, aber es wurde ja sicher alles richtig gemacht, das haben wir vom ersten Lockdown ja schon von anderer (Tiroler) Seite gehört
Es gibt trotz Ausbildung auch viele unqualifizierte Juristen, auch Steuerberater. Aber so ist es überall. Ich hoffe du bist dir dessen bewusst.
"Gesetzeswidrige Strafen müssen aufgehoben bzw. zurückbezahlt werden". Wenn das unser LH nicht macht, hat sich das Land Tirol zu unrecht bereichert. Hat das Land Tirol es notwendig, sich zu Unrecht auf Kosten der Bürger einen Vorteil zu erlangen (Duden). Aber vermutlich wird sich unser LH auf die Rechtskraft der Bescheide berufen und eine Rückzahlung ablehnen. Gute Nacht Tirol!!
der LH hat einfach die nerven verloren damals ...
so wie hier viele user, wenn der wolf schreibt
Also in der Pandemie hebt der VGH einige für die Gesundheit wichtige Maßnahmen auf wie Quaräntäne oder Mindestabstände und animiert damit Coronaleugner und Maskenverweiger! Bravo!
@Lz, wie können Sie das VfGH-Urteil völlig falsch für sich selbst und Ihre „Mitstreiter“ auslegen? Sie Verdrehen das Urteil komplett. Der VfGH animiert schon gar nicht Corona-Leugner und Maskenverweigerer! Ich muss mich zwingen von den Tasten zu lassen …
Indirekt schon!
Wem die Verfassung nicht passt, dem steht's frei auszuwandern. Probieren Sie's doch in Nordkorea, dort mögen sie "brave" Bürger, und Verfassung haben sie auch keine.
Mir ist das auch unbegreiflich. Außergewöhnliche Umstände können außergewöhnliche Maßnahmen notwendig machen, das war hier der Fall und hat ja auch entsprechende Wirkung gezeigt. Diese Entscheidungen des VGH sind tatsächlich kaum nachzuvollziehen. Und stimmt - sie sind Wasser auf die Mühlen der Leugner und Verweigerer.
@KC, und außergewöhnliche Umstände rechtfertigen einen Verfassungsbruch? Ob das jetzt Wirkung gezeigt hat oder ob man mit Verfassungskonformen Massnahmen die gleiche Wirkung erzielt hätte lässt sich nicht mehr feststellen. Auch ein Bundeskanzler der auf die Verfassung angelobt wurde und dann von juristischen Spitzfindigkeiten spricht ist in Frage zu stellen!?
Was ich in letzter Zeit ziemlich oft feststellen muss dass die Staatspropagande schon ziemlich gut gewirkt hat. Inzwischen ist jeder der auch nur in kleinsten Ansätzen skeptisch ist oder gewisse Massnahmen in Frage stellt gleich ein Leugner, Verweigerer oder gar schon ein Aktivist und Staatsverweigerer?
Ich denke jeder von uns weiß inzwischen was man beitragen kann um das Infektionsgeschehen nicht weiter anzukurbeln. Es liegt an uns allen unseren Beitrag zu leisten. Auch Unabhängig davon was uns von oben herab vorgeschrieben wird.
Wegen einer zu Unrecht erhaltenen Impfung werden manche Bürgermeister zum Rücktritt aufgefordert. Der LH darf nach Umgehung der Verfassung bleiben?
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